Österreich sieht sich als Fürsprecher Lateinamerikas in EU

Bundeskanzler Karl Nehammer © APA/Fohringer

Ungeachtet seiner ablehnenden Haltung in der Frage des Mercosur-Handelsabkommens sieht sich Österreich als Fürsprecher Lateinamerikas in der EU. „Österreich möchte insbesondere in wichtigen Zukunftsbereichen wie Energie- und Umwelttechnologien oder der Digitalisierung die Partnerschaft intensivieren und die Handelsbeziehungen verstärken“, betonte das Bundeskanzleramt am Dienstag nach einem Empfang für Lateinamerikas Botschafter durch Kanzler und Außenminister.

„Als neutrales Land mit traditionell guten bilateralen Beziehungen versteht sich Österreich auch als Fürsprecher der Region innerhalb der EU“, hieß es in der Aussendung. Die Region Lateinamerika und Karibik biete bei den Bestrebungen Europas zur Verringerung von Abhängigkeiten „enorme Chancen“, betonte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Die Partnerschaft solle „auf allen Ebenen“ gestärkt werden. „Nur so können wir eine Diversifizierung der Märkte erreichen und langfristig neue Lieferketten etablieren.“

Nehammer hatte die in Wien ansässigen Botschafterinnen und Botschafter der Region zu einem gemeinsamen Mittagessen mit Außenminister Alexander Schallenberg und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (beide ÖVP) geladen. 19 der 33 Staaten Lateinamerikas und der Karibik sind in Wien mit einer eigenen Botschaft vertreten. Der Einladung des Kanzlers folgten 17 Botschafterinnen und Botschafter, hieß es. Das Treffen fand mit Blick auf den EU-CELAC-Gipfel Mitte Juli in Brüssel statt. Laut dem Bundeskanzleramt sind die Länder dieser Region „natürliche Partner der EU, mit denen in vielen Bereichen dieselben Interessen bestehen“.

Die beiden großen Wirtschaftsregionen bemühen sich seit Jahren um eine Formalisierung ihrer Handelsbeziehungen. Als wesentlich wird diesbezüglich ein Abkommen mit dem südamerikanischen EU-Pendant Mercosur angesehen, dem Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay angehören. Nach zwei Jahrzehnten Verhandlungen hatten sich Unterhändler beider Seiten im Juni 2019 auf den Abkommenstext verständigt. Das Projekt scheiterte aber in der Folge am Widerstand der damaligen türkis-blauen österreichischen Bundesregierung, die dabei auf die Unterstützung der damaligen Oppositionsparteien SPÖ und Grüne zählen konnte. Auch die aktuelle türkis-grüne Bundesregierung lehnt das Abkommen in der jetzigen Form ab. In der Medieninformation des Bundeskanzleramtes zum Treffen mit den lateinamerikanischen Botschaftern wurde das Thema Mercosur mit keinem Wort erwähnt.

Als „Heuchelei sondergleichen“ kritisierten die NEOS den Kanzler. „Der ,Fürsprecher’ Lateinamerikas ist der einzige, der auf europäischer Ebene das Mercosur-Abkommen blockiert“, empörte sich NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker am Dienstagnachmittag in einer Aussendung. Laut Loacker enthält das EU-Mercosur-Abkommen „die Chance auf sanktionierbare Umweltklauseln, die Österreich aus einer provinziellen Sicht heraus verschenkt“.

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