ÖVP stärkt Sebastian Kurz mit 99,4 Prozent den Rücken

Bestes Obmann-Ergebnis seit 1980 - Kurz beim ÖVP-Bundesparteitag in St. Pölten: „Anfeindungen der Opposition haben mich entschlossener gemacht“

Geschlossenheit demonstrierte die Volkspartei bei ihrem 39. Bundesparteitag. Der gestärkte Obmann Sebastian Kurz (Bildmitte) mit seinen Stellvertretern (v. l.): Finanzreferent Andreas Ottenschläger, Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (Stmk), Stadträtin Veronika Marte (Bregenz/Vbg) und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer.Auch eine Delegation aus OÖ kam zum ÖVP-Bundesparteitag nach St. Pölten (oben/v. l.): Die Landesräte Max Hiegelsberger und Markus Achleitner, LGF Wolfgang Hattmannsdorfer, LH Thomas Stelzer, OÖVP-Klubobmann Christian Dörfel und LH-Stv. Christine Haberlander. Begleitet wurde der werdende Vater Sebastian Kurz zum Parteitag in St. Pölten von Lebensgefährtin Susanne Thier (Bild rechts). Klubobmann August Wöginger (unten) hob mahnend den Zeigefinger gegen die Opposition, deren Stil einen „Tiefpunkt“ erreicht habe. Kritik sei Teil der pluralistischen Demokratie, „es geht aber nicht um ständiges Anpatzen, Diffamieren und um ständige Unterstellungen“.
Geschlossenheit demonstrierte die Volkspartei bei ihrem 39. Bundesparteitag. Der gestärkte Obmann Sebastian Kurz (Bildmitte) mit seinen Stellvertretern (v. l.): Finanzreferent Andreas Ottenschläger, Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (Stmk), Stadträtin Veronika Marte (Bregenz/Vbg) und Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer. © ÖVP/Glaser ÖVP/Glaser, Gruber, Klemm

Ordentlich Rückenwind bekam Bundeskanzler Sebastian Kurz einen Tag nach seinem 35. Geburtstag beim 39. ÖVP-Bundesparteiparteitag, der am vergangenen Samstag in St. Pölten über die Bühne ging: Die Türkisen bestätigten Kurz mit eindrucksvollen 99,4 Prozent — das sind 533 von 536 abgegeben Stimmen — als Bundesparteiobmann. Das waren mehr als bei seiner Wahl vor vier Jahren, als er 98,7 Prozent erhielt.

Die Ergebnisse der Stellvertreterinnen und Stellvertreter von Kurz waren nicht weniger beeindruckend: Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer erzielte 100 Prozent, Barbara Eibinger-Miedl ebenso 100 Prozent, Veronika Marte 99,44 Prozent. Andreas Ottenschläger wurde mit 100 Prozent als Finanzreferent wiederbestellt. Dem oö. Landeshauptmann Stelzer zollte Kurz Respekt für die großartige Arbeit. Er sei überzeugt, dass Stelzer für diese hervorragende Arbeit in vier Wochen bei den Landtagswahlen mit seinem Team belohnt werde.

„Alle gegen einen“

Vor der geschichtsträchtigen Wahl (siehe Artikel unten rechts) ging es um den teils „schlechten Stil“ in der Politik. „Alle gegen einen, alle gegen Kurz und die Volkspartei“, beklagte Klubobmann August Wöginger auf offener Bühne den hasserfülltem Ton gegen den Kanzler. Ständig gebe es „persönliche Untergriffe“, die Opposition arbeite mit „Anpatzen und Diffamieren“.

Auch Kurz selbst ging auf die Attacken der Opposition ein und gewährte persönliche Eindrücke: Man dürfe als Politiker nicht wehleidig sein. „Aber die Angriffe sind immer persönlicher geworden, immer härter geworden“ — und neuerdings auch noch kombiniert mit Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft. „Ich habe durchaus einige Tage gehabt, wo ich danach alles in Frage gestellt habe“, wie lange man das aushalte und wie lange man das der Familie zumuten könne. Doch letztlich hätten ihn die Anfeindungen der Opposition „nur noch entschlossener und stärker“ gemacht. „Wir werden allen Gegenwind aushalten, wir werden unsere Arbeit weitermachen“, betonte Kurz und kündigte für den Herbst etwa eine Erhöhung des Familienbonus und eine weitere Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen an.

