Deutscher Bundestag beschloss umstrittene Wahlrechtsreform

Sitzungssaal deutschen Bundestages © APA/dpa/Michael Kappeler

Der deutsche Bundestag hat eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament verkleinern und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Der Entwurf der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP erreichte am Freitag in Berlin die erforderliche einfache Mehrheit. Die Union und die Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt und haben jeweils eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt.

399 Abgeordnete stimmten für die Reform, teilte der Bundestag mit; zunächst war von 400 Mandataren die Rede gewesen. Wie die stellvertretende Bundestagspräsidentin Aydan Özoguz weiter mitteilte, stimmten 261 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. 23 Parlamentarier enthielten sich. Während Grüne und FDP geschlossen für die Neuerungen stimmten, gab es bei der SPD zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung.

CDU-Chef Friedrich Merz machte nach der Abstimmung deutlich, dass er ein Normenkontrollverfahren anstrebt. Über das dafür erforderliche Viertel der Stimmen im Bundestag verfüge seine Unionsfraktion.

Laut der Reform soll die Verkleinerung des Parlaments erreicht werden, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird. Diese sorgten bisher für eine Aufblähung des Bundestages, der bis dato keine fixe Zahl von Sitzen hatte. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag erringt als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis (Ergebnis der Parteiliste) zustünden. Sie darf diese Sitze behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate.

Nach den neuen Regeln kann es künftig vorkommen, dass ein Bewerber seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Dies erzürnt vor allem die CSU, die ausschließlich in Bayern als politische Partei antritt und im Bundestag mit der CDU in einer Fraktion sitzt.

Zudem soll laut dem Ampel-Entwurf eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgte bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte bei der Wahl 2021 die Linkspartei, aber auch die CSU als Regionalpartei.

Politiker der Opposition warfen den Ampel-Fraktionen in der abschließenden Debatte zur geplanten Verkleinerung des Bundestages am Freitag vor, sie hätten sich ein Wahlrecht zum eigenen Machterhalt maßgeschneidert. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, der Plan ziele darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und „das Existenzrecht der CSU“ infrage zu stellen. „Sie machen hier eine Reform für sich selbst“, um den „Machtanspruch der Ampel“ zu zementieren, warf er der SPD vor. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, warf der Ampel „Arroganz“ vor. Während seiner Rede applaudierten mehrere Abgeordnete der Union.

SPD, Grüne und FDP argumentieren, dass die Verkleinerung alle Parteien gleichermaßen treffe. Die Reform sei damit fair und verfassungsgemäß. Abstimmungen darüber in den Fraktionen fielen bei Grünen und FDP einstimmig und bei der SPD mit sehr großer Zustimmung aus.

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