Niederlande für Ausstieg aus EU-Asylregeln – „Mini Nexit“

Wilders PVV will die Zahl einreisender Asylsuchender stark reduzieren © APA/ANP/EMIEL MUIJDERMAN

Die Niederlande haben bei der EU-Kommission den Ausstieg aus den EU-Asylregeln beantragt. Der Rechtspopulist Geert Wilders, der mit seiner rechtsradikalen Partei für die Freiheit (PVV) erstmals in der Koalition sitzt, sprach von einem wichtigen Signal, „dass ein neuer Wind weht in den Niederlanden“. „Dies ist ein Mini-Nexit“, sagte Wilders am Mittwoch im Parlament in Den Haag. Brüssel bestätigte den Eingang des Antrags. Dass die Niederlande Erfolg haben, ist unwahrscheinlich.

Der Austritt der Niederlande aus der EU, der sogenannte Nexit, war lange eine Forderung von Wilders. Er hatte sie aber vor der Beteiligung an der Regierung auf Eis gelegt.

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Eine Sprecherin der EU-Kommission erklärte, für eine solche Ausnahmeregel – den sogenannten Opt-Out – müssten in der Regel alle 27 EU-Staaten zustimmen. „In diesem Zusammenhang erwarten wir keine unmittelbaren Änderungen an den EU-Vorschriften zu Asyl und Migration“, sagte die Sprecherin. Die Vorschriften seien weiterhin für die Niederlande verbindlich. Außerdem hätten sich die EU-Länder bereits auf eine neue Asylreform geeinigt und müssten diese nun umsetzen.

Die radikal-rechte Asylministerin Marjolein Faber hatte den Antrag in Brüssel gestellt und auf X mitgeteilt: „Wir müssen wieder über unsere eigene Asylpolitik das Sagen haben.“ Die Regierung will nach den Worten von Faber erreichen, dass die Einreise von Asylsuchenden und irregulären Migranten „drastisch reduziert“ wird. Das sei notwendig, „um unsere verfassungsrechtlichen Aufgaben zu erfüllen wie Bereitstellung von Wohnungen, Gesundheitsversorgung und Bildung“.

Der radikale Kurswechsel in der Asylpolitik war bereits angekündigt worden. Die Koalition will auch den Asyl-Notstand ausrufen, um ohne Zustimmung des Parlaments Teile des Asylgesetzes außer Kraft zu setzen. Juristen bezweifeln die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. Die Frage droht, die Koalition zu spalten. Die gemäßigte Koalitionspartei NSC kündigte bereits an, dem Notstandsgesetz bei einer negativen rechtlichen Beurteilung nicht zuzustimmen.

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Auf scharfe Kritik stießen die Pläne der Koalition auch bei der Opposition. Der Fraktionsvorsitzende des rot-grünen Bündnisses, Frans Timmermans, sprach im Parlament von einer Aushöhlung des Asylrechts und will eine europäische Lösung für Probleme. „In den Niederlanden muss es immer Raum geben für Menschen, die an unsere Tür klopfen, weil sie sonst ermordet oder eingesperrt werden.“

Die Asylministerin hatte bereits zuvor entschieden, den Kommunen für die Aufnahme von abgewiesenen Asylsuchenden die Finanzmittel zu streichen. Vor allem Großstädte wie Amsterdam, Rotterdam oder Utrecht versorgen diese Menschen mit „Bett, Bad und Brot“. Bargeld bekommen sie nicht.

Experten und Behörden weisen darauf hin, dass die Zahl der neu ankommenden Asylsuchenden relativ stabil bei rund 40.000 im Jahr liegt. Doch seit Jahren gibt es Probleme bei der Unterbringung durch Sparmaßnahmen und allgemeine Wohnungsnot.

Einer Ausnahmeregel (Opt-Out) müssen alle 27 EU-Staaten zustimmen. Die niederländische Regierung wendet sich mit dem Ausscheren von dem Prinzip ab, dass in der EU Regierungen die Beschlüsse ihrer Vorgänger akzeptieren. Auch die Niederlande hatte im Dezember 2023 mit der alten Regierung der Reform des EU-weiten Asylsystems (GEAS) zugestimmt. Es wird deshalb damit gerechnet, dass die EU-Partner das Vorhaben der neuen niederländischen Regierung kritisch sehen, weil nationales Ausscheren aus gemeinsamen Beschlüssen die Stabilität der EU gefährden könnte. Für das EU-Land Dänemark gelten zwar Ausnahmen im Innen- und Justizbereich – aber diese waren beim EU-Beitritt ausverhandelt worden.

EU-Daten zufolge wurden in den Niederlanden im Jahr 2023 pro 1.000 Einwohner zwei Erstanträge auf Asyl gestellt, was dem Durchschnitt der EU entspricht. Zehn EU-Mitgliedsstaaten haben einen höheren Anteil. Nach jahrelangen Budgetkürzungen in den Niederlanden ist das einzige Registrierungszentrum des Landes für Asylbewerber jedoch überlastet, sodass Hunderte Menschen im Freien übernachten müssen.

Die Regierung will nach den Worten von Faber erreichen, dass die Einreise von Asylsuchenden und irregulären Migranten „drastisch reduziert“ wird. Das sei notwendig, „um unsere verfassungsrechtlichen Aufgaben zu erfüllen wie Bereitstellung von Wohnungen, Gesundheitsversorgung und Bildung“. Der radikale Kurswechsel in der Asylpolitik war bereits von der neuen Regierung angekündigt worden. Der Vier-Parteien-Koalition gehört nach ihrem Wahlsieg im November erstmals auch die radikal-rechte PVV an.