EU-Wahlkampf und Arbeitszeitdebatte am 1. Mai

Babler absolvierte ersten Auftritt am 1. Mai in Wien © APA/FLORIAN WIESER

Die diversen Kundgebungen und Aktionen zum 1. Mai sind am Mittwoch vor allem im Zeichen der EU-Wahl gestanden. Die größte Veranstaltung fand traditionell in Wien am Rathausplatz statt, wo die SPÖ ihre Kundgebung abhielt. Der Bundesparteivorsitzende Andreas Babler absolvierte dort seinen ersten Auftritt am Tag der Arbeit – den er sogleich nutzte, um gegen eine wie er befand drohende Verlängerung der Regelarbeitszeit zu wettern.

Tausende Menschen lauschten vor dem Rathaus den Worten des neuen Parteichefs, der gemeinsam mit der Delegation aus dem 14. Bezirk – und mit SPD-Chefin Saskia Esken – gekommen war. Babler kritisierte Vorschläge zu einer Arbeitszeitverlängerung. Dies sei eine „Verrücktheit“, befand er in seiner Rede. „Was kommt als nächstes, die Prügelstrafe wieder einführen?“ Damit gehe man zurück in ein anderes Jahrhundert. „Wir wollen aufbrechen in eine neue Zeit, wir beschäftigen uns nicht mit diesen Schwachsinnigkeiten“, sagte er.

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Nötig sei vielmehr eine Arbeitszeitverkürzung, betonte der SPÖ-Chef. Diese würde die Zufriedenheit der Beschäftigten stärken und die Produktivität erhöhen. Babler zeigte sich überzeugt, dass ÖVP und FPÖ alle Errungenschaften „abmontieren“ wollten, die man in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut habe. Es gehe nun darum, eine autoritäre Wende zu verhindern. Man stehe wie ein Bollwerk zusammen, um die demokratischen Grundpfeiler zu verteidigen, versicherte er- mit Blick auf den Ballhausplatz, wo er hoffe, bald als Kanzler Verantwortung zu übernehmen, wie er ausführte.

Wiens Parteichef Michael Ludwig nahm die Bundesregierung etwa wegen der im europäischen Vergleich hohen Inflation ins Visier. „Wir machen Politik für die Menschen“, schwor er. Im Gegensatz zu anderen beschränke man sich nicht auf „PR-Gags“. Er forderte auch einmal mehr, im Asylbereich den Zuzug nach Wien aus anderen Bundesländern einzudämmen. Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl freute sich bei ihrem Auftritt über den Erfolg bei der jüngsten AK-Wahl und die rote Wiener Frauenvorsitzende Marina Hanke kritisierte die Frauenpolitik der Regierung und warnte vor Einschränkungen und Verboten beim Schwangerschaftsabbruch.

Die traditionelle Kundgebung stand heuer offiziell im Zeichen der EU-Wahl, somit durfte auch SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder von der Tribüne sprechen. Bei der Wahl stehe „extrem viel“ auf dem Spiel, zeigte er sich überzeugt. Schieder sprach von einer Richtungsentscheidung. Friede und Freiheit könne es nur in einem demokratischen Europa geben. Schon jetzt habe man in einigen Ländern gesehen, dass soziale Netze zerschnitten und etwa Frauenrechte „scheibchenweise“ beschnitten würden.

Die zweitgrößte Veranstaltung ging in Linz über die Bühne. Die FPÖ hatte dort ins Festzelt am Urfahraner Jahrmarkt geladen. Parteichef Kickl versprach dort, als „Volkskanzler“ das System umdrehen zu wollen. Dazu brauche die FPÖ den ersten Platz bei der Nationalratswahl, meinte er. Die FPÖ sei die einzige Partei, „die aufseiten der österreichischen Bevölkerung steht und für euch Politik macht“. Alle anderen hätten nur unterdrückt, gespalten oder manipuliert.

