VOLKSBLATT: Wo und wie haben sie heuer im Sommerurlaub ihre Batterien aufgeladen?
KLAUS LUGER: Wir fahren traditionell nach Kroatien, wo wir seit vielen Jahren ein Haus mieten und wo wir als Familie unseren Sommerurlaub verbringen. Da komme ich dann mehr zum Lesen, primär über Stadtentwicklung, Architektur und alles, was mit Digitalisierung zu tun hat. Auch habe ich mehr Zeit, um Sport zu betreiben, Einkaufen zu gehen und zu kochen.
Thematisch ist ja immer viel los: Unlängst wurde die Studie zur Bodenversiegelung in Städten publiziert, die Linz kein gutes Zeugnis ausstellt. Welche Schlüsse ziehen sie daraus?
Dieses WWF-Papier ist alles, nur keine Studie. Wenn man die Anzahl der Bevölkerung durch die verbaute Fläche dividiert, ist das eher eine Textaufgabe. Es wurden völlig absurde Dinge vermengt. Fakt ist, dass 50 Prozent der Linzer Fläche nach wie vor Grünland oder Gewässer sind. Das ist für eine Industriestadt ein Wert, den man sonst in Europa nicht findet. Zudem zeigt die Zehnjahresbilanz einen Zuwachs von nur 3,5 Prozent, obwohl wir jedes Jahr tausend neue Wohnungen bauen und wir mehr Arbeitsplätze als Einwohner aufweisen. Damit haben wir den geringsten Zuwachs aller Landeshauptstädte.
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Trotzdem, gibt es Schlüsse, die Sie aus dem WWF-Papier ziehen?
Die viel diskutierte Änderung der Strategie, in die Höhe zu gehen, hat sich als richtig herausgestellt. Ob wir für 20 oder 40 Wohnungen dieselbe Fläche versiegeln, macht eben einen Unterschied. Denn grundsätzlich nehme ich es sehr ernst, wie wir mit unseren Flächen umgehen.
Wohin soll sich die Stadt in den nächsten Jahren entwickeln?
Entscheidend wird sein, die Weichenstellungen für die Energiewende in der Industrie zu schaffen. Da werden die nächsten fünf Jahre entscheidend, auch wenn es nicht in fünf Jahren gehen sein wird. Ganz konkret um die Umstellung auf Wasserstofftechnologie inklusive dem Ausbau der Netze, auch für die PV-Anlagen.
Und sonst?
Es gilt, die riesigen Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Da sind wir in Linz relativ weit, denn wir haben in der Stadtregierung vor rund zehn Jahren beschlossen, dass wir Digitalisierungs- und Innovations-Hauptstadt werden wollen. Dafür hatten wir die richtigen Partner in der Großindustrie, die dafür gesorgt hat, dass unheimlich viel IT und auch Risikokapital nach Linz gekommen ist – dank der Tabakfabrik, dank einer Start-up-Szene. Jetzt geht es darum, die Digitalisierung weiter zu forcieren. Mit der IDSA (Technische Uni/Anm.) kommt der nächste Schritt.
Das bedeutet?
Wir sind wirklich eine Digitalisierungsstadt geworden, vor fünf Jahren waren Graz und Wien da noch vor uns. Wenn wir das auch weiter schaffen und vorantreiben, dann bleibt die Industrie unser Asset.
Im November begehen sie ihren 10 Jahrestag als Bürgermeister, welche Meilensteine fallen ihnen — neben der Digitalisierung — ad hoc ein?
Die Entwicklung von Innovation inklusive der Tabakfabrik. In der Sport-Infrastruktur haben wir viel weitergebracht, bis vor zehn Jahren ist in Stadt und Land die Komplettierung der kulturellen Infrastruktur im Fokus gestanden, seitdem haben wir im Sport viel nachgeholt. Und natürlich, auch wenn es eine negative Sache war, der Vergleich mit der Bawag, denn das war ein echtes Damoklesschwert. Und natürlich viele Themen und Weichenstellungen in der Stadtentwicklung wie Ebelsberg oder die Eisenbahnbrücke. Keine Stadt ist fehlerfrei, ich glaube aber, dass Linz im Großen und Ganzen eine lebenswerte Stadt ist.
