Arbeiterkammer präsentierte Rezeptur für Sozialstaat

Arbeiterkammer will Vermögenssteuern zur Sicherung des Sozialstaats © APA/EVA MANHART

Die Arbeiterkammer hat am Montag ihre Rezeptur für einen gerechten Sozialstaat präsentiert. Eine zentrale Forderung darin ist jene nach der Heranziehung von Vermögenssteuern zu dessen Absicherung. Wie AK-Präsidentin Renate Anderl bei einer Pressekonferenz argumentierte, sei eine gerechte Besteuerung „unumgänglich“. Darüber hinaus habe man mit Experten weitere Vorschläge erarbeitet, damit der „beste Sozialstaat“ keine Utopie bleibe.

Darüber wolle man in der am Dienstag stattfindenden Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien „eingehend“ diskutieren, erklärte Anderl. Zudem werde man die Ideen noch diese Woche Mitgliedern der Bundesregierung präsentieren und darüber diskutieren. „Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, den besten Sozialstaat für alle, die hier leben, umzusetzen“, betonte die AK-Präsidentin.

Die Arbeiterkammer habe sich in den vergangenen eineinhalb Jahren „intensiv“ mit dem Thema Sozialstaat befasst, erklärte Anderl. Ausgangspunkt bildete die Rolle des Sozialstaats in der Corona-Krise. Denn hier sei der Sozialstaat wie in den vergangenen Krisen auch „in vielen Bereichen eingesprungen“, betonte Anderl: „Er ist das Fundament, auf dem eine solidarische Gesellschaft aufgebaut ist.“ Nicht nur bei Armut greife er, er sorge auch dafür, dass wichtige Bereiche wie Gesundheit, Bildung und Infrastruktur funktionierten. Er sei „für alle“ da, auch für Betriebe.

Man habe in dem Prozess gemeinsam mit den Experten „Lücken identifiziert“ und wolle nun Lösungen präsentieren. Zwar sei man sich nicht in allem einig gewesen, jedenfalls aber darin, dass der beste Sozialstaat mit dem nötigen politischen Willen keine Utopie bleiben müsse, argumentierte Anderl, die sich daran stößt, dass zuallererst immer die Frage nach dessen Finanzierung komme. Umgekehrt werde diese nicht gestellt, wenn es etwa um die KÖST-Senkung für Unternehmen gehe: „Da fragt niemand, wie wir das finanzieren können.“ In Österreich gebe es genug Geld, es sei nur ungleich verteilt. Während die reichsten fünf Prozent mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens besitzen, tragen 80 Prozent des Steueraufkommens Arbeitnehmer und Konsumenten.

Soziale Gerechtigkeit trage dazu bei, den sozialen Frieden zu sichern, betonte AK-Direktorin Silvia Hruska-Frank: „Sie spielt eine entscheidende Rolle dafür, ob es Frieden in einer Gesellschaft gibt.“ Soziale Gerechtigkeit sei die „verlässlichste Grundlage der Demokratie “ und der Sozialstaat „das Vermögen der vielen“. Er sei jedoch zur Selbstverständlichkeit geworden, so die AK-Direktorin. Die Frage sei nun, „wie sichern wir diese liebgewonnen Selbstverständlichkeit denn ab“. Vermögen trage jedenfalls nur in einem geringen Ausmaß zur Finanzierung bei. Daher sei die Bundesregierung gefordert, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen.

Video
Ich möchte eingebundene Social Media Inhalte sehen. Hierbei werden personenbezogene Daten (IP-Adresse o.ä.) übertragen. Diese Einstellung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in der Datenschutzerklärung oder unter dem Menüpunkt Cookies geändert werden.

Die von der AK erarbeiteten Vorschläge beinhalten zum Teil bekannte Forderung in den Bereichen Bildung, Wohnen, Pensionen, Gesundheit, Pflege Gleichgestellung oder Klima. Etwa wird mehr Geld für Elementarpädagogik, mehr Ganztagsschulen, mehr Kassenärzte, eine Absicherung der Pflege, der Ausbau der Kinderbetreuung, eine Deckelung der Mieten oder eine Totalreform der Sozialhilfe verlangt.

Wenig von dem Vorschlag einer Vermögenssteuer halten Industriellenvereinigung (IV) und der ÖVP-Wirtschaftsbund. Die Forderung nach neuen Abgaben und Steuern sichere keineswegs den Sozialstaat, sondern schade dem Standort, so die IV in einer Aussendung. Laut Rechnung der IV zahlen die obersten zehn Prozent mehr als 60 Prozent der Steuereinnahmen. Daher sei der Ruf nach neuen Steuern und weiteren Belastungen „nicht nachvollziehbar“. Der Wirtschaftsbund-Generalsekretär und ÖVP-Abgeordnete Kurt Egger sieht in Vermögenssteuern den „nächsten Sargnagel für den Mittelstand“. Wenn man eine Steuer, „die zu einem Drittel im Bürokratiesumpf versinkt, als unerschöpfliche Geldquelle“ erachte, befinde man sich fernab jeglicher Realität, so Egger.

Das könnte Sie auch interessieren