Mehrere Razzien gegen islamistischen Verein in Deutschland

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser hat einen deutschlandweit aktiven islamistischen Verein verboten, der nach Einschätzung des Verfassungsschutzes ein „bedeutendes Propagandazentrum Irans in Europa“ ist. Zum Vollzug der Verbotsverfügung gegen das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) und fünf Teilorganisationen durchsuchten Polizisten am Mittwoch in der Früh das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) mit der Imam Ali Moschee sowie weitere Gebäude in insgesamt acht Bundesländern.

Das IZH verbreite als direkte Vertretung des iranischen „Revolutionsführers“ in aggressiv-kämpferischer Weise die Ideologie der sogenannten „Islamischen Revolution“ in Deutschland, hieß es in einer Mitteilung des deutschen Innenministeriums. „Mir ist es dabei sehr wichtig, klar zu unterscheiden: Wir handeln nicht gegen eine Religion“, betonte Faeser (SPD). Die friedliche schiitische Glaubens- und Religionsausübung sei ausdrücklich nicht von dem Verbot berührt. „Revolutionsführer“, offiziell geistliches Oberhaupt, des Iran ist Ayatollah Ali Khamenei.

Faesers Ministerium teilte mit, im Zuge des Verbots würden insgesamt vier schiitische Moscheen geschlossen. In Deutschland existieren schätzungsweise 150 bis 200 schiitische Gemeinden. Razzien in Zusammenhang mit dem Verbot gab es laut Mitteilung in insgesamt 53 Objekten in Hamburg, Bremen, Berlin, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern.

Das IZH sei eine extremistische islamistische Organisation, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge, hieß es in der Mitteilung des deutschen Innenministeriums. Nach den gegen das IZH gerichteten umfassenden Durchsuchungsmaßnahmen vom vergangenen November hätten sich die schweren Verdachtsmomente erhärtet, sagte Faeser. Die Ideologie des Vereins richte sich gegen Frauenrechte, gegen eine unabhängige Justiz und den demokratischen deutschen Staat. „Außerdem unterstützen das “Islamische Zentrum Hamburg“ und seine Teilorganisationen die Terroristen der Hizb Allah und verbreiten einen aggressiven Antisemitismus“, erklärte die Ministerin.

Das American Jewish Committee Berlin begrüßte das Verbot. Das iranische Außenministerium wiederum zitierte aus Protest gegen das Vorgehen den deutschen Botschafter zu sich. Es warf den deutschen Behörden eine „feindliche Aktion“ vor, die den „fundamentalen Menschenrechtsprinzipien widerspricht“. „Das, was heute in Deutschland geschehen ist, ist ein eindeutiges Beispiel für Islamfeindlichkeit“, erklärte das Ministerium weiter.

Aus dem deutschen Außenministerium in Berlin hieß es in Reaktion auf die Einbestellung von Botschafter Hans-Udo Muzel, Deutschland habe die Beziehungen zum Iran in den vergangenen Jahren „in fast beispielloser Art heruntergefahren“. Es gebe eine ganze Reihe von Themen, die die deutschen Beziehungen zum Iran belasteten. Dazu zählen die Menschenrechtslage in dem Land, Irans direkte Angriffe auf Israel sowie seine destabilisierende Regionalpolitik, sein Nuklearprogramm, die Unterstützung für den russischen Krieg gegen die Ukraine und bilaterale Themen wie zum Beispiel Haftfälle. „Es liegt an der iranischen Seite, durch konkrete Schritte zu zeigen, dass eine Veränderung der Beziehungen zu Deutschland und Europa gewollt ist“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt weiter.

Für den Iran gilt seit langem eine Reisewarnung und eine Ausreiseaufforderung. Das Auswärtige Amt weist insbesondere auf die Gefahr willkürlicher Festnahmen hin.

Dutzende Polizisten riegelten am frühen Morgen in Hamburg die Blaue Moschee ab. Laut einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur begannen sie mit der Durchsuchung des schiitischen Gotteshauses. Der Verfassungsschutz stuft den Verein, der die Moschee betreibt, als extremistisch und vom Iran gesteuert ein. Laut einem dpa-Reporter stürmten etwa zeitgleich in Berlin mehrere Polizisten das Gebäude eines schiitischen Vereins.

Seit Jahren gibt es Forderungen nach einer Schließung des IZH. Auch der Deutsche Bundestag hatte die Regierung aufgefordert, zu prüfen, „ob und wie das Islamische Zentrum Hamburg als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann“. Die Hamburgische Bürgerschaft forderte ebenso die Schließung des Zentrums.

Das deutsche Innenministerium begründet das Verbot des IZH nun unter anderem damit, dass sich dessen Zweck und Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten und den Strafgesetzen sowie den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands zuwiderliefen.

Das IZH agiere „äußerst konspirativ“, um nach außen den Eindruck zu erwecken, eine tolerante und rein religiöse Einrichtung ohne politische Agenda oder Anbindung zu sein. Man habe aber Belege gefunden, dass das IZH und sein Leiter vom „Obersten Revolutionsführer“ des Iran ausdrücklich angewiesen worden seien, sich „intensiv und unerschütterlich für die Grundlagen der Revolution einzusetzen, ohne Kompromisse einzugehen“.

Mehrere Landesinnenminister begrüßten das Verbot. So sprach etwa Roman Poseck (Hessen/CDU) von einem klaren Zeichen, dass der deutsche Rechtsstaat in der Lage sei, entschlossen zu handeln. Der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte: „Unsere Sicherheitsbehörden haben das IZH seit vielen Jahren intensiv beobachtet, sind konsequent gegen das IZH vorgegangen und haben das Verbotsverfahren des Bundes mit ihren Erkenntnissen wirksam unterstützt.“

„Das Islamische Zentrum Hamburg war viel zu lange das Spionagenest des iranischen Regimes“, kommentierte der Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour. „Gut, dass damit endlich Schluss ist.“ FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannte das Verbot „überfällig“.

Für den Hamburger CDU-Politiker Christoph de Vries war der Schlag gegen das IZH „längst überfällig“. In den Sicherheitsbehörden und unter Experten verstehe niemand, weshalb Faeser so lange dafür gebraucht habe, kritisierte er. Die Faktenlage sei längst „wasserdicht“ gewesen.

In Österreich hatte jüngst die Dokumentationsstelle Politischer Islam (DPI) vor den Auslandsaktivitäten des Iran gewarnt. „Auch der Iran ist zentraler Akteur des politischen Islams in Österreich und wird das auch bleiben“, sagte DPI-Vize-Direktor Ferdinand Haberl vorige Woche auf einer Pressekonferenz in Wien. Konkret äußerte sich Haberl zum Zentrum Imam Ali in Wien-Floridsdorf: Dieses erscheine als „Außenstelle“ des Iran und weise personelle Überschneidungen mit der höchsten iranischen Regierungsebene auf.

Die mobile Version verlassen