Katars Finger überall im Spiel

Politik, Wirtschaft, Religion, Terror & Sport — Oft stinkt es nach Geld aus dem superreichen Emirat

Globaler Einfluss mit Gas- und Petrodollars: Im Ooredoo-Tower (r.) in Doha befindet sich die Zentrale der milliardenschweren QIA.
Globaler Einfluss mit Gas- und Petrodollars: Im Ooredoo-Tower (r.) in Doha befindet sich die Zentrale der milliardenschweren QIA. © Alex Sergeev

Und täglich grüßt das katarische Murmeltier: Erst überschatten massive Korruptionsvorwürfe die Vergabe der soeben finalisierten Fußball-WM, dann werden Geldflüsse an islamistische Muslimvereine in Europa aufgedeckt, in den USA läuft eine Klage von Angehörigen eines Terroropfers gegen mutmaßliche Financiers des Islamischen Staates (IS), und nun platzt im Europaparlament ein Korruptionsskandal um die sozialdemokratische Vizepräsidentin Eva Kaili. Was all diese Affären eint: Es stinkt nach Geld aus Katar, auch wenn das Emirat am Persischen Golf jede Verstrickung in solche Machenschaften bestreitet.

Katars Geldproblem

Katar hat in der Tat ein Problem: Das kleine Öl- und Gasemirat am Persischen Golf schwimmt im Geld, welches durch die vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine ausgelöste Energiekrise immer mehr wird. Und das will irgendwo angelegt sein. Bei der Bewältigung dieser speziellen Geldsorgen helfen viele gern. Die rund 420 Milliarden Euro schwere staatliche Beteiligungsholding Qatar Investment Authority (QIA) ist gefragter Investor rund um den Globus, speziell in Europa.

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Die französische Regierung hat Katar zu einem strategischen Wirtschaftspartner mit steuerlichen Privilegien gemacht. In vielen namhaften Konzernen steckt katarisches Geld: Bei Total, EADS, France Telecom, Vivendi oder Areva liegt die Beteiligung unter zehn Prozent, beim Medien- und Sportkonzern Lagardère sind es zwölf Prozent.

Lust auf Deutschland

In Großbritannien beteiligte sich die QIA vor einem Jahr an der Rolls-Royce-Tochter SMR. Hier geht es um den Bau von Mini-Kernkraftwerken. Das Londoner Traditionskaufhaus Harrods und ein Fünftel des Heathrow-Airports gehören QIA schon.

Spanien erhielt im Mai vom katarischen Emir Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani Investitionszusagen im Umfang von 4,7 Milliarden Euro. Viele Petro- und Gasdollars fließen auch zurück nach Deutschland. An mindestens sechs DAX-Konzernen iset Katar beteiligt. Beim Energieriesen RWE sicherte sich die Qatar Holding, eine QIA-Tochter, vor wenigen Wochen mit einer 2,43 Milliarden Euro schweren Pflichtwandelanleihe den Einstieg als größter Aktionär (neun Prozent). Im QIA-Portfolio lagern dicke Aktienpakete von Volkswagen, Porsche, Deutsche Bank, Siemens, die Hamburger Reederei Hapag-Llyod.

Von der Siemens-Beteiligung profitiert auch Österreich. Die neuen Straßenbahnzüge in Doha hat Siemens in Wien-Simmering gebaut. Ansonsten steht Österreich nicht im Fokus der katarischen Investoren.Bekannt ist, dass das Palais Clam-Gallas im 9. Wiener Gemeindebezirk seit 2015 dem Emirat gehört — gekauft von Frankreich für kolportierte 30 Millionen Euro.

Finanzpartner von Elon Musk

Auch der spektakuläre Twitter-Deal des US-Milliardärs Elon Musk hat eine katarische Duftnote. QIA ist mit umgerechnet 355 Millionen Euro als Musks sechstgrößter Geldgeber dabei. Da neben Katar auch ein saudischer Prinz den Twitter-Deal mitfinanzierte, wurde US-Präsident Joe Biden gefragt, ob das nicht eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA darstelle. Der Präsident wollte zumindest keinen Persilschein ausstellen: „Ich denke, dass die Zusammenarbeit und/oder die technischen Beziehungen von Elon Musk mit anderen Ländern es wert sind, untersucht zu werden.“

Mit Geld kommt Einfluss

Auch Europa ist gut beraten, die katarischen Investments nicht durch die rosa Brille zu betrachten. So wünschenswert ein Rückfluss von Erlösen aus dem Öl- und Gasgeschäft an die Volkswirtschaften der Abnehmerländer grundsätzlich ist, so wünschenswert wäre auch eine politische Risikoeinschätzung. Denn die Investments kommen von einem Staatsfonds, der völlig unter Kontrolle der katarischen Königsfamilie steht. Und die verfolgt nicht bloß wirtschaftliche Ziele. Katar verbreitet — wie der regionale Rivale Saudi-Arabien — eine mittelalterliche Auslegung des Islam. Das mag zwar bei einer Porsche-Beteiligung unmittelbar keine Rolle spielen, je mehr katarisches Geld aber in der europäischen Wirtschaft im Umlauf ist, desto größer wird auch der politische Einfluss, der im konkreten Fall auch ein radikal-islamischer ist. Wer die islamistische Muslimbruderschaft und ihr nahestehende Organisationen in Europa finanziert, sollte kein bevorzugter Wirtschaftspartner sein können. Der Skandal im EU-Parlament muss auch in dieser Hinsicht als Warnung verstanden werden.

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