Personaloffensive für die Pflege

Hilfsorganisationen legen Forderungen und Vorschläge auf den Tisch

Nach dem am Montag erfolgten Startschuss zur Pflegereform durch Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) haben sich am Mittwoch die in der Pflege tätigen Hilfsorganisationen zu Wort gemeldet.

Eine Personaloffensive ist aus Sicht von Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotem Kreuz und Volkshilfe — sie bilden die Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) — der Schlüssel zu einer erfolgreichen Reform.

„Dramatik nicht klar“

„Wir haben das Gefühl, dass die Dramatik der Lage noch nicht ganz klar geworden ist“, sagte die Geschäftsführerin des Hilfswerks, Elisabeth Anselm in einer Pressekonferenz. Laut einer Studie der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) werden bis 2030 75.000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Pflegebereich benötigt. Wenn es nicht gelinge, in den nächsten Jahren „deutlich mehr Menschen für den Pflegebereich zu gewinnen, wird alles Makulatur bleiben.“

Als positives Beispiel nannte Caritas-Präsident Michael Landau die im Herbst gestartete Höhere Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege (HLSP) in Gaming in Niederösterreich. Die fünfjährige Schule schließt mit Matura ab und bietet eine Ausbildung zum diplomierten Sozialbetreuer. Dieser Schulversuch müsse nun „vom Pilot in die Fläche kommen“, sagte Landau. Er forderte zudem die Abschaffung von Studienbeiträgen für diejenigen Studiengänge, die mit einem Gesundheits- oder Pflegeberuf abschließen.

Hürde für Quereinsteiger

Eine finanzielle Hürde hält der Pflegeberuf auch für potenzielle Quereinsteiger bereit. Diese könnten sich die Ausbildung wegen des fehlenden Einkommens häufig nicht leisten, bemängelte der Direktor der Volkshilfe, Erich Fenninger. Er forderte daher, das Einkommen von Quereinsteigern während der Ausbildung abzusichern.

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Fenninger ortet drei Zielgruppen, die für den Pflegebereich begeistert werden könnten. Erstens könnte die Bundesregierung im Verbund mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) eine Ausbildungsoffensive für Menschen, die in der Coronakrise arbeitslos geworden sind, starten. Die zweite Gruppe betrifft Menschen, die aufgrund der Digitalisierung in den nächsten Jahren ihren Job verlieren würden. Drittens gebe es viele pflegende Angehörige, die in der häuslichen Pflege ihre Liebe für die Betreuungsarbeit entdeckten.

Eine weitere Herausforderung ist, Menschen, die bereits in der Branche tätig sind, zu halten. So zeigten Studien, dass Beschäftigte unter 25 Jahren nicht vorhätten, bis zur Pension im Pflegesektor zu bleiben, erläuterte die Direktorin der Diakonie, Maria Katharina Moser. Beschäftigte über 55 Jahren hingegen seien häufig aus gesundheitlichen Gründen dazu gezwungen, vorzeitig aus dem Beruf auszuscheiden. Um diese Probleme zu beheben, müssten die Arbeitsbedingungen verbessert werden.

Gehälter angleichen

Zudem fordert Moser die Angleichung der Gehälter. Derzeit würden Beschäftigte im Akutbereich (etwa im Krankenhaus) mehr bekommen als jene in der Langzeitpflege. Ein weiterer Hebel, um Menschen im Pflegeberuf zuhalten, seien Entwicklungsmöglichkeiten, sagte der Generalsekretär des Roten Kreuzes, Michael Opriesnig. Er forderte daher die Ermöglichung von Fachkarrieren in der Langzeitpflege sowie die finanzielle Abgeltung von Zusatzqualifikationen.

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