Kreml: Russland im Krieg mit dem Westen

EU muss sich für Krieg gegen Russland rüsten © APA/AFP/INA FASSBENDER

Mehr als zwei Jahre nach dem Überfall auf die Ukraine hat der Kreml erstmals offiziell eingeräumt, dass sich Russland im Krieg befindet. „Wir sind im Kriegszustand. Ja, es begann als eine spezielle Militäroperation, aber sobald diese Gruppe gebildet wurde und der kollektive Westen ein Teilnehmer dessen auf der Seite der Ukraine wurde, wurde dies zum Krieg für uns“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in einem Interview mit der Zeitschrift „Argumenty i Fakty“.

Peskow äußerte sich, nachdem der Aggressorstaat in der Nacht den wohl größten konzertierten Angriff auf die Energieinfrastruktur des Nachbarlandes durchgeführt hatte. Auf Nachfragen von Medien präzisierte der Kremlsprecher später, dass Russland zwar faktisch im Krieg sei, juristisch den Status der Kampfhandlungen aber beibehalten habe. „De jure ist es eine militärische Spezialoperation“, sagte er.

Die Ausrufung des Kriegsrechts würde für die Bevölkerung in Russland weitere Einschränkungen bedeuten, beispielsweise kann während des Kriegs eine Ausgangssperre verhängt werden. Auf nationaler Ebene ist dies nicht geschehen, in den vier seit Kriegsbeginn teilweise besetzten ukrainischen Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja gilt Kriegsrecht aber schon seit Herbst 2022.

Peskow rief die Russen in dem Interview zur Einheit und zur „inneren Mobilmachung“ auf. Als Kriegsziel gab er die komplette „Befreiung“ der vier Regionen Donezk, Luhansk, Saporischsschja und Cherson aus, die das Land vor eineinhalb Jahren völkerrechtswidrig annektiert hatte. Obwohl Russland unter anderem wegen akuten Waffenmangels jüngst Fortschritte in den Kämpfen gegen die Ukraine erreichen konnte, ist es weit davon entfernt, diese vier ukrainischen Regionen komplett zu beherrschen.

Peskow stellte auch neuerlich die Existenz der Ukraine infrage. Russland könne die Existenz eines Landes an seinen Grenzen nicht erlauben, der bereit sei, alle Mittel einzusetzen, um die Halbinsel Krim einzunehmen. Die ukrainische Halbinsel war im Jahr 2014 handstreichartig von Russland eingenommen und annektiert worden. Die völkerrechtswidrigen Handlungen Russlands sind von der Weltgemeinschaft nicht anerkannt worden. Die westlichen Staaten unterstützen die Ukraine, die mittlerweile auch EU-Beitrittskandidatenland ist, bei ihrem legitimen Recht auf Selbstverteidigung.

Kreml-Chef Wladimir Putin hatte am 24. Februar 2022 den Angriff auf die Ukraine befohlen. Er sprach dabei von einer militärischen Spezialoperation. Das russische Militär besetzte daraufhin große Teile des Nachbarlandes, konnte aber nicht wie geplant die Hauptstadt Kiew einnehmen. Später gelang es den ukrainischen Truppen auch mit westlicher Militärhilfe, die Besatzungstruppen aus einigen Landesteilen zurückzutreiben. Doch immer noch hält Russland einschließlich der bereits 2014 annektierten Krim knapp ein Fünftel der Ukraine besetzt.

Bei den Kampfhandlungen am Boden, aber auch durch andauernde russische Angriffe mit Raketen und Drohnen wurden Zehntausende Menschen getötet, darunter auch viele Zivilisten. Die russischen Truppen sind wegen der stockenden westlichen Militärhilfe inzwischen wieder in der Offensive und versuchen, weiteres ukrainisches Gebiet zu erobern.

Wie die langjährige Biden-Beraterin und jetzige US-Botschafterin bei der NATO, Julianne Smith, der Kleinen Zeitung sagte, würden die Vereinigten Staaten nicht „tatenlos zuschauen“, sollte Österreich angegriffen werden. Sie betonte außerdem, dass es zum heutigen Zeitpunkt keine Hinweise gebe, dass Russland den Einsatz von Atomwaffen vorbereite. „Sollte sich auf russischer Seite etwas ändern, würden wir sofort reagieren“, ergänzte Smith gegenüber dem Blatt.

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