Antisemitismus-Vorwürfe gegen Wiener Zentraleuropa-Universität

Leiter der Disziplinarkomission sieht „nicht einmal Anfangsverdacht“

Die Zentraleuropa-Universität in Wien ist mit massiven Antisemitismusvorwürfen konfrontiert.
Die Zentraleuropa-Universität in Wien ist mit massiven Antisemitismusvorwürfen konfrontiert. © APA/Hochmuth

Vier Jahre nach ihrem von judenfeindlichen Attacken auf Gründer George Soros begleiteten Umzug von Budapest nach Wien ist die Zentraleuropäische Universität (CEU) nun selbst mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert. Erhoben werden sie von den Jüdischen Österreichischen Hochschülerinnen (JÖH).

Anlass sind Veranstaltungen an der CEU zum den jüngsten Nahost-Krieg. So sei ein Vortrag über die Hamas am 27. November in Anwesenheit von Rektorin Shalini Randeria „von lautstarken Israelhass-Parolen zahlreicher Studierender verunmöglicht“ worden. Ein israelischer Professor haben „unter Gejohle den Saal verlassen“.

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Auf einer von der CEU-Studierendenvertretung finanzierten Feier wurde ein jüdischer Student mit Davidstern-Kette bloßgestellt, es ertönten Rufe wie „Zionists get the fuck out“ (etwa: „Zionisten, verpisst euch“).

Uni Wien zog Reißleine

Die JÖH kritisiert auch eine mit „Teach-in Palestine“ betitelte Veranstaltungsreihe von Akteuren der antisemitischen Bewegung „Boycott, Divestment, Sanctions (BDS)“, welche von den „National and Islamic Forces in Palestine“ geleitet wird, zu denen die Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad zählen.

Der Nationalrat hat die BDS-Bewegung 2019 als antisemitisch verurteilt. Die Universität Wien hatte ein solches „Teach-in“ mit der Begründung „Antisemitismus habe dort keinen Platz“, abgesagt, CEU-Rektorin Randeria ließ die Veranstaltung unverändert zu.

Während die JÖH seit dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober an der CEU einen „vollkommen enthemmten Antisemitismus“ wahrnahm, scheint das Problembewusstsein im Rektorat enden wollend. Man betrachtet es dort als „Ironie des Schicksals“, dass die Universität, die ihren Gründer Soros gegen Antisemitismus verteidigte, „nun den gleichen Vorwürfen ausgesetzt ist“.

Allgemein wird in einer Aussendung zwar klargestellt: „Antisemitismus und alle Formen von Hassreden haben an der CEU keinen Platz.“ Gleichzeitig wird aber die „akademische Freiheit“ betont, welche die Freiheit einschließe, „respektvoll zu widersprechen und kontroverse Ideen innerhalb der Grenzen von Rechtmäßigkeit und Höflichkeit darzulegen“.

Immerhin konzedierte die CEU-Studierendenvertretung in einer Aussendung, dass bei einem Vortrag von Prof. Nick Sitter über die Hamas-Attacken „einige Student_innen durch störendes und einschüchterndes Verhalten zu einer feindseligen Atmosphäre beitrugen“.

Antisemitismus wurde jedoch nicht festgestellt. Dies betont gegenüber dem VOLKSBLATT der Leiter der Disziplinarkommission (CD), Markus Petsche: „Zur angesprochenen Thematik sind zwei Beschwerden beim DC eingegangen. Nach eingehender Prüfung der Anträge wurde in beiden Fällen kein Verfahren eingeleitet, da nicht einmal der Anfangsverdacht antisemitischen Verhaltens bestand.“

Vielleicht wurde das Problembewusstsein durch die massive Kritik aber geschärft. Immerhin empfing Rektorin Randeria Dienstagabend den JÖH-Vorstand, der das Gespräch gegenüber dem VOLKSBLATT als „konstruktiv“ bezeichnete. „Wir hoffen auf eine Zusammenarbeit in Zukunft, die jüdischen Studierenden ein Studieren an der CEU wieder ermöglicht.“

Von Manfred Maurer

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