„Opposition beschränkt sich aufs Nein-Sagen“

ÖVP-Klubobmann Wöginger über Planbarkeit in der Politik, die Vorhaben der Koalition, den Arbeitsmarkt und Korruption

Nach den zwei Plenartagen der vergangenen Woche holt ÖVP-Klubobmann August Wöginger seine Mandatare heute und morgen zu einer Klubklausur zusammen.
Nach den zwei Plenartagen der vergangenen Woche holt ÖVP-Klubobmann August Wöginger seine Mandatare heute und morgen zu einer Klubklausur zusammen. © Parlament/Jantzen

VOLKSBLATT: Der ÖVP-Parlamentsklub geht heute und morgen in Klausur. Worauf werden die Abgeordneten eingeschworen?

ÖVP-Klubobmann August WÖGINGER: Für uns stehen angesichts der nach wie vor präsenten Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine mit seinen Folgen vor allem die Themen Sicherheit und Entlastung im Vordergrund. Davon ist auch unsere politische Arbeit geprägt: So haben wir neben dem Anti-Teuerungspaket im Jänner mit 1,7 Milliarden Euro vergangene Woche ein zusätzliches Energiepaket in Höhe von zwei Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Daneben wird die erste Phase der Steuerreform ab dem Sommer greifen. Und im Bereich der Versorgungssicherheit und der zu stärkenden Unabhängigkeit von Energieimporten haben wir die Schaffung einer strategischen Gasreserve beschlossen.

Müssen Sie bei den ÖVP-Mandataren auch Koalitionstreue zu den Grünen einmahnen?

Die Zusammenarbeit mit den Grünen funktioniert gut. Natürlich gibt es innerhalb einer Koalition viel zu verhandeln und zu besprechen. Das liegt in der Natur der Sache, wenn zwei verschiedene Parteien eine Regierung bilden. Durch konstruktiven Dialog und eine lösungsorientierte Arbeitsweise setzen wir das Regierungsprogramm Schritt für Schritt weiter um.

Die Regierung hat sich ein Arbeitsprogramm gegeben, aber Corona, Ukraine-Krieg und Teuerung verlangen ständig andere Prioritäten. Ist Politik noch planbar oder wird der Krisenmodus zur neuen Norm?

Die vergangenen zwei Jahre waren sicherlich die herausfordernsten Jahre, die ich in meinen 20 Jahren als Abgeordneter erlebt habe. Natürlich ist Politik aber immer nur begrenzt planbar, das Weltgeschehen und wirtschaftliche Entwicklungen werden sich immer auf die Entscheidungsfindung in Regierung und Parlament auswirken. Insofern war Politik noch nie zu einhundert Prozent planbar. Allerdings braucht es natürlich Vorhaben, die das Land weiterbringen und eine erfolgreiche Zukunft ermöglichen. Dabei ist das Regierungsprogramm unser Kompass. Dass es daneben immer notwendig sein wird zu handeln, wenn sich neue Herausforderungen auftun, ist das ureigenste Wesen der politischen Arbeit für die Bevölkerung.

Es gibt zwei Maßnahmenpakete mit insgesamt 3,7 Milliarden Euro zur Teuerungs-Entlastung, doch die Opposition findet, die Regierung unternimmt nichts. Findet Politik in verschiedenen Welten statt?

Die Opposition beschränkt sich seit Monaten großteils einfach nur aufs Nein-Sagen und Kritisieren. Konstruktive Vorschläge sehe ich hier selten. Es wird oft nur versucht, politisches Kleingeld herauszuschlagen. Angesprochen auf die 3,7 Milliarden Euro gegen die Teuerung lassen Sie mich eines festhalten: Mindestpensionisten erhalten quasi eine 15. Pension zusätzlich, durch alle Entlastungsmaßnahmen – das ist Hilfe, die ankommt.

Milliarden an Corona-Hilfen, jetzt der Kampf gegen die Teuerung – wie belastbar sind die Staatsfinanzen noch?

