USA: Israel kann Beschränkung von Waffenlieferungen abwenden

Kirby warnt Israel (Archivbild) © APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/ANDREW HARNIK

Die US-Regierung hat an Israel appelliert, von einer großen Bodenoffensive in Rafah im Gazastreifen abzusehen und so auch eine Beschränkung amerikanischer Waffenlieferungen abzuwenden. „Wir hoffen, dass es nicht dazu kommt“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Donnerstag. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu erklärte, sein Land sei bereit, notfalls allein zu kämpfen.

„Wie ich bereits gesagt habe, werden wir, wenn es sein muss, mit unseren Fingernägeln kämpfen“, sagt Netanyahu in einer Videobotschaft. „Aber wir haben viel mehr als unsere Fingernägel, und mit dieser Willensstärke, mit Gottes Hilfe, werden wir gemeinsam siegreich sein.“

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Kirby hatte zuvor betont: „Wenn Israel tatsächlich mit einer großen Bodenoperation voranschreitet, werden die USA bestimmte Waffen zur Unterstützung einer solchen Operation nicht liefern.“ US-Präsident Joe Biden hatte eine ähnliche Drohung zuvor in einem Interview des Fernsehsenders CNN ausgesprochen. „Israel hat noch keine solche Operation durchgeführt“, betonte Kirby. Biden habe also darüber gesprochen, „was in der Zukunft geschehen würde“. Die Entscheidung liege bei Israel.

Biden hatte gesagt: „Wenn Israel in Rafah eindringt, werde ich nicht die Waffen liefern, die in der Geschichte benutzt wurden, um das Problem zu bekämpfen“. Der US-Präsident sprach mit dem TV-Sender CNN, das Interview wurde am Mittwochabend (Ortszeit) ausgestrahlt. Israel werde von den USA keine Unterstützung erhalten, wenn es dicht besiedelte Bevölkerungszentren angreife. Die US-Regierung hatte wegen Israels Vorgehen in der Stadt Rafah bereits eine Munitionslieferung an die israelischen Streitkräfte zurückgehalten.

Biden machte zugleich deutlich, die US-Regierung werde weiter sicherstellen, dass Israel ausreichend militärische Ausrüstung zur eigenen Verteidigung habe, etwa das Raketenabwehrsystems Iron Dome.

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Israelische Soldaten waren in der Nacht auf Dienstag in Teile Rafahs im Gazastreifen vorgerückt. Die Armee übernahm dort eigenen Angaben nach auch die Kontrolle des Grenzübergangs auf palästinensischer Seite. Nach Angaben von Anrainern wurden israelische Panzer in der Nähe von bebauten Gebieten in Rafah zusammengezogen. Die radikalen palästinensischen Gruppen Hamas und Islamischer Jihad erklären, ihre Kämpfer hätten israelische Truppen am östlichen Stadtrand von Rafah angegriffen. Auch seien Panzerabwehrraketen und Mörser auf israelische Stellungen abgefeuert worden.

Der Einsatz in Rafah zielt nach Angaben des israelischen Regierungschefs Netanyahu darauf ab, die verbliebenen Geiseln zu befreien und die Hamas zu zerschlagen. Die USA als wichtigster Verbündeter Israels hatten Israels Regierung in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder vor einer groß angelegten Bodenoffensive in Rafah gewarnt – Biden sprach im März von einer „Roten Linie“.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte kurz zuvor bestätigt, dass die USA wegen Israels Vorgehen in Rafah bereits eine Munitionslieferung an die israelischen Streitkräfte zurückhalten.

Der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir schrieb am Donnerstag auf X, die islamistische Hamas liebe Biden – um seine Botschaft deutlich zu machen, setzte er zwischen die Wörter Hamas und Biden ein Herz-Emoji. Israelische Oppositionspolitiker kritisierten wiederum, Ben-Gvir gefährde Israel mit solchen Äußerungen. Ben-Gvir ist allerdings nicht Mitglied des Kriegskabinetts und damit an zentralen Entscheidungen im Gaza-Krieg nicht unmittelbar beteiligt. Auch Staatspräsident Yitzhak Herzog reagierte später auf Ben-Gvirs X-Post. „Wir müssen von Kommentaren und Tweets absehen, die unbegründet, unverantwortlich und beleidigend sind“, sagte er.

Die Verhandlungen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo zu einer möglichen Feuerpause im Gaza-Krieg gehen nach Angaben der US-Regierung weiter. Kirby sagte am Donnerstag, der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, sei zwar abgereist. Dies sei jedoch vorab so geplant gewesen. „Die Gesprächspartner der anderen Delegationen sind noch in Kairo, sodass diese Gespräche andauern“, betonte Kirby. „Seine Abreise bedeutet kein Ende der laufenden Verhandlungsrunde.“ Das Büro der islamistischen Hamas in der libanesischen Hauptstadt Beirut hatte zuvor verkündet, ihr Team habe Kairo verlassen und sei nach Doha in Katar aufgebrochen.

Unterdessen schlug die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alarm angesichts der Krankenhäuser im Süden des Gazastreifens. Die Kliniken verfügten nur noch über Treibstoffvorräte für drei Tage. Die medizinische Versorgung in den Kliniken drohe somit bald zum Erliegen zu kommen, erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.

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