„Büchse der Pandora gerade erst geöffnet“

KI als Bedrohung — Vernetzung durch Europol wird bei Jagd auf Verbrecher immer wichtiger

System hacked alert after cyber attack on computer network.

„Europa sicherer machen.“ Das war seinerzeit die Gründungsidee von Helmut Kohl, um Europol zu initiieren. Wenige Monate nach dem Ende seiner Kanzlerschaft (im Oktober 1998) wurde dann am 1. Juli 1999 tatsächlich eine europäische Agentur zur Verbrechenskämpfung gegründet, aufgesetzt freilich auf der schon 1994 ins Leben gerufenen Europol Drugs Unit.

„Mit diesem Büro, zuständig für Drogenkriminalität, hat es begonnen“, schilderte Jan Op Gen Oorth unlängst beim VOLKSBLATT-Besuch in der Zentrale in Den Haag.

Europol ist Vernetzung, hat keine Exekutivgewalt

„Das hat Sinn ergeben, weil ja Drogen wie Kokain und Heroin nach Europa importiert werden und damit länderübergreifend ermittelt werden muss“, so Oorth.

Die Betätigungsfelder wurden in der Folge rasch ausgeweitet, bis heute ist Europol aber „nur eine Untersuchungsbehörde, die die Polizei in den Ländern unterstützt“, weiß Oorth. Exekutivgewalt hat die Behörde keine, die innere Sicherheit ist nach wie vor Aufgabe der Länder. Europol kommt immer dann ins Spiel, wenn Verbrechen grenzüberschreitend verübt werden und wenn die Länder Kontakt aufnehmen.

Einen kräftigen Schub, so traurig es ist, hat die Behörde nach den Terroranschlägen in Paris 2016 bekommen. „Damals gab es so viele Daten, etwa Telefonverbindungen, auszuwerten, was die französischen Ermittler schlicht überfordert hat, weshalb sie sich an Europol um Unterstützung gewandt haben“, erklärte Oorth.

Ein Trend: „Verbrechen auf Bestellung“

Mit der Digitalisierung haben sich auch die Tätigkeits-schwerpunkte verändert, beziehungsweise sind sie umfangreicher geworden. Derzeit zählen neben Drogen, Menschenhandel und -schmuggel auch Umweltverbrechen sowie Cyber-Kriminialität dazu. „Ein echter Trend ist ,Cybercrime as a Service´“, so der Deutsche, also Verbrechen auf Bestellung. Sei es Mord, sei es Missbrauch, da gebe es nichts, was man im Darknet nicht bestellen könne, so Oorth.

Auch die Internationalisierung der kriminellen Verbindungen schreite voran. „Das sind, gerade bei Cyberkriminalität, oft richtige ,Projektarbeiten´, wo ein paar Hacker da, ein paar andere dort sitzen und sich nicht einmal kennen.“

Österreich: Schlepper und Onlinebetrug im Fokus

Ein Trend, der sich, befürchtet Oorth, mit der aufkommenden Künstlichen Intelligenz, die in manchen Bereichen bereits eingesetzt wird, noch verstärken werden: „Bei allen positiven Effekten. KI wird jetzt schon kriminell für alle möglichen Dinge zum Einsatz gebracht, etwa für Codes oder Malware. Die Büchse der Pandora wurde da gerade erst geöffnet. Wir stehen am Anfang einer Welt, wo die Dinge extrem komplex werden“, glaubt Oorth. Sein Fazit: „Es ist gut, dass es Europol gibt.“ Einerseits aufgrund der Vernetzung vieler Datenbanken, andererseits, weil die Datenanalyse immer aufwendiger werde und für einzelne Staaten allein nicht mehr finanzierbar wäre.

Auch für (Ober-)Österreich nicht: Schwerpunkte in der Zusammenarbeit mit Europol sind die Themen Onlinebetrug und illegale Migration — etwa die derzeit vermehrten Schlepperaufgriffe.

Von Roland Korntner aus den Niederlanden

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