Blicke auf unsere und eine ganz andere Welt

Oberösterreich, das „Land der Möglichkeiten“ – Unter diesem Motto lud Landeshauptmann Thomas Stelzer am Freitag zu Vordenker-Veranstaltung in das Linzer Musiktheater. Stelzer warf in seiner Rede einen Blick auf die Zukunft Oberösterreichs. Mehr dazu lesen sie hier. Mindestens so gespannt lauschten die rund 600 Gäste zuvor den beiden Impulsgebern, dem Berliner Journalisten, Analytiker und Medien-Pionier, Gabor Steingart sowie der Bestseller-Autorin Sabine Kueger („Dschungelkind“).

„Wenn es einer schafft, dann wir“

In seinem Vortrag nahm Steingart das Publikum in seine Gedankenwelt über die aktuelle Position Europas, Deutschland und auch Österreich mit. Gleich zu Beginn zeichnete der gefragte Analytiker ein durchaus positives Bild: Europa habe das volle Potenzial, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. „Wenn es einer schafft, dann wir“, ist Steingart überzeugt und forderte zugleich einen Blick über die Grenzen hinaus: „Überlegen Sie einmal, wie andere Länder aufgestellt sind.“

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Einen Sprung über die Grenzen fordert Steingart auch beim Denken. Er appelliert daran, „offen zu bleiben“, und kritisierte eine „Verengung des Denkraums“. Irrtum sei ein ständiger Begleiter, weswegen er vor dem „sich zu schnell festzulegen“ und „zu stur zu sich selbst zu sein“ warnt. Statt dem starren Streben nach dem „Zweitauto“ der „Zweitwohnung“, brauche es viel öfter eine „Zweitmeinung“.

„Wir lassen es zu, dass Denkräume verengt werden. Wir lassen es zu, dass das, was wir denken, nicht das ist, was wir sagen. Das führt dazu, dass wir kurzsichtig geworden sind. Doch es ist die große Stärke von Demokratie, dass wir Dinge auf den Punkt bringen können und dann nach Lösungen ringen. (…) Die Meinung des Anderen gehört ermuntert. Genau da sollte man zuhören und sich nicht gegenseitig an die Gurgel gehen“. Wenn man nur noch „taktisch“ handelt, werde das nicht gelingen.

Zudem müsse sich Europa auf das Wesentliche fokussieren: „Europa ist so schön und trotzdem so schrecklich unfertig. Das ist eine Arbeitsaufforderung an uns alle, sich daran zu beteiligen, wie man aus dieser Unfertigkeit herauskommt und daraus wie was Gescheites zu machen“, so Steingart. „Etwas, das nicht nur nationale Egoisten bedient und Geld für Leute druckt, die damit gar nicht umgehen können.“

Zwischen gegensätzlichen Welten

Die Hamburger Bestseller-Autorin Sabine Kuegler („Dschungelkind“) gab danach Einblicke in ihre Erfahrungen aus ihrem Leben zwischen den Kulturen. Die heute 51-Jährige wurde als Kind der deutschen Missionare und Sprachforscher, Doris und Klaus-Peter Kuegler, in Nepal geboren und wuchs unter anderem im Dschungel von Westpapua im Stamm der Fayu auf.

Im Gespräch mit Moderator, Gerald Groß, erzählte sie Anekdoten aus ihrer Kindheit. Darunter auch, wie sie als (vermeintlicher) Junge von den Eingeborenen als Jägerin ausgebildet wurde und wie es einige Jahre später zum Kulturschock in einem Schweizer Internat kam. Auch über ihre gesundheitliche Leidensgeschichte und wie sie knapp dem Tod entkam, erzählte die Autorin.

Wie gänzlich verschieden beide Welten, also die westliche und jene der Ureinwohner ist, fasst Kueger so zusammen: „Das Leben im Urwald passiert in der Gruppe. Man hat einen Rang, keine Identität. Man ist dafür nie allein, nicht depressiv und immer in Gesellschaft.“ Im Westen sei das natürlich komplett anders.

„Die heutige westliche Welt ist ein Erfolgsmodell, weil wir uns weiterentwickeln. Das ist in Stämmen unmöglich. Die Strukturen dort verändern sich nie. Wir begreifen gar nicht, wie gut es uns eigentlich geht“, berichtet Kuegler. „Von den Stämmen, bei denen ich aufgewachsen bin, könnten wir mitnehmen, dass das Leben mehr auf Gemeinschaft basiert. Beherzigen wir das, könnten wir uns eine perfekte Welt schaffen“, so Kuegler.

Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse als Kind hat die Hamburgerin in ihrem Bestseller „Dschungelkind“, der 2010 auch verfilmt wurde, festgehalten. Von ihrer Heilung und dem neuerlichen vierjährigen Leben im Dschungel erzählt sie in ihrem 2023 erschienenen fünften Buch Ich schwimme nicht mehr da, wo die Krokodile sind.

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