ORF-Chef Wrabetz will acht Prozent mehr Gebühren

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz will acht Prozent mehr Gebühren von GIS-pflichtigen Haushalten für das größte Medienunternehmen des Landes.

Das Programmentgelt würde sich damit um 5 Cent auf 60 Cent pro Tag bzw. um 1,38 Euro auf 18,59 Euro pro Monat erhöhen. Zunächst muss allerdings der Stiftungsrat und später die Medienbehörde KommAustria zustimmen. In Kraft treten würde die Erhöhung frühestens mit 1. März, wie Wrabetz vor Medienvertretern erklärte.

Wrabetz bereitete den Antrag auf Neufestsetzung des Programmentgelts im Einvernehmen mit dem designierten ORF-Generaldirektor Roland Weißmann vor, der in seiner gegenwärtigen Funktion als Chefproducer Fernsehen rund 400 Mio. verantwortet. Laut den beiden gilt es eine geschätzte Inflation von zehn Prozent abzudecken.

„Wir haben uns dazu entschlossen, an den unteren gesetzlichen Rahmen zu gehen und acht Prozent vorzuschlagen“, sagte der amtierende ORF-Chef und betonte, dass der ORF in der Vergangenheit wiederholt unter der Inflationsanpassung geblieben sei. Selbst im Falle der nun angestrebten Erhöhung würden die Gebühren laut Wrabetz im Zeitraum 2008 bis 2026 real um 15 Prozent sinken.

Weißmann will in „Programm, Programm, Programm“ investieren. Dabei könne sich der Gebührenzahler auf mehr österreichische Fiktion einstellen – teilweise in Kooperation mit Netflix wie etwa im Falle der Serie „Die Totenfrau“, gemeinsam mit ZDF wie bei „Soko Linz“ oder mit dem BR bei „Alles finster – Überleben für Anfänger“. Um die Regionalität zu stärken, sollen im nächsten Jahr die „Starnächte“ um eine im Burgenland erweitert werden. Ziel ist es zudem, die bisher sieben „Universum“-Eigenproduktionen pro Jahr auf zwölf zu erhöhen. ORF III, das im nächsten Jahr zehnjähriges Bestehen feiert, soll mehr Budget für Information und Kultur erhalten. Geprüft werde, ob der ORF eine zusätzliche Korrespondentenstelle aufmachen kann.

Wie man mit real weniger Geld all das finanzieren könne? Man habe es durch „knochenharte, tägliche Arbeit“ geschafft, in den vergangenen zehn Jahren die Kosten in der Produktion um 20 Prozent zu senken, erklärte Weißmann. Wenig Einsparungspotenzial böte es dagegen, ORF Sport + als Streamingkanal zu führen. Sendermieten zahle man im Paket, so Wrabetz.

Ein etwaiges Schließen der Streaminglücke durch den Gesetzgeber – derzeit darf der ORF keine Gebühren für Streaming verlangen, wie der Verwaltungsgerichtshof entschied – habe man als „ordentlicher Kaufmann“ nicht in die Neufestsetzung des Programmentgelts einbezogen, so der designierte ORF-Generaldirektor. Zu beziffern, wie viel die Streaminglücke dem ORF derzeit kostet, sei schwierig. Derzeit seien die Abmeldungen von der GIS aufgrund von reinem Streaming der ORF-Angebote aber „überschaubar“, sagte Wrabetz. Der ORF-Chef rechnet nicht damit, dass die Lücke rasch geschlossen wird. Priorität habe aus ORF-Sicht ohnehin, mehr Bewegungsfreiheit im digitalen Raum zu erlangen. Die dafür nötige ORF-Gesetzesnovelle soll laut Regierung im kommenden Jahr erfolgen.

Die Anpassung der Programmentgelte ist im ORF-Gesetz verankert. Eine Anpassung muss alle fünf Jahre erfolgen. Zunächst muss der amtierende Generaldirektor dem Stiftungsrat einen Vorschlag zur Neufestsetzung des Programmentgelts vorlegen. Die 35 Rätinnen und Räte des obersten ORF-Gremiums prüfen diesen und können zustimmen oder ablehnen. „Wir sind zuversichtlich, dass der Stiftungsrat die Erhöhung beschließen wird“, sagte Wrabetz.

Die Mehrheit im ORF-Stiftungsrat hält der ÖVP-„Freundeskreis“. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz sprach sich erst am Wochenende in einem Interview mit „Kronen Zeitung“, „Kurier“ und „profil“ gegen eine Erhöhung der Rundfunkgebühren aus. Das ORF-Gremium tritt am 14. Oktober in dieser Angelegenheit zusammen. Im Anschluss hat der Publikumsrat die Möglichkeit zu einer Stellungnahme. Zuletzt muss die Medienbehörde KommAustria die Korrektheit der Berechnungen feststellen.

Derzeit erhält der ORF monatlich 17,21 Euro pro GIS-pflichtigem Haushalt aus Radio- und Fernseh-Entgelt. Das sind in etwa zwei Drittel der Gesamtgebühren. Denn zu diesem Betrag kommen noch Gebühren und Abgaben an Bund und Länder hinzu, wobei die Landesabgabe variiert. Aktuell nimmt der ORF rund 650 Mio. Euro aus dem Programmentgelt ein. Findet der Antrag auf eine achtprozentige Erhöhung Zustimmung, stehen dem ORF im nächsten Jahr rund 20 Mio. Euro mehr zu Verfügung. Mit wie viel mehr Geld das öffentlich-rechtliche Unternehmen in den Folgejahren kalkulieren kann, konnten Wrabetz und Weißmann spontan nicht beantworten. Man habe es mit „komplizierten Mechanismen“ zu tun.

FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker bekräftigte am Dienstag mittels Aussendung seine Ablehnung zu einer Erhöhung der „ORF-Zwangsgebühren“. „Der ORF hat sich zu einem nahezu lupenreinen ÖVP-Propagandasender entwickelt und will für seine unausgewogene Berichterstattung den Menschen jetzt noch mehr Geld aus der Tasche ziehen“, meinte Hafenecker und forderte eine Entparteipolitisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Offenlegung der ORF-Ausgaben als auch eine Abschaffung der Gebühren.

Auf wenig Gegenliebe stößt die geplante Erhöhung auch bei NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter. „Das ist die nächste Belastung der türkis-grünen Bundesregierung. Zusammen mit der kalten Progression wird dem durchschnittlichen Haushalt von der groß gefeierten Steuerreform genau gar nichts übrig bleiben“, wurde sie in einer Aussendung zitiert. Sie fordert eine Neuaufstellung des Finanzierungssystems für den ORF. Wünschenswert wäre nach Ansicht der NEOS eine sozial gestaffelte Haushaltsabgabe, mit der zugleich die Streaminglücke geschlossen werden würde. Auch solle die Länderabgabe, die gemeinsam mit dem Programmentgelt eingehoben wird, ersatzlos gestrichen werden. „Die GIS ist ja nicht Inkasso für die Länder“, so Brandstötter.

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