Die SPÖ hat turbulente Zeiten hinter sich – glauben sie, dass jetzt Ruhe einkehrt?
Ich glaube, dass in der Bundespartei die Phase der totalen Kalamitäten und internen Querelen überwunden sind. Die inhaltlichen Differenzen zwischen einzelnen Gruppen und handelnden Personen sind aber nicht bereinigt. Da gilt es, Mehrheitsentscheidungen herbeizuführen, dafür ist der Bundesparteitag am 11. November entscheidend.
Ein viel diskutiertes Thema ist die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, wie stehen sie dazu?
Ich halte derzeit diese Diskussion aus volkswirtschaftlichen Gründen für nicht notwendig und die 32-Stunden-Woche auch für völlig undurchführbar. Denn wir erleben quer durch die Berufsfelder einen unheimlichen Arbeitskräftemangel durch den demografischen Wandel. Eine Prognose ergab, dass am Linzer Arbeitsmarkt bis 2032 weitere 12.000 Kräfte fehlen. Der Weg muss eindeutig dahin gehen, die Menschen zu mehr Arbeit zu motivieren und diejenigen, die Überstunden machen oder länger arbeiten wollen, gehören steuerlich bevorzugt.
Ein Plädoyer für Leistung!
Der Leistungsgedanke gehört gefördert: Wer weniger leisten will, soll das tun. Aber weniger leisten müsste auch heißen: Weniger Anspruch an die Gesellschaft. Eine Solidargesellschaft heißt nicht, weniger arbeiten, aber alles haben wollen. Das müssen wir klarstellen.
Wie würden sie ihr persönliches Verhältnis zum Parteivorsitzenden beschreiben?
Ganz einfach: Professionell. Von beiden Seiten korrekt, wissend, dass wir durchaus unterschiedliche inhaltliche Positionen haben. Meine Vorstellung der Sozialdemokratie ist eine Partei der Mitte, die möglichst breit wirkt und nicht polarisiert.
Was trauen sie der SPÖ Stand jetzt bei der kommenden Nationalratswahl zu?
Ich wünsche mir, dass die SPÖ so stark wird, dass sie in eine Regierung kommt und damit eine FPÖ-Regierung verhindert. Am liebsten wäre es mir natürlich, als Nummer eins in Regierungsverantwortung zu gehen. Für mich ist die SPÖ keine Oppositionspartei. Ich habe es mir aber angeeignet, dass ich, auch wenn es schwerste ideologische Differenzen gibt, keine Kontakte abbreche und kooperiere.
Klingt nach einem sehr pragmatischen Zugang?
Ich habe in meiner Jugend meine Ideologie als kommunistischer Student ganz gut ausgelebt (lacht), jetzt würde ich mich als sehr sozial-liberal einschätzen, da gehört Pragmatismus dazu.
Wie laufen die Verhandlungen zum Finanzausgleich?
Gemeindebund und Städte sind da inhaltlich sehr eng, aber es droht Ungemach. Denn der Finanzminister ist bisher noch nicht bereit, auf die Veränderungen in der Gesellschaft und die sich ändernden Aufgaben einzugehen. Ich fürchte, dass die Kommunen am wenigsten Gestaltungsmöglichkeit haben.
Wie stehen sie zur Diskussion um eine Nulllohnrunde für Politiker? Reiner Populismus?
Ja. Zu sagen, wir sind es nicht wert, dass uns die Inflation abgegolten wird, halte ich für ein völlig falsches Statement. Denn es wird immer schwieriger, gute Leute für die Politik zu gewinnen und es ist ein Job, in dem man stark gefordert ist und viel Zeit aufbringen muss. Die Regelung in OÖ ist aber sehr vernünftig.
Mit Bürgermeister und Vorsitzender des Städtebundes KLAUS LUGER sprach Roland Korntner