
An der Grenze zwischen Belarus und Polen sitzen nach Angaben aus dem Irak fast 8.000 Flüchtlinge aus den dortigen Kurdengebieten fest. Die kurdische Regionalregierung bemühe sich darum, ihnen humanitäre Hilfe zukommen zu lassen, sagte ein Regierungssprecher am Donnerstagabend dem kurdischen TV-Sender Rudaw. Er warf der Regierung in Minsk vor, die Menschen als „politische Trumpfkarte gegen die Europäische Union“ zu benutzen.
Iraks Zentralregierung will nach eigenen Angaben Flüchtlinge aus Belarus zurück in die Heimat bringen. Die irakische Botschaft in Moskau rief sie dazu auf, sich für Rückflüge registrieren zu lassen. Ein Sprecher des irakischen Ministeriums für Migration sagte jedoch der Deutschen Presse-Agentur, ein Großteil von ihnen wolle nicht zurück. Die Menschen seien Opfer von Schleusernetzwerken geworden.
Der Irak hatte bereits im August die Flüge nach Belarus gestoppt, um die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen. Die Menschen kommen aber über andere Flughäfen nach Minsk und von dort weiter an die Grenze.
Die Kurdengebiete im Norden des Irak besitzen eine weitgehende Autonomie. Sie leiden aber wie das gesamte Land unter einer Wirtschaftskrise, die sich durch den Ölpreisverfall während der Corona-Krise verschärft hat. Im Nordirak greift die türkische Armee zudem immer wieder Ziele der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK an, die in den dortigen Kandil-Bergen ihr Hauptquartier hat.
Polnische Sicherheitskräfte sind Polizeiangaben zufolge in der Nacht zum Freitag mehrfach an der Grenze von Polen zu Belarus eingeschritten, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. In der Nähe des Ortes Kuznica hätten belarussische Soldaten am Donnerstagabend versucht, eine rund 35 Menschen zählende Migrantengruppe gewaltsam über die Grenze zu drängen, zitierte die Agentur PAP am Freitag den örtlichen Polizeisprecher Tomasz Krupa.
Unter den Migranten waren demnach überwiegend Frauen und Kinder. Viele Angaben aus dem Grenzgebiet lassen sich nicht abschließend überprüfen, weil unabhängigen Journalisten bisher der Zutritt verwehrt wurde.
Die Migrantengruppe sei in Richtung der Grenzanlage aus Stacheldraht getrieben worden, hieß es weiter. Polnische Polizisten, Grenzschutzbeamte und Soldaten hätten sie daran gehindert, die Grenze zu überqueren. In der Gegend halten sich laut polnischer Polizei noch etwa 200 Menschen auf, die von belarussischen Soldaten bewacht würden.
Dutzende Sicherheitskräfte seien zudem in der Nähe des Ortes Polowce eingeschritten, als sich auf der belarussischen Seite der Grenze eine Gruppe von rund 100 Migranten ansammelte. Sie hätten allerdings nicht versucht, die Grenze zu passieren.
Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze hat sich seit Wochenbeginn dramatisch verschlechtert, als Tausende Migranten sich von belarussischer Seite aus auf den Weg in Richtung EU machten. Bereits mehrfach versuchten größere Gruppen vergeblich, die Zaunanlage zu durchbrechen, mit der Polen sie von einem Grenzübertritt abhalten will. Die EU hat neue Sanktionen auf den Weg gebracht, die Anfang nächster Woche formell beschlossen werden könnten.
Die Regierung in Warschau und die EU werfen dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen.