Ott auch Thema bei Kickl-Befragung im U-Ausschuss

Kickl teilte im U-Ausschuss gegen die ÖVP aus © APA/GEORG HOCHMUTH

Diskussionen zur Geschäftsordnung und wiederholte Scharmützel zwischen den Fraktionen haben am Donnerstag die Befragung von FPÖ-Chef Herbert Kickl im U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ geprägt. Thema war aber auch der in U-Haft sitzende Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott.

So wollte Verfahrensrichterin Christa Edwards von Kickl wissen, wie es dazu kam, dass Ott nach seiner Suspendierung wieder im Innenministerium tätig war. Kickl nahm hier den ehemaligen BVT-Direktor Peter Gridling in die Pflicht. Als er, Kickl, das Amt angetreten habe, habe er keine Information über den „Problemfall Ott“ bekommen. Seine Handhabe wäre es gewesen, als BVT-Chef einen neuen Minister darüber zu informieren, das sei aber nicht passiert.

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Dass Ott unter ihm „irgendetwas“ werden hätte sollen, sei „eine glatte Lüge“, so Kickl: „Ich kenne diesen Herrn Ott nicht, ich habe ihn nicht gekannt und kein Interesse, ihn kennen zu lernen.“ Dieser sei für ihn kein Thema gewesen. In jede Position, in der er seine mutmaßliche Spionage betrieben haben soll, ist er unter der ÖVP gekommen, hatte Kickl vor der Befragung argumentiert: „Das ist ein Vollversagen der österreichischen Volkspartei“. Dort, wo Russland und der Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek draufstehe, „ist zu 98 oder 99 Prozent die ÖVP drinnen.“ Etwa solle sich der nunmehrige Bundespolizeidirektor Michael Takacs öfter mit Marsalek getroffen haben. Die restlichen ein oder zwei Prozent Berührungskontakte gebe es zu allen anderen Parteien.

Gefragt nach einem Termin des Ex-Wirecard-Vorstands im Innenministerium, hielt Kickl fest, dass er mit Marsalek niemals persönlich zusammengekommen sei. Dieser habe sich einmal mit Beamten getroffen, nicht mit ihm, betonte der FPÖ-Chef. Dabei sei es um das Projekt „Pyramide“ gegangen und Marsalek habe das Konzept von Anlandeplattformen in Nordafrika vorgestellt. Diese seien jedoch ein Projekt von Marsalek und dem ehemaligen ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger und dessen ICMPD gewesen, behauptete Kickl.

Bei Fragen der grünen Fraktionsführerin Meri Disoski fehlte es Kickl dann an Wahrnehmungen. Keine hatte er etwa zu Interventionen bei Medien und Chats des ehemaligen FPÖ-Sicherheitssprechers Hans-Jörg Jenewein. Gefragt nach seiner Beziehung zu Jenewein sagte er nur: „Es ist schlicht und ergreifend falsch zu behaupten, der Jenewein sei meine rechte Hand gewesen.“ Auch Jeneweins Rolle bei der BVT-Reform war Thema, er sei aber „weder Berater noch sonst etwas“ gewesen, so Kickl. Kickl selbst habe „Distanz zu jeder Form von politischer Einflussnahme gewährleisten“ wollen, und deshalb sei der ehemalige deutsche Staatssekretär und Wirecard Lobbyist Klaus-Dieter Fritsche als Berater engagiert worden. Dieser sei als ehemaliger Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz ein ausgewiesener Experte, außerdem hätte man „bei einem englischsprachigen Berater einen Dolmetscher im BVT gebraucht.“

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NEOS-Abgeordneter Yannick Shetty und auch ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger wollten die Causa rund um die Agentur „ideen.schmiede“ thematisieren, stießen dabei aber bei Verfahrensrichterin Christa Edwards auf Unverständnis, schließlich habe das nichts mit der Bundesvollziehung zu tun. „Ich halte das für eine Riesenschweinerei, was sie hier machen“, kritisierte daraufhin Kickl den NEOS-Abgeordneten. „Während meiner Zeit als Innenminister habe ich gar keine privatwirtschaftlichen Aktivitäten gehabt. Die einzigen, die ich gesetzt habe, waren, wenn ich zum Spar oder zum Friseur gegangen bin“, so Kickl. Und später: „Ich habe mit der signs (vormals: ideen.schmiede, Anm.) nichts zu tun – im Untersuchungszeitraum. Also keine Geschäftsbeziehungen.“

Als Holzleitner nach dem Sitz der Firma „signs“ fragt und wissen will, ob Kickl vermögensrechtliche Vorteile dadurch erhalten habe, verneint der FPÖ-Chef zunächst. Die Nachfrage, ob er Wahrnehmungen habe, wem das Haus gehöre, in dem die Agentur in seiner Zeit als Minister eingemietet war, blockt Kickl ab. Dies sei seiner Meinung nach nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Obwohl die Verfahrensrichterin die Frage zur Eigentümerschaft des Hauses als berechtigt ansieht, bleibt der FPÖ-Chef dabei. Nach langer Diskussion beantwortete Kickl die Frage nach der Eigentümerschaft dann doch. Die Immobilie gehöre dem Geschäftsführer der signs, „das worauf sie anspielen, ist ein Treuhandvertrag“, und zwar einer zwischen diesem Geschäftsführer und ihm, Kickl, der ihm die Möglichkeit gegeben hätte, „in die Immobilie einzusteigen“. Dieser Vertrag sei aber nie realisiert worden. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Cent lukriert.“