Die vergangenen eineinhalb Jahre seien aufgrund der Corona-Pandemie für alle eine enorme Belastung gewesen. „In Summe sind wir aber gut durchgekommen“, so Kurz. Man habe früher aufsperren können als andere Länder und Österreich werde für seine Testinfrastruktur „von der ganzen Welt beneidet“.

„Impfung als Antwort“

„Wir werden lernen müssen, mit dem Virus zu leben.“ Die Rechnung sei eine einfache: Je mehr Geimpfte, desto mehr Sicherheit, desto bessere Wirtschaft und weniger Arbeitslose. Die Impfung sei jetzt die Antwort und nicht mehr der Lockdown. Es gelte nun, unbegründete Ängste vor der Impfung zu nehmen.

Wichtiges habe sich auch in der Pandemie nicht geändert, betonte Kurz: „Freiheit ist unser höchstes Gut, Eigenverantwortung ist noch immer der Nährboden unserer Gesellschaft.“

„Arbeit kommt vor Verteilen“

Für eine funktionierende Gesellschaft sei es notwendig, „dass jeder, der arbeiten kann, auch arbeiten geht“. Es gebe mehr als 100.000 offene Stellen im Land. Man werde alle Arbeitsuchenden unterstützen, aber zugleich einfordern, dass Menschen, die arbeiten können, auch arbeiten gehen. Denn „Arbeit kommt vor dem Verteilen.“ In Zukunft werde sich entscheiden, ob Freiheit und Leistung weiter prägende Grundwerte blieben, „ob wir eine Gesellschaft sind, in der die Leute die Ärmel aufkrempeln und nicht nur die Hand aufhalten“. Dafür stehe die Volkspartei.

Klubobmann Wöginger nahm zudem auch Stellung zur Arbeit in der Koalition mit den Grünen, die gut funktioniere, wie er versicherte: „Nobody is perfect“, meinte er, aber man habe immer Lösungen gesucht und auch umgesetzt. Er sagte aber auch: „Der Pendler braucht ein Auto, der Bauer einen Traktor und der Unternehmer einen Lastwagen, sonst funktioniert’s nicht.“

Kritik statt Gratulation

Wie zu erwarten, kam von der Opposition statt Gratulation nur Kritik: So ortete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung eine „substanzlose Inszenierung der türkisen Truppe“. „Heiße Luft und politische Blendgranaten“ sah FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz als Hauptbestandteile des Parteitags, auf dem Kurz „wie einem Sektenführer gehuldigt wurde“. Und Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos meinte: „Der ÖVP-Chef verspricht viel. Umsetzungsstärke hat er bis jetzt nicht bewiesen.“

Sebastian Kurz hat nicht nur als erster ÖVP-Chef seit Wolfgang Schüssel eine volle, vierjährige Amtsperiode an der Parteispitze überstanden. Mit 99,4 Prozent hat er bei seiner Wiederwahl auch das bisherige Rekordergebnis der jüngeren Parteigeschichte von Reinhold Mitterlehner übertroffen. Das waren 99,1 Prozent im Jahr 2014. Besser hatte bisher nur Alois Mock 1980 abgeschnitten, der auf 99,6 Prozent der Delegiertenstimmen gekommen war. Und für Leopold Figl (1947) und Julias Raab (1954) sind überhaupt einstimmige Ergebnisse überliefert. In der Reihung der am längsten amtierenden ÖVP-Obmänner steht Kurz damit aktuell auf Platz sechs hinter Leopold Figl. Rekordhalter ist mit zwölf Jahren Wolfgang Schüssel vor Alois Mock, der fast zehn Jahre an der Parteispitze stand.

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