Putin umreißt Bedingungen für Ukraine-Friedensgespräche

Der russische Präsident Wladimir Putin formuliert Bedingungen für Friedensgespräche mit der Ukraine. Russland ist demnach bereit, die Kämpfe einzustellen und Gespräche aufzunehmen, wenn sich die ukrainischen Streitkräfte aus den vier östlichen Regionen zurückziehen, die von der Regierung in Moskau annektiert wurden. Die Ukraine müsse zudem ihre Bestrebungen aufgeben, der NATO beizutreten, sagte Putin am Freitag. Die NATO und Kiew wiesen die Vorschläge zurück.

Russland würde Putin zufolge einen sicheren Abzug der ukrainischen Truppen gewährleisten. Der russische Präsident sagte bei einem Treffen mit Vertretern des Außenministeriums weiters, es gehe bei dem Friedensvorschlag nicht um eine zeitlich begrenzte Feuerpause. Der Kremlchef sprach von Minimalforderungen Russlands, um den Konflikt nicht einzufrieren, sondern endgültig zu lösen. Sollten die Ukraine und der Westen jedoch den jüngsten russischen Vorschlag ablehnen, würden sich die Bedingungen für einen neuen Vorschlag ändern und die Lage auf dem Schlachtfeld nicht zugunsten der Ukraine gestalten.

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Die Ukraine wies Putins Bedingungen für Friedensgespräche als „Augenwischerei“ zurück. „Es gibt nichts Neues, keine wirklichen Friedensvorschläge und keinen Wunsch, die Kämpfe zu beenden“, erklärte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak am Freitag im Onlinedienst X. „Man muss sich von der Illusion befreien und aufhören die ‚Vorschläge Russlands‘ ernst zu nehmen, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen“, schrieb Podoljak weiter.

Ähnlich äußerte sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. „Dies ist kein Friedensvorschlag“, sagte Stoltenberg am Freitag zum Abschluss eines Verteidigungsministertreffens in Brüssel. „Dies ist ein Vorschlag für mehr Aggression, mehr Besatzung.“

Nach den Worten von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin kann Putin der Ukraine keine Bedingungen für einen Frieden diktieren. „Putin hat souveränes ukrainisches Territorium widerrechtlich besetzt“, sagte Austin in Brüssel. „Wir wollen nicht, dass der Anführer eines Landes eines Tages aufwacht und beschließt, die Grenzen seines Nachbarn auszulöschen und dessen Gebiet zu annektieren. Das ist nicht die Welt, in der wir alle leben wollen.“

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Putin äußerte sich kurz vor Beginn eines Treffens in der Schweiz, an dem am Wochenende Vertreter von mehr als 90 Ländern und Organisationen Möglichkeiten für einen Frieden in der Ukraine ausloten wollen. Russland ist allerdings nicht eingeladen. Die Konferenz im Schweizer Tagungshotel Bürgenstock bei Luzern am Samstag und Sonntag soll vor allem internationale Unterstützung für die Ukraine mobilisieren – auch bei Ländern, die Russland freundlich gesonnen sind. Unter anderem nehmen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), US-Vizepräsidentin Kamala Harris und der französische Präsident Emmanuel Macron teil.

Die Konferenz in der Schweiz solle nur von den wirklichen Ursachen des Konflikts ablenken, nämlich der Politik des Westens, sagte Putin. „Der Westen ignoriert unsere Interessen.“ In seiner Rede vor Außenminister Sergej Lawrow und anderen Vertretern der Behörde in Moskau wiederholte Putin alle Forderungen, die er schon zu Beginn des von ihm befohlenen Angriffskrieges im Februar 2022 aufgestellt hatte. Es gehe um eine neutrale, blockfreie, und atomwaffenfreie Ukraine, sagte Putin. Außerdem solle die Ukraine abrüsten. Sie müsse „denazifiziert“ werden – worunter Russland eine ihm genehme Führung in Kiew versteht. Bereits 2014 hatte es die ukrainische Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert. Nach mehr als zwei Jahren Krieg kontrolliert Russland etwa ein Fünftel des ukrainischen Territoriums.

„Die Bedingungen sind sehr einfach“, sagte Putin und forderte den vollständigen Abzug der ukrainischen Truppen aus dem gesamten Gebiet der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja im Osten und Süden der Ukraine. „Sobald sie in Kiew erklären, dass sie zu einer solchen Entscheidung bereit sind und mit einem tatsächlichen Truppenabzug aus diesen Regionen beginnen, sowie auch offiziell den Verzicht auf ihre Pläne für einen NATO-Beitritt verkünden, wird von unserer Seite sofort, buchstäblich in derselben Minute, ein Befehl zur Feuereinstellung und zur Aufnahme von Verhandlungen folgen.“

Das „westliche Modell“ zur globalen Sicherheit sei gescheitert, erklärte Putin weiter. Man werde derzeit Zeuge, wie das europäisch-transatlantische System zusammenbreche. Die Welt habe diesbezüglich einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gebe. Er wirft insbesondere den USA vor, die globale Sicherheit zu untergraben. Putin fordert den Aufbau eines neuen globalen Sicherheitssystems. Dieses werde jedem offenstehen, auch der NATO. „Wir haben unsere Partner eingeladen, über dieses Thema auf anderen internationalen Plattformen zu sprechen, vor allem in der SCO (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, Anm.) und den BRICS.“ Es sei „Zeit“ für eine Diskussion über „ein neues System bilateraler und multilateraler kollektiver Sicherheitsgarantien in Eurasien“.

Putin kritisierte außerdem die Entscheidung der G7-Staaten, eingefrorenes russisches Staatsvermögen für die angegriffene Ukraine zu nutzen, scharf als Diebstahl. Westliche Staaten bemühten sich derzeit um eine rechtliche Grundlage für ihre Entscheidung, sagte Putin. „Aber ungeachtet aller Kniffe: Raub bleibt definitiv Raub“, fügte er hinzu – und drohte: Die Entscheidung der Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen (G7) werde „nicht ungestraft bleiben“.

Bei ihrem Gipfel in Italien hatten Unterhändler der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten sich am Donnerstag darauf verständigt, mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen ein Kreditpaket im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zu finanzieren. Das Geld soll der Ukraine bis Ende des Jahres zur Verfügung gestellt werden.

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