Ukraine meldet massive Luftangriffe auf Energieanlagen

Luftangriff auf Kiew und andere Regionen © APA/UKRAINIAN EMERGENCY SERVICE/HANDOUT

Russland hat nach ukrainischen Angaben bei nächtlichen Luftangriffen erneut die Stromversorgung in der Ukraine attackiert. Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko sprach am Mittwoch in der Früh auf dem Kurznachrichtendienst Telegram von einem „weiteren massiven Angriff“ auf die Energieindustrie. Mehr als 50 Raketen und 20 Drohnen seien eingesetzt worden. 39 von 55 Raketen und 20 von 21 Drohnen seien abgeschossen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe mit.

Ziel seien Stromerzeugungs- und -übertragungsanlagen in den Regionen Poltawa, Kirowohrad, Lwiw, Iwano-Frankiwsk, Winnyzja und den ukrainisch kontrollierten Teil des Gebietes Saporischschja. Das gleichnamige Atomkraftwerk Saporischschja liegt im russisch besetzten Teil außerhalb der Zielgebiete des Bombardements. Der landesweit größte private Stromversorger DTEK teilte mit, dass es schwere Schäden bei drei Wärmekraftwerken gegeben habe. Der Stromnetzbetreiber Ukrenergo berichtete von Schäden an einer Anlage in der Zentralukraine.

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Techniker arbeiteten bereits daran, die Schäden zu beheben. Das genaue Ausmaß werde noch ermittelt. „Der Feind möchte uns die Fähigkeit nehmen, Strom in ausreichender Menge zu erzeugen und zu übertragen“, schrieb der Minister. Er rief die Bevölkerung zum Stromsparen auf, das sei ein „Beitrag zum Sieg“.

Der schwersten Angriffe seit Monaten fand am Tag des Gedenkens und der Versöhnung zu Ehren der Opfer des Zweiten Weltkriegs statt. „Die ganze Welt muss klar verstehen, wer wer ist. Die ganze Welt hat kein Recht, dem Nazismus eine weitere Chance zu geben“, schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Telegram. Zum Zeitpunkt der deutschen Kapitulation war in Russland bereits der 09. Mai angebrochen, weshalb dort am Donnerstag dem Weltkriegsende gedacht wird.

Der nächtliche Luftalarm in weiten Teilen der Ukraine begann, als russische Kampfdrohnen im Anflug waren. Danach kamen Raketen zum Einsatz. Eine davon zielte nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe auf Kiew. Später hieß es von der Militärkommandantur der Hauptstadt, alle anfliegenden Objekte seien abgefangen worden. Im Vorort Browary geriet ein nicht näher bezeichnetes Objekt der zivilen Infrastruktur in Brand, wie Bürgermeister Ihor Saposchko mitteilte. In der Region um die Hauptstadt wurden nach Angaben des Innenministeriums zwei Menschen verletzt, in der Region Kirowohrad ein weiterer.

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In mehreren Regionen sind die Behörden daher gezwungen, die Stromversorgung zu rationieren. Nach Angaben des Gouverneurs von Lwiw im Westen der Ukraine wurde dort auch ein Gasdepot angegriffen, wie Radio Free Europe/Radio Liberty berichtete.

Auf den Westen der Ukraine wurde nach Luftwaffenangaben eine Hyperschallrakete Kinschal abgefeuert. Dort wurde nach örtlichen Angaben ein Objekt der Gasversorgung bei der Stadt Stryj beschädigt. Insgesamt sei es gelungen, 39 Raketen und 20 Drohnen abzufangen, teilte die Luftwaffe mit.

Bei russischen Luftangriffen auf die ostukrainische Millionenstadt Charkiw sind nach offiziellen Angaben sieben Menschen verletzt worden, darunter vier Minderjährige. Ein achtjähriges Mädchen und drei Buben im Alter zwischen 13 und 15 Jahren seien ins Krankenhaus eingeliefert worden, teilte der Militärgouverneur der Region, Oleh Synjehubow, am Mittwoch auf seinem Telegramkanal mit. „Zwei Buben sind schwer verletzt, ein Bub und das Mädchen mittelschwer“, schrieb Synjehubow. Das Geschoss schlug demnach in einer Bildungseinrichtung ein.

Russland beschießt in seinem seit mehr als zwei Jahren währenden Angriffskrieg fast jede Nacht Ziele im ukrainischen Hinterland. Dabei versucht Moskau, nicht nur militärische Ziele zu treffen, sondern auch das Energiesystem der Ukraine auszuschalten. Auch rein zivile Ziele werden immer wieder getroffen.

Aus Moskau gab es zunächst keine konkrete Stellungnahme. Außenamtssprecherin Maria Sacharowa wies allerdings den Vorwurf zurück, Russland nehme bewusst zivile Ziele in der Ukraine ins Visier. Russland greife niemals zivile Ziele an, sagte sie. Die Ukraine hat wiederholt beklagt, nicht über ausreichend Flugabwehr zu verfügen, um die russischen Luftangriffe abwehren zu können. Die westlichen Verbündeten haben daher eine Initiative gestartet, dem Land mehr Flugabwehr zur Verfügung zu stellen. Russland hat die Ukraine am 24. Februar 2022 völkerrechtswidrig angegriffen. Seitdem halten russische Truppen Gebiete im Osten und Süden des Landes besetzt.

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