Peter Pellegrini wird neuer Präsident der Slowakei

Parlamentspräsident Pellegrini als Regierungskandidat © APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK

Der neue Staatspräsident der Slowakei heißt Peter Pellegrini. Laut von der Staatlichen Wahlkommission am Sonntagvormittag veröffentlichtem offiziellen Endergebnis erhielt der aktuelle, sozialdemokratische Parlamentspräsident in der Stichwahl am Vortag 53,12 Prozent der Wählerstimmen. Der parteilose Ex-Diplomat Ivan Korčok kam auf lediglich 46,87 Prozent. In der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen war der Ex-Außenminister noch knapp vor Pellegrini gelegen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte Pellegrini zum Wahlsieg. „In diesen herausfordernden Zeiten wird (eine konstruktive Kooperation, Anm.) der Schlüssel sein, um die exzellenten Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern als Nachbarn und Partner innerhalb der EU weiter zu stärken“, so Van der Bellen am Sonntag auf X (früher Twitter).

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Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte in der Slowakei waren am Samstag aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt für die nächste fünfjährige Amtszeit zu bestimmen. Das Ergebnis wird sich auf den künftigen Kurs des Landes auswirken. Pellegrini wird dem pro-russischen Lager zugerechnet.

Das in der Slowakei allgemein erwartete Wahldrama hat somit nicht stattgefunden. Pellegrini konnte seinen Rivalen um über 6 Prozentpunkte schlagen. Er ist der sechste Präsident seines Landes, der von den Bürgern in einer Direktwahl bestimmt wurde. Die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 61 Prozent.

Kurz nach Mitternacht bedankte sich Pellegrini bei seinen Wählern und Anhängern. „Es ist für mich eine große Verpflichtung, eine gewaltige Ehre“, meinte er. Nach allem, was er im Wahlkampf einstecken habe müssen, zugleich aber auch eine große Genugtuung, fügte er hinzu. An seiner Seite stand bei der Dankesrede auch der linkspopulistische Ministerpräsident Robert Fico. Es habe sich gezeigt, dass ein Großteil des Landes einen Regierungsstil, wie ihn Ficos Kabinett angenommen hat, sowie eine Fortsetzung dieser Politik wünsche, kommentierte er die Ergebnisse.

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Kurz zuvor gestand Korčok seine Niederlage ein, kritisierte dabei aber zugleich die Wahlkampftaktik des Regierungslagers heftig. Nicht nur habe sich erwiesen, „dass man Präsident werden kann, indem man Hass verbreitet“. Man könne auch gewinnen, wenn man den Anderen zum „Kandidaten des Krieges“ mache, erklärte er in Anspielung auf das von Regierungspolitikern verbreitete Narrativ, dass Korčok als Präsident die Slowakei in den Krieg im Nachbarland Ukraine hineinziehen würde. Er respektiere, dass in der Stichwahl eine rekordhohe Wahlbeteiligung entschieden habe, seiner Meinung nach aber auch Angst. Korčok wurde von der pro-europäischen, liberalen Opposition unterstützt.

Das Ergebnis bedeutet weiteren Aufwind für den Linkspopulisten Fico, der mehr Kontrolle über die Medien, eine Aufweichung der Anti-Korruptionsgesetze und weniger Hilfe für die Ukraine anstrebt. Und es zeigt auch, dass die regierungskritischen Proteste auf den Straßen und der Widerstand eines Teils der bürgerlichen Gesellschaft, der liberalen Opposition und Medien nicht die Gesamtstimmung im tief polarisierten EU- und NATO-Land Slowakei widergespiegelt haben. Ein größerer Teil der Gesellschaft scheint die Sorge der Fico-Kritiker um Rechtsstaat und Demokratie, sowie deren eindeutige Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine nicht zu teilen.

Fico stoppte die staatliche Militärhilfe an das Nachbarland Ukraine zur Verteidigung gegen Russland, weil diese nur eine Fortsetzung des Krieges bedeute, während er für Frieden sei, argumentierte er. Er tauschte die Leitung der Polizei und wichtiger staatlicher Behörden aus und leitete im vergangenen Dezember eine umstrittene Justizreform in die Wege, in der die liberale Opposition wie auch die EU-Kommission eine Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in der Slowakei sehen. Auf Antrag der scheidenden Präsidentin Zuzana Čaputová hin setzte das Verfassungsgericht Teile der Reform inzwischen vorläufig außer Kraft. Jüngst werden Fico und seiner Regierung auch Angriffe auf die Pressefreiheit vorgeworfen. Das Oppositionslager befürchtet, dass Pellegrini als Präsident nur der verlängerte Arm Ficos im Präsidentenpalast sein werde.

Ivan Korčok erhielt in der Stichwahl über 1,2 Millionen Wählerstimmen, laut dem offiziellen Endergebnis um 165.000 weniger als Pellegrini. Entscheidend für den Wahlausgang war die rekordhohe Wahlbeteiligung von 61,14 Prozent, analysierten Beobachter. Peter Pellegrini habe ein sehr starkes Mandat erhalten, hieß es.

Worauf das hohe Wählerinteresse zurückzuführen ist, werde man erst noch feststellen müssen. „Ich kann jetzt nicht sagen, ob es wirklich die Angst war, ob es das Thema des Ukraine-Konflikts war, das die Wähler mobilisiert hat“, meinte Martin Slosiarik, Chef der Umfrageagentur Focus für den TV-Sender Markiza. In hohem Maße bestätigt das Ergebnis aber die tiefe Polarisierung der Slowakei, beide Lager werden auch in den nächsten Monaten einander gegenüber stehen, es könne sehr konfrontationsgeladen werden. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das Land beruhigen wird“, fügte Slosiarik hinzu.

Faktisch hat der Präsident in der Slowakei überwiegend repräsentative Aufgaben. Seine Bedeutung steigt aber – wie in Österreich – in Krisenzeiten. Er kann etwa ein Expertenkabinett nach seinen Vorstellungen einsetzen, wie es Čaputová nach dem Sturz der rechtskonservativen Regierung Eduard Hegers im Vorjahr getan hatte. Sie selbst wollte sich nicht mehr für eine zweite Amtszeit bewerben, auch wegen häufiger Verbalattacken des Regierungslagers gegen sie und ihre Familie. Die Amtszeit der aktuellen Präsidentin läuft am 15. Juni aus.

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