Österreich weist vier russische Diplomaten aus

Diplomaten müssen Österreich in wenigen Tagen verlassen © APA/THEMENBILD/GEORG HOCHMUTH

Das Außenministerium weist vier russische Diplomaten aus. „Zwei Diplomaten der russischen Botschaft haben mit ihrem diplomatischen Status unvereinbare Handlungen gesetzt“ und wurden „zu unerwünschten Personen (Personae non gratae) erklärt“, teilte das Außenministerium am Donnerstag mit. Auch zwei Diplomaten der Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen seien zum Verlassen Österreichs aufgefordert worden. Russland protestierte dagegen und kündigte Gegenmaßnahmen an.

Die Diplomaten hätten mit dem Amtssitzabkommen unvereinbare Handlungen gesetzt, erklärte das Außenministerium. Die vier betroffenen russischen Diplomaten müssten spätestens binnen einer Woche, also mit Ablauf des 8. Februar, das Bundesgebiet verlassen, hieß es. Weitere Details wurden zunächst keine genannt. Laut Informationen der „Presse“ handelt es sich um vier Männer, die hochrangige Positionen besetzten. Sie wurden am Mittwochabend über ihre Ausweisung informiert.

Russland kritisierte die Maßnahme als „rein politisch motiviert“ und kündigte baldige Gegenmaßnahmen an. Es seien keine Beweise für einen Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorgelegt worden, so der russische Botschafter in Österreich, Dmitri Ljublinski, in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Österreich warf er vor, „bewusst unsere einst konstruktiven bilateralen Beziehungen und Dialogkanäle zu Fall zu bringen“.

Österreich hatte bereits im vergangenen April vier russische Diplomaten ausgewiesen. Nach mehrtägigem Zögern schloss sich Österreich damals den europäischen Sanktionsmaßnahmen gegen russische Diplomaten an. Russland beantwortete die Maßnahme kurze Zeit später mit der Ausweisung von vier Österreichern. Im August 2020 war ebenfalls ein russischer Diplomat ausgewiesen worden, ihm wurde Wirtschaftsspionage vorgeworfen.

Die Zahl der russischen Diplomaten in Österreich ist dennoch weiterhin hoch. Laut Außenministerium sind derzeit 181 Diplomaten aus Russland akkreditiert, davon 77 an der russischen Botschaft, vier am russischen Generalkonsulat in Salzburg, die anderen an den multilateralen Vertretungen der Russischen Föderation bei der OSZE und bei den internationalen Organisationen in Wien.

Der Russland-Experte Gerhard Mangott brachte die Ausweisung am Donnerstag mit der diplomatisch heiklen bevorstehenden OSZE-Tagung in Wien in Verbindung. „Die Ausweisung der russischen Diplomaten mag gut begründet sein. Es hat aber wohl auch damit zu tun, dass Österreich russische Vertreter trotz Reisesperren zur Sitzung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE einreisen lassen wird – wofür Österreich heftig kritisiert wird“, so Mangott im Kurznachrichtendienst Twitter. „Mit der Ausweisung der Diplomaten kann man nun dem Vorwurf begegnen, man sei russlandfreundlich“, analysierte der Politologe.

Das Außenministerium wies diese Vermutung am Donnerstag entschieden zurück. „Die Visa-Vergabe an russische Parlamentarier ist eine völkerrechtliche Verpflichtung, die aus dem Amtssitzabkommen mit der OSZE erwächst. Die Ausweisung von vier russischen Diplomaten steht damit in keinerlei Zusammenhang. Dabei handelt es sich um einen Schritt, zu dem wir uns veranlasst gesehen haben, um nationale Interessen zu schützen“, so das Außenministerium in einer Stellungnahme.

