EU-Lexikon – Was ist der Green Deal?

Klimaschutz zählt zu den Top-Prioritäten der EU-Kommission © APA/AFP/NIKOLAY DOYCHINOV

Eines der wichtigsten politischen Ziele der zu Ende gehenden EU-Kommission unter Ursula von der Leyen ist der „European Green Deal“. Der Begriff dient als Zusammenfassung der Bekenntnis, dass die Europäische Union die Klima- und Biodiversitätskrise als zentrale Herausforderung unserer Zeit sieht und Gegenmaßnahmen höchste Priorität einräumt. Zuletzt sind die unter diesem Titel angestrebten Maßnahmen vermehrt unter Kritik geraten. Viele konkrete Umsetzungen stehen noch aus.

Worum geht es eigentlich?

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Die fortschreitende Klimaerwärmung ist ein ebenso unbestrittener wissenschaftlicher Fakt wie die Abnahme der Artenvielfalt. Nahezu alle Prognosen gehen von einer rapiden Vergrößerung des Problems bei Ausbleiben von Gegenmaßnahmen aus. Mit einer Fülle von Gesetzen, Verordnungen und Empfehlungen hat die EU in den vergangenen Jahren daher auf den unterschiedlichsten Ebenen versucht, darauf zu reagieren und eine Trendwende einzuleiten. Ziele sind u.a. schädliche Emissionen zu reduzieren, den Umstieg auf umweltschonende Technologien zu forcieren und einen bewussteren Umgang mit Ressourcen zu fördern.

Warum ist das wichtig?

Es geht um konkrete Maßnahmen, die Vorgaben für Industrie, Landwirtschaft und Konsumenten geben. Demnach müssen die Regeln des Zusammenlebens künftig von deutlich mehr Rücksichtnahme auf die globalen Auswirkungen unseres Tuns geprägt sein. Ebenso geht es aber um Vorbildwirkung. Die EU zeigt mit dem im Dezember 2019 präsentierten „Green Deal“, dass sie die immer dringlicheren Warnungen der UNO, ihrer Institutionen und ihres Generalsekretär António Guterres ernst nimmt. Wenn der reichste gemeinsame Wirtschaftsraum sein Umdenken beweist, können auch die anderen nicht untätig bleiben, so die Überlegung. Und schließlich soll die Initiative auch der Bevölkerung signalisieren: Ein Umdenken ist nötig, in der Gemeinschaft, aber auch beim Einzelnen.

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Welche Lebensbereiche betrifft das?

Kurz gesagt: alle. Es geht um die verantwortungsvolle Produktion von Waren (Lieferkettengesetz) ebenso wie um Heizungen (Ausstieg aus Öl und Gas), Verkehrsmittel (Neuzulassungen nur noch für emissionsfreie Autos) oder um die Sanierung von Gebäuden. Das von der EU proklamierte Ziel einer Klimaneutralität bis 2050 mit dem Etappenziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken („Fit for 55“) kann nur mit einer Vielzahl von Maßnahmen erreicht werden. Die Landwirtschaft soll zu einer nachhaltigen Produktionsweise, geringerem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und zur Wiederherstellung natürlicher Flächen verpflichtet werden. Der Umstieg auf Kreislaufwirtschaft ist für viele Bereiche der Industrie ebenso angestrebt wie weitgehende Abfallvermeidung im privaten wie industriellen Sektor. Der Anteil erneuerbarer Energien soll bis 2030 auf 40 Prozent angehoben, der Endenergieverbrauch reduziert werden.

Wie lauten die Argumente der Gegner?

Die grundsätzliche Notwendigkeit von Maßnahmen wird von wenigen bestritten. Im Detail wurde jedoch um fast jede einzelne Verordnung oder Richtlinie heftig diskutiert. Ein Hauptargument der Gegner lautet, man möge weniger mit Verboten sondern mit positiven Anreizen arbeiten, ein anderes, die Klima- und Energiewende könne vor allem durch technologische Innovationen herbeigeführt werden. Nachteile für den europäischen Wirtschaftsraum im globalen Wettbewerb oder gravierende Auswirkungen etwa auf die Ernährungssicherheit sind weitere vorgebrachte Argumente. Vor allem aber wird gegen angeblich überschießende, zu komplizierte und kaum administrierbare Vorschriften mobil gemacht, deren Folgen für den Einzelnen gravierend bis existenzschädigend sein könnten. Zuletzt hieß es etwa rund um das umstrittene Renaturierungsgesetz, es gäbe bereits mehr als genügend Vorschriften für Umwelt-, Natur- und Artenschutz – sie müssten bloß entsprechend umgesetzt werden.

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