Van der Bellen empfing Juden: Antisemitismus „unerträglich“

Van der Bellen bekam eine Autobiografie überreicht © APA/EVA MANHART

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die Gäste des Jewish Welcome Service in der Wiener Hofburg willkommen geheißen. „Es ist gut, dass Sie die Tradition von Begegnung und Austausch fortführen“, sagte er am Donnerstag zu den Nachfahren von vor den Nazis geflohenen Jüdinnen und Juden. Der Besuch freue ihn, so Van der Bellen, denn: „Sie gehören zu diesem Land.“ Den aktuell grassierenden Antisemitismus bezeichnete er als „unerträglich“.

In Begleitung seiner Frau Doris Schmidauer und IKG-Präsident Oskar Deutsch empfing der Bundespräsident die Besucherinnen und Besucher im gut gefüllten Spiegelsaal. Das Jewish Welcome Service organisiert seit 1980 Besuchsprogramme für aus Wien vertriebene Jüdinnen und Juden sowie deren Nachkommen. Die Republik Österreich habe „zu viele Jahre gebraucht, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden“, sagte Van der Bellen. Man dürfe nicht still bleiben, „wenn Juden wieder gejagt, verfolgt und ermordet werden“.

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Israel müsse ein „sicherer Hafen“ für alle Jüdinnen und Juden sein, so Van der Bellen. Doch die Attacken der Hamas vom 7. Oktober 2023 habe viele Menschen traumatisiert. „Die Ereignisse haben einen Antisemitismus an die Oberfläche gebracht, der nie ganz weg war.“ Angesprochen auf die zuletzt steigende Zahl an antisemitischen Vorfällen sagte der Präsident: „Ich finde es unerträglich, jüdische Menschen verantwortlich zu machen.“ Laut des am Mittwoch präsentierten Jahresberichts der Antisemitismus-Meldestelle hat sich die Zahl der gemeldeten antisemitischen Vorfälle pro Tag seit dem Angriff der Hamas auf Israel verfünffacht. Van der Bellen: „Wir sind alle gefordert. Hass hat keinen Platz.“

Im Anschluss wandte sich Susanne Trauneck, Generalsekretärin des Jewish Welcome Service, an die Gäste. Der Empfang mit Van der Bellen sei „ein Highlight des Besuchs“. Bezogen auf die Anwesenden sprach Trauneck von einer „Reise zu Ehren Ihrer Eltern und Großeltern“. Sie verstehe, dass das Verhältnis zu Österreich oft ambivalent sei und gemischte Gefühle herrschen würden. Diesmal seien Jüdinnen und Juden aus Israel, Australien, England und den USA nach Österreich gekommen.

Die Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, Hannah Lessing, bezeichnete es als eine „Ehre und Freude“, an der Veranstaltung teilzunehmen. „Die Geschichten Ihrer Familien sind ein wichtiger Teil von Österreich.“ Das Wissen über die eigenen Vorfahren sei für alle Menschen wichtig: „Der Holocaust beeinflusst auch noch Kinder und Enkelkinder.“ Lessing verwies auf die Aufgabe des Nationalfonds, Überlebende finanziell zu unterstützen, und hob die Möglichkeit hervor, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen.

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Einer der Gäste, Carlos Burger, dessen Eltern vor den Nazis geflohen waren, überreichte seine Autobiografie „Resilience: A Story of Survival“ an Van der Bellen. „Ich bin stolz, hier zu stehen. Es ist ein sehr emotionaler Moment“, sagte Burger. Die Unterstützung des Bundespräsidenten sei eine „Inspiration und Freude“ für ihn, er sei erst kürzlich österreichischer Staatsbürger geworden.

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