Bundeskanzler Kurz: „Erdogan endlich rote Linien aufzeigen!“

Kurz fordert bei EU-Gipfel Sanktionen gegen Türkei und Beitrittsverhandlungsstopp — Ringen um Weißrussland

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Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Donnerstag zum Auftakt des zweitägigen EU-Gipfels in Brüssel EU-Sanktionen gegen die Türkei gefordert. Das „völkerrechtswidrige Verhalten“ Ankaras gegenüber den EU-Staaten Griechenland und Zypern fordere eine klare Reaktion.

Dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan müsse man „endlich rote Linien“ aufzeigen, so Kurz. Daher fordere er auch die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen.

„Migranten als Waffe“

Es sei seit lang „seit langem unerträglich, wie mit Journalisten und Oppositionspolitikern in der Türkei“ umgegangen werde. Außerdem sei es „nicht akzeptabel“, dass die Türkei „Migranten als Waffe“ gegenüber Europa einsetze. Man dürfe sich auch nicht von Erdogan erpressen lassen. Eine Blockade eines Gipfelbeschlusses, sollte es zu keinen Sanktionen gegen die Türkei kommen, schloss Kurz aber aus. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte sich jedenfalls für ein konstruktives Verhältnis zur Türkei trotz aller Differenzen stark.

Ob es zum Aufziehen härterer Saiten kommt, war umso fraglicher, als Erdogan „zufällig“ kurz vor dem Gipfel ein Entspannungssignal sendete. Er einigte sich mit Griechenland auf einen Mechanismus zur Vermeidung militärischer Zwischenfälle im östlichen Mittelmeer. Wegen des Streits um Gasvorkommen hatten sich die Spannungen in dieser Region im Sommer dramatisch zugespitzt.

Zypern droht Blockade an

Von der Bewertung dieses Konfliktes hängt auch ab, ob die EU dem weißrussischen Diktator Alexander Lukaschenko die Zähne zeigen kann. Bisher blockiert nämlich Zypern den erforderlichen einstimmigen Beschluss für Sanktionen gegen das Minsker Regime. Die Regierung in Nikosia fordert zeitgleiche EU-Sanktionen gegen die Türkei wegen des Gasstreits. Die anderen Mitgliedstaaten sind aber nicht bereit, beide Vorgänge miteinander zu verknüpfen. In einem Entwurf für die Abschlusserklärung hieß es zu Weißrussland, es unter Bezug auf Sanktionen, dass „restriktive Maßnahmen“ ohne Verzögerung verhängt werden sollten.

Merkel vertritt Macron

Anders als geplant ging es bei dem Gipfel aber zunächst um Wirtschaftsthemen. Hintergrund der Planänderung war, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wegen Verpflichtungen in Paris nicht am zweiten Tag des Gipfels teilnehmen kann. Kanzlerin Merkel wird Macron heute vertreten.

Weitere Themen des Treffens sind die Beziehungen zu China, vor allem mit Blick auf das angestrebte Investitionsabkommen, aber auch die Menschenrechte und die Lage in Hongkong. Auch der Giftanschlag auf Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist Gegenstand der Beratungen.

Streit um Coronahilfen

Die deutsche Ratspräsidentschaft will zudem die Chancen auf eine Einigung zu Details der künftigen Finanzplanung ausloten. Dabei geht es auch um den 750 Milliarden schweren Wiederaufbaufonds zur Eindämmung der Folgen der Corona-Krise. Mehrere Länder wollen die Auszahlung der Finanzhilfen abhängig machen von der Einhaltung der Rechtstaatlichkeit, was Polen und Ungarn strikt ablehnen.

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