Wir als Volkspartei haben in Regierungsverantwortung immer darauf geachtet, effizient zu wirtschaften und für stabile Budgets Sorge getragen. Denn nur dann verfügt man in Zeiten der Krise auch über die notwendigen Handlungsspielräume. Dass ist uns bislang sehr gut gelungen, deshalb können wir auch breite Entlastungsschritte für die Bürgerinnen und Bürger setzen. Etwa mit der größten Steuerreform der Zweiten Republik mit einem Volumen von rund 18 Milliarden Euro.

Muss der Staat den Bürgern noch tiefer in die Taschen greifen?

Keinesfalls. Wir sind ein Hochsteuerland, deshalb haben die Senkung der Abgabenlast und die Entlastung der Menschen für uns höchste Priorität. Gerade in Zeiten, in denen durch Krieg und Pandemie die Wirtschaft belastet wird, braucht es Sicherheit und entlastende Maßnahmen – wie die bereits angesprochenen Pakete gegen die Teuerung oder die Steuerreform.

Die Wirtschaft sucht händeringend Arbeitskräfte. Wie sieht aus Sicht des ÖAAB-Chefs die Lösung aus?

Vor allem in der Qualifizierung, der Aus- und Weiterbildung. Wichtig im Kampf gegen den wachsenden Arbeits- und Fachkräftemangel ist außerdem, internationale Fachkräfte für die Arbeit in unserem Land zu gewinnen. Diesbezüglich hat Arbeitsminister Martin Kocher für das erste Halbjahr 2022 auch einen Gesetzesentwurf zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte in Aussicht gestellt, durch den der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt für internationale Fachkräfte unbürokratischer und damit schneller gestaltet werden soll. Daneben ist es notwendig, eine Abwanderung österreichischer Fachkräfte ins Ausland zu vermeiden, indem man den österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine gute Perspektive bietet. Eine wichtige Rolle spielt auch die Digitalisierungsoffensive, die in Zusammenarbeit von AMS und Arbeitsministerium durchgeführt wird – durch sie werden Unternehmen und potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zusammengebracht.

Ist die Neugestaltung des Arbeitslosengeldes ein Hebel?

Das ist mit Sicherheit eine Möglichkeit. Gerade deshalb hatte Arbeitsminister Martin Kocher ja auch einen Reformdialog über die Gestaltung der Arbeitslosenversicherung Neu initiiert, der Anfang März einen Höhepunkt erreicht hat. Die geführten Gespräche bilden die Grundbasis für die Ausarbeitung eines balancierten und zielgerichteten Entwurfs einer Arbeitslosenversicherung Neu. Ich denke dabei an ein degressives Modell, das eine stufenweise Anpassung des Arbeitslosengeldes vorsieht. Der Betrag wäre also zu Beginn der Arbeitslosigkeit höher und nimmt dann nach einiger Zeit ab.

Nach Ansicht von SPÖ, FPÖ, Neos und auch Teilen der Grünen ist die Volkspartei ein Hort der Korruption. Wie wird man dieses Image wieder los?

Hier wird versucht, die Volkspartei absichtlich in ein schlechtes Licht zu rücken, weil manche politischen Mitbewerber es schlicht nicht aushalten, wenn die ÖVP den Bundeskanzler stellt. Es läuft ein entsprechender Untersuchungsausschuss, bei dem alle dazu eingeladen und aufgefordert sind, transparent und sachorientiert Aufklärungsarbeit zu leisten – ohne Polemik und das ständige Wechseln von politischem Kleingeld. Wir als Volkspartei wollen und werden die Menschen weiterhin durch unsere Arbeit im Sinne von Land und Leuten überzeugen.

Sie sind wieder Landesparteiobmann-Stellvertreter der ÖVP Oberösterreich. Haben Sie überlegt, nicht zu kandidieren?

Alle meine Funktionen übe ich mit großer Freude und Leidenschaft aus. Mit Thomas Stelzer verbindet mich eine langjährige Freundschaft. Ich freue mich, dass ich Teil des Teams sein darf.

Mit ÖVP-Klubobmann AUGUST WÖGINGER sprach Markus Ebert

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