Babler gegen Senkung der Strafmündigkeit

Der SPÖ-Chef hat Platz eins bei der Wahl noch nicht aufgegeben. © APA/MAX SLOVENCIK

Trotz der sich häufenden Messerattacken von Jugendlichen ist SPÖ-Chef Andreas Babler gegen eine Senkung der Strafmündigkeit. In der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag stellte er zwar fest, dass der „Rechtsstaat nicht wehrhaft genug“ sei, als Gegenmittel forderte er aber mehr Polizisten und einen Jugendgerichtshof. Bei der Nationalratswahl hofft Babler, dessen SPÖ in Umfragen weit hinter der FPÖ liegt, weiter auf Platz eins, eine Koalition schloss er nur mit den Freiheitlichen aus.

Es gebe „Fehler und Aufgabenstellungen“ im Migrations- und Integrationsbereich, räumte Babler ein, fast durchgehend sei aber die ÖVP für diesen Bereich verantwortlich gewesen. Es gebe „Problemzonen“, „Parallelgesellschaften“ und „Ghettoisierung“, kritisierte Babler. „Wir brauchen eine wehrhafte Republik, die den Rechtsstaat durchsetzen kann“, dazu seien mehr Polizeibeamte notwendig, aber auch ein Jugendgerichtshof und kleinstrukturierte, betreute Einrichtungen mit Aufenthaltspflicht für junge Straftäter. Zudem sei Präventionsarbeit wichtig. Eine Senkung der Strafmündigkeit ist für Babler dagegen kein Rezept: Kinder einzusperren hätte nur die Folge, dass diese „auf der schiefen Bahn bleiben“, glaubt er. Für Männer, die Frauen Gewalt androhen, forderte er Fußfesseln.

Eine Asylobergrenze lehnte Babler ab, es könne niemand ernsthaft über solche Vorschläge diskutieren, meinte er. Notwendig seien ein „aktives Grenzschutzmanagement“, eine lückenlose Registrierung, geregelte Verfahren und Rückführungsabkommen.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz warf Babler daraufhin in einer Aussendung vor, „kein Interesse an der Sicherheit unserer Landsleute“ zu haben und die „vielen Opfer von Migrantengewalt“ zu verhöhnen. „Bablers Meinung kommt einem Freibrief gleich.“ Der freiheitliche Parteichef Herbert Kickl hatte indes in der „Kronen Zeitung“ (Sonntagausgabe) nachgelegt und gemeint, straffällige Jugendliche „sollen am eigenen Leib erleben, was es heißt, Angst zu haben, was es bedeutet, unter Druck gesetzt zu werden“. Er wolle die Betriebsregeln in Jugendgefängnissen verschärfen „oder solche Leute, je nach Schweregrad des Verbrechens, in sogenannte Bootcamps stecken, wo sie Disziplin und Unterordnung lernen“.

Auf die Querschüsse aus der eigenen Partei versuchte Babler gelassen zu reagieren: In einer großen Partei gebe es natürlich Diskussionen, er versuche nach innen zu diskutieren und plädiere auch dafür. „Das wäre noch professioneller ausbaubar“, richtete er seinen Genossen aus. Über Aussagen wie von der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) in einem „Presse“-Interview, wonach es kein gutes Rezept sei, „einem falschen Messias nachzulaufen“, sei er sogar „froh“, meinte Babler, denn: „Ich bin ein Gegenmodell eines Messias“, es sei gut, wenn man vom Personenkult wegkomme.

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In den Umfragen liegt Bablers SPÖ aktuell klar hinter der FPÖ, dennoch findet es der SPÖ-Chef nach wie vor realistisch, bei der Nationalratswahl im September Platz eins zu erreichen. Dass eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen ist, sei „unverrückbar“, mit allen anderen Parteien sei man „offen“ – auch mit der ÖVP, die Babler zwischenzeitlich ja de facto ausgeschlossen hatte. Die ÖVP müsse selber nachdenken, wie sie sich neu aufstelle, meinte Babler dazu. Ob die SPÖ-Mitglieder im Fall des Falles über ein Koalitionsabkommen nach der Wahl abstimmen dürfen, ließ Babler offen – da werde die SPÖ zuerst intern diskutieren, ob es notwendig sei.

Die aktuelle Regierungspolitik kritisierte Babler einmal mehr, etwa was die Maßnahmen gegen die Teuerung betrifft. Der SPÖ-Chef pochte erneut auf einen Mietpreisdeckel, eine Gaspreisbremse und ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Auch an seinen Forderungen nach einer schrittweisen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und Vermögenssteuern hielt er fest. Bei seinem jüngst geforderten „Transformationsfonds“ gehe es darum, wie man am besten Maßnahmen gegen die Erderhitzung ergreife, in Form von Investitionen und Staatsbeteiligungen, denn „der freie radikale Markt, der propagiert worden ist“, sei „gescheitert“. Auf die Frage der Finanzierung verwies Babler allerdings lediglich darauf, dass er lieber investieren wolle, statt Zertifikate zu kaufen und Strafen zu zahlen.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker attestierte Babler in einer Aussendung „Belastungsfantasien“, mit denen er „die hart arbeitenden Menschen bestrafen“ wolle. Wirtschaftlich wolle Babler Österreich „immer weiter an kommunistische Verhältnisse heranführen“, fürchtet Stocker. „SPÖ-Vorsitzender Babler legt ein Verständnis von Wirtschafts- und Standortpolitik an den Tag, das angesichts der jüngsten Konjunkturprognosen von WIFO und IHS besonders bedenklich ist“, kritisierte auch Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf „Belastungsideen und Verstaatlichungsfantasien“ als „standortpolitische Irrfahrten“. „Ein Abgesang auf die freie Marktwirtschaft ist ein Abgesang auf den Standort Österreich – die reaktionären Verstaatlichungsfantasien, wie sie der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler heute in der ORF-Pressestunde dargelegt hat, wären ein eklatanter Rückschritt für den heimischen Wirtschafts- und Industriestandort“, meint auch die Industriellenvereinigung.

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