Armutskonferenz pocht auf Sozialindex für Schulen

Diakonie-Sozialexperte Schenk will Chancenindex endlich umsetzen © APA/HANS PUNZ

Die Armutskonferenz verlangt die sofortige Umsetzung eines „Chancenindex“, über den Schulen mit besonderen Herausforderungen mehr Ressourcen bekommen. Derzeit gibt es dazu ein Pilotprojekt der Regierung für 100 Schulen. Das sei aber zu wenig, so Diakonie-Sozialexperte Martin Schenk bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. „Ich glaube, wir brauchen keine Pilotprojekte mehr.“ Aus anderen Staaten wisse man schon viel, auch was nicht funktioniert. „Man sollte es einfach machen.“

Ein Sozialindex bzw. Chancenindex erfasst Einkommen bzw. Bildung der Eltern und damit den sozialen Status der Schülerinnen und Schüler an den einzelnen Schulstandorten. Darauf aufbauend würden dann zusätzliche Mittel verteilt, mit denen die Schulen Unterricht und Unterstützung verbessern können. Modelle dafür gibt es bereits. Demnach würden 17 Prozent der Pflichtschulen hohen bis sehr hohen Unterstützungsbedarf ausweisen. Das sind rund 1.100 Einrichtungen.

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Institutionell ist laut Schenk einerseits die Verankerung des Index im Finanzausgleich sowie der Ausbau von ganztägigen Schulen nötig. Aus Erfahrungen in anderen Städten wie London, Toronto oder Berlin wisse man, dass Schulen in kritischen Lagen sich selten von selbst aus verändern, sie bräuchten einen Anstoß von außen. An den Schulen selbst müssten Teamstrukturen aufgebaut und multiprofessionelle Teams unter Einbeziehung etwa von Sozialarbeit und Schulpsychologie aufgebaut werden. Ebenfalls einbezogen werden sollte das „Grätzel“ rund um die Schule.

Automatisch mehr Geld für die Schulen würde es mit dem Index nicht geben. Vielmehr müssten die Schulen ein Konzept entwickeln, wie sie zusätzliche Mittel sinnvoll einsetzen. Nicht verbunden sein sollten damit öffentliche Rankings, so Schenk. Diese würden nur dazu führen, dass Schwächere beschämt würden anstatt gestärkt.

Gleichzeitig müssten aber auch im Unterricht die Themen Armut, Reichtum und soziale Ungleichheit behandelt werden, meinte Herbert Pichler, Fachdidaktiker für Geographie und wirtschaftliche Bildung (Uni Wien) und Lehrer. Allerdings sei dies angesichts der Zusammensetzung einer Klasse ein heikles Thema, deshalb habe man dafür einen Leitfaden für achtsamen Unterricht erarbeitet.

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Bei der Finanzbildung bzw. wirtschaftlichen Allgemeinbildung hält es Pichler für wichtig, auf einen integrativen Ansatz zu setzen und diese Themen nicht isoliert zu behandeln. Gleichzeitig gestand er ein, mit den sozialen Medien gegen einen oft übermächtigen Gegner anzutreten. In der Schule stünde wirtschaftliche Bildung vielleicht eine oder zwei Stunden pro Woche am Programm. Gleichzeitig verbrächten Kinder und Jugendliche immer mehr Zeit in sozialen Medien, wo ihnen etwa auf TikTok in zehn Sekunden erklärt werde, wie man mit Pyramidenspielen vermeintlich reich wird und wo sie mit psychologisch gut gemachter Werbung konfrontiert werden. Zwar könne man mit kritischer Medienbildung ein wenig gegensteuern, aber: „Da sind wir ein bisserl auf der verlorenen Seite.“

Doris Pettighofer, Geschäftsführerin der Plattform für Alleinerziehende, forderte wiederum zusätzlich zur institutionellen Ganztagesbetreuung in Kindergärten und -krippen auch flexible, ergänzende Kinderbetreuung wie etwa Abhol- oder Bringdienste bzw. Betreuung an Wochenende oder bei Nachtdiensten. Erst damit hätten Alleinerziehende tatsächlich einen vollwertigen Zugang zu Erwerbsarbeit bzw. die Kinder zur Elementarpädagogik.

Auf der 14. Armutskonferenz von 15. bis 17. April in Salzburg wollen Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft mit Armutsbetroffenen ein alternatives Regierungsprogramm erarbeiten. Dieses soll nach dem Sommer präsentiert werden.

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