Dies wurde von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Donnerstag nochmal bestätigt: „Es gibt hier eine völkerrechtliche Pflicht für Österreich“, sagte er gegenüber dem Sender „Puls24“ in Wien. Man müsse als Amtssitzstaat internationalen Delegationen die Teilnahme an Tagungen ermöglichen. „Ich werde sicher nicht einen Völkerrechtsbruch begehen.“

Die in Wien am 23./24. Februar stattfindende Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bringt Österreich derzeit in eine Zwickmühle. 81 Abgeordnete aus 20 Ländern haben Österreich aufgefordert, die Teilnahme der russischen Delegation bei der Tagung zu verhindern. In dem Brief, aus dem die „Presse“ am Donnerstag zuerst zitierte, wird die Bundesregierung aufgefordert, russischen Abgeordneten, die unter internationalen Sanktionen stehen, keine Visa für die Einreise auszustellen. Das Außenministerium bestätigte auf APA-Anfrage am Donnerstag den Erhalt des Briefes.

Unterzeichnet wurde das der APA vorliegende Schreiben von OSZE-Delegierten aus Polen, Litauen, Belgien, Kanada, Tschechien, Dänemark, Estland, Frankreich, Georgien, Deutschland, Island, Lettland, den Niederlanden, Norwegen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Schweden, der Ukraine und Großbritannien. „Wir haben keinen Zweifel, dass die russische Delegation die Parlamentarische Versammlung der OSZE als Forum verwenden würde, um Desinformation, Fake News und Hassreden zu verbreiten“, so die Warnung der Parlamentarier. Brisant ist die OSZE-Tagung in Wien auch, weil sich am 24. Februar der Angriff Russlands auf die Ukraine zum ersten Mal jährt.

Schallenberg selbst sieht auch einen Ausschluss Russlands aus der OSZE sehr kritisch: „Wenn man solche Brücken mutwillig oder fahrlässig zu Bruch gehen lässt, wird man es irgendwann bedauern, weil irgendwann braucht man sie wieder“, sagte er zu „Puls24“. Die Organisation „war nie ein Klub gleichgesinnter Staaten“, erinnerte er.

Die Wahl von Tagungsort- und Zeit obliege der OSZE, betonte das Außenministerium am Donnerstag. „Es handelt sich um keine Einladung seitens der österreichischen Bundesregierung“, hieß es. Die Ausstellung von Visa an Personen, die an der Tagung teilnehmen sei keine politische Ermessensfrage, sondern eine Frage bestehender völkerrechtlicher Verpflichtung, hieß es erneut mit dem Verweis auf das OSZE-Amtssitzabkommen. Damit verpflichte sich Österreich als Sitzstaat, Teilnehmern die Anreise zum Tagungsort zu ermöglichen. Diese Verpflichtung umfasse auch Mitglieder der russischen Staatsduma bzw. des Föderationsrats, gegen die EU-Sanktionen verhängt wurden. Das Visum werde nur für das österreichische Bundesgebiet und nur für die Dauer der Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, sowie einen An- und Abreisetag, ausgestellt, hieß es.

Die OSZE erklärte am Donnerstag auf Anfrage, die Durchsetzung von Sanktionen sei auf nationaler Ebene festgelegt und es liege im Ermessen jeder Regierung, wie sie ihre Grenzen kontrolliere. Regierungen, die Tagungen der OSZE-Vollversammlung ausrichten, hätten sich in der Vergangenheit gelegentlich geweigert, Russen, gegen die Sanktionen verhängt wurden, Einreisevisa auszustellen. Österreich sei aber zu dem Schluss gekommen, dass seine Verpflichtungen als Gastgeberland der OSZE es erfordern, dass Delegierten internationaler Organisationen Visa zur Teilnahme an offiziellen Tagungen erteilt werden, hieß es. Bezüglich des Termins der Tagung am Jahrestag des russischen Angriffs erklärte die OSZE: „Der Termin des Wintertreffens 2023 wurde nicht extra so gewählt, dass er mit dem ersten Jahrestag der russischen Invasion zusammenfällt. Das Wintertreffen ist immer für Ende Februar geplant.“

Grüne und NEOS begrüßten am Donnerstag die Ausweisung der russischen Diplomaten. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, sprach von einem „wichtigen und notwendigen Schritt“. Von einem „wichtigen und überfälligen Schritt“, sprach auch die EU-Abgeordnete der NEOS Claudia Gamon.

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