Linke bedauern mit Vergleich Scheitern des Trump-Anschlages

Auch Grüner Abgeordneter Blimlinger gefiel Spottvers über Kaiser-Attentäter, der „schlecht stach“

Über die politischen Lager hinweg herrscht Entsetzen nach dem gescheiterten Mordanschlag auf Ex-US-Präsident Donald Trump. Gewalt als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist auch in Österreich verpönt.

Darüber herrscht politischer Konsens in allen Lagern. Wirklich in allen? Ganz links außen machen manche aus ihrem Herzen keine Mördergrube und bedauern in verklausulierten, aber doch klaren Botschaften, dass der republikanische Präsidentschaftskandidat das Attentat überlebt hat.

Verklausulierte Botschaft mit einem Kaiser-Attentat

Weil in dieser Ecke niedrige Motive gern mit intellektueller Attitüde camoufliert werden, wird dem Ärger über den Fehlschützen, der „nur“ Trumps Ohr traf, nicht offen, sondern codiert Luft gemacht.

Gefiel auch der der Grünen-Abgeordneten Blimlinger: Der Politologe Schmidinger erinnerte nach dem Trump-Attentat an den Kaiser-Attentäter, der „zu Recht“ hingerichtet wurde, weil er „so schlecht gestochen“ hatte. ©Screenshot: Facebook

Thomas Schmidinger etwa erwähnte Trump und das Attentat am Sonntag nicht mit einem Wort — und doch verstanden seine Facebook-Freunde genau, was der an der Universität Wien lehrende Politikwissenschaftler mit seinem historischen Exkurs wenige Stunden nach den Schüssen von Pennsylvania meinte.

Schmidinger, den seine Begeisterung für Andreas Babler voriges Jahr zum SPÖ-Beitritt veranlasst hatte, dozierte auf seinem öffentlichen Facebook-Profil über einen ebenfalls misslungenen Mordversuch in Österreich: „Nach dem gescheiterten Attentat eines Schneiders auf Kaiser Franz Josef, der nach der Niederschlagung der 1848er-Revolution sehr unbeliebt war, wurde 1853 im Kontext der Hinrichtung des Attentäters von den WienerInnen gedichtet:

Auf der Simmeringer Had´,
hat´s an Schneider verwaht,
das g´schieht ihm scho recht,
warum sticht er so schlecht.“

Warum schießt er so schlecht?

Die unausgesprochene, aber im zeitlichen Kontext zur Topmeldung dieses Tages unmissverständliche Botschaft: Dem von Sicherheitskräften erschossen Trump-Attentäter geschah schon recht, denn: „Warum schießt er so schlecht“.

Viele von Schmidingers Facebook-Freunden verstanden die Botschaft. Martin Just, Autor von „Uhudla“, der angeblich „ältesten linken deutschsprachigen Internet-Zeitung“ postet unter Schmidingers Nachricht: „Das war auch das Erste, was mir dazu eingefallen ist in der Früh. :)“

Viele Likes aus dem linken Lager

Geteilt und für „großartig“ befunden wurde Schmidingers Post von FSG-Gewerkschafter Hannes Wölflingseder, Betriebsratsvorsitzender der Barmherzigen Schwestern Wien. Auch der Kremser KPÖ-Gemeinderat Nikolaus Lackner bejubelt Schmidingers Post als „großartig“. Gelikt wird der Beitrag auch von Daniel Harrasser, kommunistischer Bezirksrat in Wien-Landstraße, von Franz Fend, der 2021 für die KPÖ bei der GR-Wahl in Linz kandidiert hatte, und von Franz Gall, den die SPÖ Wilhering auf ihrer Webseite als Teammitglied auflistet.

Rainer Mayerhofer, ehemaliger Außenpolitik-Ressortchef der Wiener Zeitung und Träger einer Auszeichnung für antifaschistische Publizistik des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW); postete nach dem Trump-Attentat den Spottvers auf den Kaiser-Attentäter ohne weitere Erläuterung. Das gefiel unter anderen auch der ehemaligen Younion-Gewerkschafterin und BSA-Funktionärin Brigitte Fenko.

Linke liken das: Seit dem Trump-Attentat kursiert in sozialen Medien dieser Spottvers über Kaiser-Attentäter Libenyi. ©Screenshot: Facebook

Grüne Blimlinger zieht ihr Like wieder zurück

Der Schmidinger-Beitrag hat inzwischen aber ein Like wieder verloren. Grünen-Abgeordnete Eva Blimlinger, vom VOLKSBLATT mit ihrem brisanten „Gefällt mir“ konfrontiert, versucht zunächst zu erklären, dass man das ganze Gedicht über Kaiser-Attentäter Janos Libenyi lesen müsse und nicht nur die vier in sozialen Medien kursierenden Zeilen. Tatsächlich könnte man eine weitere Zeile als Distanzierung vom Mordanschlag interpretieren, auch wenn die Urheber des Gedichtes das 1853 so nicht intendiert hatten: „Auf der Simmeringer Had’, hat’s an Schneider verwaht, allen sei es a Lehr, er lebt nimmermehr.“

Allerdings: Diese Zeilen kommen in den seit Sonntag in sozialen Medien kursierenden Posts nicht vor, sondern nur jene, die Libenys Tod als verdient, weil „so schlecht gestochen“, darstellen. Blimlinger sieht letztlich ein, dass ihr „Gefällt mir“ als Bedauern des Überlebens von Donald Trump interpretiert werden könnte, was sie so nicht verstanden wissen will. Sie löscht ihr Like daher unmittelbar nach dem VOLKSBLATT-Gespräch.

Schmidinger lässt dagegen eine Anfrage, ob sein Posting nach dem Attentat in den USA angemessen gewesen sei, unbeantwortet. Die Frage eines FB-Freundes, ob nach dem Attentäter Libenyi irgendwo ein Platz benannt worden sei, beantwortet Schmidinger schon: „Verdient hätte er es.“

Nicht auszuschließen also, dass österreichische Linke schon auf der Suche nach einer Straße sind, die nach Thomas Matthew Crooks benannt werden könnte. Verdient hätte es der Trump-Attentäter in den Augen mancher offenbar.

Von Manfred Maurer

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