„Erkenne deinen Feind“ — das ist der Titel einer Liste, die im November bei einer Hausdurchsuchung in Wien sichergestellt wurde.
Im Zuge der „Operation Luxor“ hatten gut drei Dutzend mutmaßliche Muslimbrüder in Wien und Graz überraschenden Besuch von Ermittlern bekommen. Die Liste enthält rund 40 Namen, darunter Efgani Dönmez.
Die Bedrohung durch islamische Extremisten ist für den früheren ÖVP-Nationalratsabgeordneten ebenso kein Novum wie für den Austro-Iraker Amer Albayati. Der Gründer der „Initiative Liberaler Muslime in Österreich“ (ILMÖ) und Journalist steht ebenfalls auf der Feindesliste.
Sein Name fand sich vor sechs Jahren auch auf einer Todesliste der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Da viele in den Dschihad nach Syrien gezogene Extremisten aus Wien kamen, ist Albayati in diesen Kreisen als Kämpfer für einen säkularen Islam verhasst. Aus demselben Grund landete er wohl auch auf der bei A. M., einer Größe der österreichischen Muslimbruderschaft, gefundenen „Feindesliste“.
Überrascht war Albayati dennoch: Erstens, weil er mit dem Inhaber der Liste ungeachtet aller weltanschaulichen Differenzen höflichen Kontakt gepflegt hatte. Zweitens enthält die Liste nicht bloß seinen Namen, sondern auch ein heimlich aufgenommenes Foto, das Albayati an der Rezeption eines Wiener Hotels anlässlich eines Empfanges einer arabischen Botschaft zeigt. „Diese Liste zeugt davon, dass hier eine Art Geheimdienst am Werk ist“, so Albayati zum VOLKSBLATT.
„Wie eine Mordrohung“
Angst habe er keine. Aber er ist vorsichtig. Nachdem ihn der Verfassungsschutz kürzlich über die Muslimbrüder-Feindesliste informiert hatte, übersiedelt er gerade. Denn, so Albayati: „Diese Liste gleicht einer Morddrohung“.
Nicht zum ersten Mal muss der seit 1980 in Österreich lebende 79-Jährige den Wohnsitz wechseln, weil er ins Visier von Islamisten geriet. Zumindest die Kosten für den jüngsten Umzug will er sich zurückholen: Wenn die Muslimbrüder verurteilt werden, will Albayati bei Gericht Schadenersatz beantragen.
„Schlimmer als Corona“
Vor allem aber fordert er mehr Sensibilität der Politik für den Politischen Islam, dessen Vertreter von manchen Politikern noch immer hofiert würden. Auch Dönmez warnte: „Der Politische Islam ist schlimmer als das Coronavirus.“
Von Manfred Maurer