Libyen-Krieg: Migranten als Kanonenfutter

Bürgerkrieger stellen Menschen vor Wahl: Internierungslager oder kämpfen

Im libyschen Bürgerkrieg schicken beide Seiten Migranten in die Häuserschlacht.
Im libyschen Bürgerkrieg schicken beide Seiten Migranten in die Häuserschlacht. © Salahuddien - picturedesk.com

Im Libyen-Krieg werden Migranten laut UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) nicht nur erpresst und als Zwangsarbeiter ausgebeutet, sondern auch von beiden Seiten zum Kampf gedrängt.

„Menschen, die in Internierungslagern waren, berichten, dass sie vor die Wahl gestellt wurden, dort für unbestimmte Zeit zu bleiben oder an der Front zu kämpfen“, sagte am Freitag der Sonderbeauftragte des UNHCR für das zentrale Mittelmeer, Vincent Cochetel. In den Lagern herrschen katastrophale Bedingungen. „Wir haben festgestellt, dass diese Rekrutierungsbemühungen vor allem auf Sudanesen abzielten. Wir vermuten, dass es daran liegt, dass sie Arabisch sprechen. Sie werden von beiden Seiten rekrutiert“, so Cochetel. „Wenn sie sich dafür entschieden, wurden sie mit Uniform und Gewehr ausgestattet direkt im städtischen Guerilla-Krieg eingesetzt.“ Um wie viele Menschen es gehen könnte, konnte er nicht sagen.

In Libyen tobt seit Jahren ein Bürgerkrieg. General Khalifa Haftar kontrolliert weite Teile des Landes und kämpft mit Verbündeten gegen die international anerkannte Regierung von Premier Fayez al-Sarraj. Dessen Autorität reicht aber nicht weit über die Hauptstadt Tripolis. Die Türkei unterstützt Sarraj auch militärisch. Russland stärkt — wie Ägypten und Saudi-Arabien — Haftar.

Griechenland droht mit EU-Blockade

Internationale Akteure treffen sich am Sonntag in Berlin, zu einer von Bundeskanzlerin Angela Merkel initiierten Libyen-Konferenz. Auch der russische Präsident Wladmir Putin hat sein Kommen zugesagt.

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Allerdings gibt es Unmut über die Teilnehmerliste. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis beschwerte sich bei Merkel darüber, dass Athen nicht eingeladen wurde. Griechenland droht mit einer Blockade aller EU-Beschlüsse zu Libyen, solange die Führung in Tripolis ein mit der Türkei geschlossenes Seegrenzenabkommen nicht annulliert. Die Vertragspartner teilen sich darin ihre Interessenzonen im Mittelmeer auf. Konkret geht es um die potenziell erdgasreichen Mittelmeerregionen. Am Freitag empfingen Mitsotakis und sein Außenminister Nikos Dendias in Athen General Haftar, der nun wohl einen neuen Unterstützer hat: Da die Türkei die Regierung in Tripolis militärisch unterstützt, drängt sich für Athen Haftar als Protegé auf.

EU-Außenbeauftragter erwägt Militareinsatz

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schließt einen Militäreinsatz der EU in Libyen nicht aus. „Wenn es einen Waffenstillstand in Libyen gibt, dann muss die EU bereit sein, bei der Umsetzung und der Überwachung dieses Waffenstillstandes zu helfen — eventuell auch mit Soldaten”, so Borrell in einem Spiegel-Interview.

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