Für Aufregung bei der FPÖ sorgte eine Beweismittelvorlage der ÖVP. Hafenecker ortete einen „unfassbaren Skandal“ und kündigte eine Strafanzeige gegen die ÖVP wegen Beweismittelfälschung im U-Ausschuss an. Abgeordnete Scharzenberger habe einen willkürlich geschnittenen und damit manipulierten Zeitungsartikel als Beweismittel vorgelegt, so Hafenecker.

Vor der Befragung hatte der FPÖ-Chef vor Journalisten angekündigt, dass er als Innenminister Einblicke in das „System der ÖVP“ bekommen habe und heute „Licht ins Dunkel“ bringen werde. Er werde es aber „sachlich“ anlegen, wie er in einem Statement vor Journalisten betonte. Der U-Ausschuss koste ja „viel Geld“. Daher sollte es um seriöse Aufklärung gehen, meinte Kickl.

Er habe die eine oder andere Wahrnehmung, so Kickl: „Es gibt das eine oder andere zu enthüllen.“ Etwa zum Thema Postenschacher: „Wie ich bearbeitet worden bin, wie sie (die ÖVP, Anm.) es versucht haben.“ Ein Fall davon sei der niederösterreichische Landespolizeidirektor Franz Popp. Dass er im Innenministerium Einblicke in das „System der ÖVP“ bekommen habe, sei der Grund dafür gewesen, dass die ÖVP 2019 den Koalitionsvertrag gebrochen habe und sich das Innenministerium wieder zurück holen wollte, meinte Kickl.

Zum Vorwurf der Russlandfreundlichkeit hielt Kickl fest, dass er „persönlich gar keinen Bezug zu Russland“ habe. Als Beleg führte er die Ermittlungen gegen einen Ex-Offizier des Österreichischen Bundesheeres wegen des Vorwurfs der Spionage an, der in Salzburg im Jahr 2020 verurteilt worden war. Diese habe er in seiner Zeit als Innenminister 2018 voran getrieben. Da sei es gelungen, „einen Spion dingfest zu machen“, so Kickl: „Wenn wir die große russlandfreundliche Partei wären, wäre das ein seltsamer Umgang.“

Bemerkenswert findet Kickl, dass die ÖVP das Interesse an der SPÖ im U-Ausschuss „schlagartig“ verloren habe. Offenbar werde hinter den Kulissen an einer schwarz-roten Koalition mit pinkem oder grünem Anhängsel „gepackelt“.

Vor dem Auftritt des FPÖ-Chefs waren der ehemalige Kommunikationschef im von Kickl geführten Innenministerium und der Stellvertreter des damaligen Generalsekretärs Peter Goldgruber befragt worden. Neben Hick-Hack zwischen den Fraktionen gab es dabei nur wenig Neues.

Der ehemalige Kommunikationschef bezeichnete bereits in seinem Eingangsstatement den Gegenstand des U-Ausschusses als verfassungswidrig. Auch nutzte er die Gelegenheit auf die seiner Meinung nach „faktenwidrigen“ Behauptungen im Verlangen zum Untersuchungsgegenstand hinzuweisen. Darunter etwa, dass er Chefredakteur von „unzensuriert.at“ gewesen sei, wie von der ÖVP behauptet.

Im Innenministerium sei er unter anderem auch für die Vergabe von Inseraten zuständig gewesen. Dabei seien aber – anders als von der ÖVP behauptet – Medien wie „Wochenblick“, „alles roger?“, „Zur Zeit“, „unzensuriert.at“ und „Info Direkt“, die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) teils als „rechts außen“ und FPÖ-nah eingestuft werden, nicht unverhältnismäßig bedacht worden, betonte die Auskunftsperson. Etwa hätten 2018 von rund drei Mio. Schaltungsvolumen jene in „Wochenblick“ und „alles roger?“ nicht einmal ein Prozent der gesamten Inserate ausgemacht. Bei einer Kampagne zur Rekrutierung von Polizisten im „Wochenblick“ habe die „online enorme Reichweite“ eine Rolle gespielt. Andere Motive außer das Kosten-Nutzen-Verhältnis habe es nicht gegeben.

Wenig erhellend fiel danach auch die Befragung des Stellvertreters Goldgrubers aus. Weder habe er etwas mit Inseratenschaltungen, Beauftragung von Umfragen, Studien oder Gutachten noch mit Postenbesetzungen zu tun gehabt. Auch habe er keine Beraterverträge abgeschlossen. Wiederholt bezeichnete er sich als „Poststelle“. Er habe Verträge und Abrechnungen an die zuständige Fachabteilung weiter geleitet.

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