Kickl lobte das britische Modell der Remigration. Dies sei dort möglich, weil man sich in Großbritannien „herausmanövriert haben aus den Wahnsinnigkeiten der EU“. EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky sah viel Arbeit im Superwahljahr, „am 9. Juni von der Leyen und Co mit einem Tritt in ihren Allerwertesten aus ihrem Ämtern jagen“, Nummer zwei die österreichische Bundesregierung aus dem Amt zu jagen und als drittes Mario Kunasek in der Steiermark zum Landeshauptmann zu machen.

Zusammenarbeit in Europa sei nichts Schlechtes, konstatierte der blaue Spitzenkandidat. Es gelte nur die Leute auszutauschen und „eine Festung zu ziehen“, sagte Vilimsky. Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner rief dazu auf, zur EU-Wahl zu gehen: „Dort müssen wir unbedingt stärker werden.“

Vor einem Austritt aus der EU warnten hingegen die NEOS, die den 1. Mai ebenfalls für ihren EU-Wahlkampf genutzt haben. 690.000 Arbeitsplätze wären durch einen Öxit gefährdet, rechnete der pinke EU-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter bei einem Auftritt beim Parlament vor. Beteuerungen der FPÖ, dass sie nicht für einen Öxit sondern für Reformen der EU eintrete, schenken die NEOS keinen Glauben, stellte Brandstätter klar. Dieses Europa jetzt zu gefährden, wäre das Schlimmste überhaupt, was man den kommenden Generationen antun könnte, warnte er.

ÖVP-EU-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka hat am 1. Mai mit dem steirischen Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) Einsatzorganisationen in Hartberg besucht. „Es sind unsere gut ausgebildeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den Unternehmen, die Österreichs Wirtschaft und Wohlstand seit unserem EU-Beitritt überdurchschnittlich ausgebaut haben“, wurde Lopatka per Aussendung zitiert. Dieser 1. Mai sei für ihn gleich zweifach ein Feiertag, immerhin jähre sich am Mittwoch auch zum 20. Mal die EU-Osterweiterung, die politische Stabilität und wirtschaftlichen Aufschwung für die zehn Länder und – durch gestiegene Exporte – auch für Österreich gebracht habe.

Die Grünen betätigten sich am Vormittag am Wiener Donaukanal kreativ. „Es ist Feiertag, aber für Mama kein freier Tag“ lautete die Parole, die die Grünen EU-Kandidatinnen und Kandidaten Lena Schilling, Thomas Waitz und Ines Vukajlović anlässlich des Tages der Arbeit am Mittwoch an eine Wand sprayten. Mit der Aktion solle darauf aufmerksam gemacht werden, dass Frauen immer noch den Großteil der unbezahlten oder schlecht bezahlten Pflegearbeit übernehmen, hieß es.

Das Graffiti zeigt auch eine Frau im grünen T-Shirt mit angespanntem Oberarm, angelehnt an die berühmte amerikanische Pose der Frauenbewegung. „Der Tag der Arbeit ist ein Tag, an dem wir über die Errungenschaften reden. Was wir aber ganz oft in der Frage von Arbeit nicht thematisieren, ist, die unbezahlte Arbeit, die Frauen leisten“, betonte Schilling. Frauen würden durchschnittlich pro Tag vier Stunden mehr Arbeit im Haushalt und mit Kindererziehung verbringen als Männer.

Die KPÖ nutzte den Tag der Arbeit, um offiziell in den EU-Wahlkampf zu starten. Sie präsentierte in Wien-Neubau ihre Wahlplakate und erste Eckpunkte des Wahlprogramms. Zentral sollen im EU-Wahlkampf der KPÖ die Themen Krieg und Frieden sein. In der EU orteten sie eine „Kriegslogik“. Diese müsse einer „Friedenslogik“ weichen, forderte der KPÖ-Vorsitzende und Spitzenkandidat für die Europawahl Günther Hopfgartner. Zum Einsatz kommt etwa der Slogan „Wohnen statt Kanonen“.

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