Manche träumen schon von Rückkehr der Briten

Letzte Formalakte für britischen EU-Austritt vollzogen — EVP-Politiker rechnen mit Wiedereintritt

Austritt endgültig: Der britische EU-Botschafter Tim Barrow (l.) überreicht dem Generalsekretär des EU-Rates, Jeppe Tranholm-Mikkelsen in Brüssel die Brexit-Ratifizierungsurkunde.Lukas Mandl: „Auf lange Sicht kann es für Großbritannien nur einen Wiedereintritt in die EU geben.“
Austritt endgültig: Der britische EU-Botschafter Tim Barrow (l.) überreicht dem Generalsekretär des EU-Rates, Jeppe Tranholm-Mikkelsen in Brüssel die Brexit-Ratifizierungsurkunde. © AFP/Herman

Der britische Botschafter bei der EU überreichte am Mittwoch in Brüssel die Brexit-Ratifizierungsurkunde, das EU-Parlament bestätigte am Abend mit 621 gegen 49 Stimmen seinerseits das Abkommen mit London — damit sind alle Formalakte erledigt und dem EU-Austritt am 31. Jänner, 23 Uhr MEZ, steht nichts mehr im Weg.

Während damit für Nigel Farage, den Chef der Brexit-Partei, ein Traum in Erfüllung geht, klammern sich andere an einen gegenteiligen Traum: Die Rückkehr der Briten in die EU.

Die EU-Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP), der Österreicher Lukas Mandl, Henna Virkunnen aus Finnland und David Lega aus Schweden, sind sogar überzeugt, dass Großbritannien wieder EU-Mitglied werden muss. „Auf lange Sicht kann es für Großbritannien nur einen Wiedereintritt in die EU geben“, so Mandl. Virkunnen sieht das auch so, „weil es für Großbritannien außerhalb der EU keine Deal geben könne, die annähernd so vorteilhaft ist wie die EU-Mitgliedschaft“.

Tag der Freude & Trauer

Während die Brexiteers am 1. Februar einen Tag der Freude feiern werden, sind andere traurig. Für den SPÖ-Abgeordneten Andreas Schieder ist der Brexit „ein historischer Fehler“. Letztlich gelte aber „wie bei jeder Trennung, besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“. Für Europaparlamentsvizepräsident Othmar Karas (ÖVP) ist das „kein Tag der Freude und zum Feiern“. Mit dem Brexit sei weder für Großbritannien noch für die EU irgendein Problem gelöst. Sogar der FPÖ-Abgeorndete Harald Vilimsky, der den Briten nach dem EU-Referendum 2016 noch zur „wiedererlangten Souveränität“ gratuliert hatte, meint nun: „Natürlich schmerzt der Abschied der Briten.“ Denn sie seien „oft ein Gegenpol zur voranschreitenden Zentralisierung in der EU“ gewesen. Die Grünen-Delegationsleiterin Monika Vana empfindet den Brexit als „schmerzhafte Zäsur“, Claudia Gamon von den Neos ist „traurig“.

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Briten engstens anbinden

Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bedauerte bei der Regierungsklausur in Krems den Brexit: „Es ist kein Moment der Freude.“ Gleichzeitig plädierte er für eine „engst möglichste Anbindung“ Großbritanniens an die EU. Das „Gute“ sei, dass ein „Soft-Brexit“ ausgehandelt werden habe können. Damit bestehe Rechtssicherheit für Unternehmer. Die ist freilich nur von Dauer, wenn EU und Briten bis Jahresende ein Freihandelsabkommen schaffen.

Brexit-Guru bejubelt Lebenswerk

Nigel Farage zieht hochzufrieden aus dem Europaparlament

Nigel Farage hat sich seinen Traum erfüllt. ©AFP/Tribouillard

Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage hält seine Mission für erfüllt. „Es gibt nur sehr wenige Menschen im Leben, vor allem in der Politik, die ihren Traum vollenden, und in vieler Hinsicht ist mir das gelungen“, so der Chef der Brexit-Partei, der am Freitag sein Mandat als EU-Abgeordneter abgibt. Er werde Brüssel nicht vermissen, versicherte der 55-Jährige, fügte aber hinzu: „Ich werde es vermissen, der schlimme Bösewicht zu sein.“ Nach einer Brexit-Feier am Freitag wolle er sich aus der Politik zurückziehen – „es sei denn, Boris Johnson versemmelt das Ganze“, sagte er mit Blick auf den britischen Premier.

Menschen, die sich Sorgen wegen des EU-Austritts machen, kenne er nicht: „Ich habe noch niemanden getroffen, einschließlich meiner Frau.“ Seine Frau und zwei seiner Kinder sind deutsche Staatsbürger.

Für die EU hat er eine düstere Prognose: Der Brexit sei nur der erste Stein, der aus der Mauer des europäischen Projekts herausgelöst werde. Es handle sich um einen tiefen Wandel, einen Streit zwischen Nationalismus und Globalismus. „Und ich glaube, die nationalistische Debatte gewinnt.“

Den EU-Austritt bezeichnet Farage in seiner letzten Rede im EU-Parlament am Mittwoch als ein Abschied ohne Wiederkehr. „Wir kommen nie zurück“, rief Farage ins Plenum. Und: „Wir lieben Europa, wir hassen nur die Europäische Union.“ Nach der Rede schwenkten die Abgeordneten der Brexit-Partei britische Fähnchen, obwohl das gegen Parlamentsregeln verstößt…

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