Im Streit über die EU-Finanzen der nächsten sieben Jahre haben sich die Fronten vor dem am Donnerstag beginnenden Sondergipfel noch einmal verhärtet. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich skeptisch, ob die 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel zu einer Einigung kommen.
„Wir finden, dass unsere Belange an vielen Stellen noch nicht ausreichend berücksichtigt sind, und so sehe ich sehr harte und schwierige Verhandlungen vor uns“, sagte Merkel am Mittwoch. Sie rechnete vor, dass wegen des britischen EU-Austritts selbst bei 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die EU-Kasse für Deutschland Mehrausgaben von zehn Milliarden Euro auf dann 38 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten würde.
Auch Kurz skeptisch
Zum aktuellen Vorschlag von EU-Ratspräsident Charles Michel sagte Kurz, dass dieser „Bewegung in die richtige Richtung“ zeigt. „Sehr kritisch“ sehe Österreich, so Kurz, allerdings Kürzungen bei der ländlichen Entwicklung. Stattdessen sehe man Einsparungspotenziale bei der Verwaltung, der Kohäsion, dem Eurozonenbudget und dem Verteidigungsfonds.
Michels Haushaltsplan umfasst gut eine Billion Euro für die Jahre 2021 bis 2027. Dafür sollten alle Mitgliedstaaten 1,074 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in die EU-Kasse einzahlen. Große Nettozahler wollen nicht mehr als 1,0 Prozent geben.
Frankreich will mehr Geld für Landwirtschaft
Frankreich reichen die 329,3 Milliarden Euro nicht, die Michels für die Landwirtschaft vorsieht. Der vorgesehene Betrag für die Landwirtschaft sei zu gering, weil die Bauern erheblich zum Erreichen der EU-Klimaziele beitragen sollen, sagte ein EU-Diplomat.
Mehrere ärmere Länder finden vorgesehene Kürzungen in der Kohäsionspolitik, die wirtschaftlich schwächeren Regionen helfen soll, inakzeptabel. Die Niederlande wollen auf diesen beiden Gebieten, den größten im EU-Haushalt, weitere 70 bis 80 Millionen Euro kürzen.
Italiens Premier Giuseppe Conte sagte Streit über die geplanten Verteidigungsausgaben voraus. Michel sieht eine Steigerung dieser Mittel um mehr als 600 Prozent auf gut 14 Milliarden Euro vor.
Michel ist aber fest entschlossen, eine Einigung erzielen. „Die Zeit für einen Deal ist gekommen“, hieß es am Mittwoch in Brüssel.