Iran: Todesurteile gegen Demonstranten

Im Zusammenhang mit den Protesten im Iran sind drei weitere Demonstranten zum Tode verurteilt worden. Dies berichtete die Nachrichtenagentur FARS am Mittwoch. Gegen die Todesurteile könne Berufung eingelegt werden, hieß es weiter. Bereits in den vergangenen Tagen wurden zwei Menschen zum Tode und weitere zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden seit Beginn der Proteste vor zwei Monaten rund 15.000 Demonstranten festgenommen.

Einem der nun Verurteilten wird dem Bericht zufolge vorgeworfen, mit seinem Auto Polizisten angegriffen und dabei eine Person getötet zu haben. Ein weiteres Urteil wurde wegen Waffenbesitzes und Brandstiftung verhängt. Die dritte Person wurde als „Anführer von Protesten“ sowie wegen Beschädigung öffentlichen Eigentums zum Tode verurteilt. Insgesamt sind der iranischen Justiz zufolge bereits mehr als 1.000 Personen angeklagt.

Gleichzeitig haben die Gedenken an den „blutigen November“ von 2019 haben die größten Proteste seit Wochen ausgelöst. In vielen Landesteilen strömten in der Nacht auf Mittwoch Menschen auf die Straßen, wie Augenzeugen berichteten. In der Hauptstadt Teheran waren chaotische Szenen zu beobachten. Demonstranten errichteten Straßensperren, Autofahrer gaben Hupkonzerte. Hunderte Menschen versammelten sich auf zentralen Plätzen und riefen Protestslogans gegen die Islamische Republik.

Während der Großteil der Straßenproteste friedlich verlief, kam es vor allem in den Provinzen wieder zu gewaltsamen Vorfällen. Mindestens zwei Sicherheitskräfte der Revolutionsgarden sowie ein schiitischer Geistlicher seien getötet worden, berichteten iranische Medien. Nach Angaben von Aktivisten wurden zwei Demonstranten in den Kurdenregionen erschossen. Berichten zufolge erfassten die Proteste Dutzende Städte und mehr als zwei Drittel der Landesprovinzen. Die Angaben aus den Protestgebieten sind schwer überprüfbar.

Aktivisten hatten zu dreitägigen Protesten und Streiks im Gedenken an den „blutigen November“ von 2019 aufgerufen. Hintergrund der Demonstrationen vor drei Jahren waren hohe Benzinpreise. Sie richteten sich jedoch schnell auch gegen die politische Führung in Teheran. Seit rund zwei Monaten demonstrieren erneut breite Gesellschaftsteile gegen die Islamische Republik. Auslöser war der Tod der jungen iranischen Kurdin Mahsa Amini im Polizeigewahrsam. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie Mitte September gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll.

Immer mehr Protestteilnehmer drücken auch mit zivilem Ungehorsam ihren Unmut aus. Auf den Straßen der Hauptstadt waren Paare zu beobachten, die sich in der Öffentlichkeit küssten – ein gesellschaftliches Tabu und unter Strafe verboten seit der Islamischen Revolution 1979. In anderen Teilen Teherans waren Lautsprecherdurchsagen zu hören: „Das ist ein roter Alarm, die Zeit der Revolution hat begonnen“, gefolgt von Sirenentönen, die einst bei Bombenalarm im Iran-Irak-Krieg (1980-1988) zu hören waren.

Laut dem iranischen Innenministerium sind bei den Protesten auch französische Geheimagenten inhaftiert worden. „Menschen anderer Nationalitäten wurden bei den Unruhen festgenommen, von denen einige eine große Rolle spielten. Es gab Elemente des französischen Geheimdienstes und sie werden gemäß dem Gesetz behandelt“, sagte Innenminister Ahmad Vahidi am Mittwoch. Die französische Außenministerin Catherine Colonna hatte vergangene Woche erklärt, dass sieben französische Staatsangehörige im Iran festgenommen worden seien. Insgesamt sind im Iran derzeit etwa 20 Menschen mit europäischen Pässen inhaftiert, die meisten von ihnen mit doppelter Staatsbürgerschaft.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat dem Iran „zunehmende Aggressivität“ und „inakzeptable Geiselnahmen“ von Franzosen vorgeworfen. „Ich rufe den Iran auf, zur Ruhe zu kommen und sich auf den Geist der Zusammenarbeit zu besinnen“, sagte Macron am Mittwoch zum Abschluss des G20-Treffens in Indonesien.

Die derzeitige „Revolution der Frauen und der Jugend“ verteidige universelle Werte, sagte Macron. Bei allem Respekt für die Souveränität des Iran sei es rechtens, „den Mut und die Legitimität dieses Kampfes“ zu loben.

Der Iran wies unterdessen die Kritik der USA, Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens wegen mangelnder Kooperationsbereitschaft bei der Kontrolle der iranischen Atomanlagen zurück. Washington und die drei europäischen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens von 2015 hatten am Dienstag eine entsprechende Resolution bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) eingebracht. Darin rufen sie den Iran auf, „seinen rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen“.

„Sie haben eine Resolution entworfen und Dokumente beigebracht, von denen sie selbst wissen, dass sie nicht echt sind“, sagte Mohammed Eslami, der Leiter der iranischen Atombehörde, am Mittwoch nach Angaben der staatlichen Agentur Irna. Ein Besuch von IAEA-Vertretern sei derzeit nicht vorgesehen, erklärte er.

Die IAEA hatte vor einigen Tagen mitgeteilt, dass bei der Frage nach Spuren von angereichertem Uran an drei nicht gemeldeten Standorten keine Fortschritte erzielt worden seien.

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