Eine Woche nach dem islamistischen Anschlag in Wien hat die Bundesregierung am Mittwoch ein Maßnahmenpaket gegen den Terrorismus vorgelegt. Mehr als eine Punktation ist es noch nicht, doch die hat es in sich: Potenzielle terroristische Rückfalltäter sollen „lebenslang weggesperrt werden“, kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an, Freigelassene will man elektronisch überwachen. Der „politische Islam“ wird strafrechtlich verboten. Die Opposition reagierte zurückhaltend.
Einsperren will man Rückfallverdächtige im Maßnahmenvollzug, denn, so Kurz nach dem Ministerrat: „Wenn geistig abnormer Rechtsbrecher lebenslang weggesperrt werden kann, wenn er eine Gefahr darstellt, kann auch ein Terrorist lebenslang weggesperrt werden.“
In der Regierung, und damit nicht nur in der ÖVP, sondern auch bei den besonders grundrechtssensiblen Grünen, hält man das mit der europäischen Menschenrechtskonvention für vereinbar. Beispiele gebe es in Deutschland oder Frankreich, erklärte die grüne Justizministerin Alma Zadic. Formal sollen dabei terroristische Straftäter zu jenen gefährlichen Rückfalltätern hinzugenommen werden, für die der Maßnahmenvollzug infrage kommt.
Vorgesehen ist außerdem die vorbeugende elektronische Überwachung entlassener Gefährder, etwa durch eine Fußfessel oder ein Armband. Dies sei ein starker, aber notwendiger Eingriff zum Schutz der Menschen vor diesen „tickenden Zeitbomben“, so Kurz im Pressefoyer. Er erinnerte an die mehr als 300 sogenannten „Foreign Terrorist Fighters“ aus Österreich. Die Hälfte davon sei zurückgekehrt und stelle – wie sich beim Anschlag in der Vorwoche gezeigt hatte – eine massive Gefahr für die Sicherheit im Lande dar.
Weitere Punkte umfassen die Möglichkeit zur Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach einer Terror-Verurteilung, Führerscheinentzug und strengere Waffengesetze. Und: Es soll ein „explizites strafrechtliches Verbot des politischen Islam in Österreich“ kommen, wie Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) erklärte. Wie genau dieses ausgestaltet werden soll, ließ sie offen.
Extremistische Vereine und Kultusstätten will man bei Terrorismuspropaganda leichter schließen können, es soll dafür ein Imameverzeichnis geben. Zudem soll die Zuständigkeit von Staatsanwaltschaften und Gerichten für Terrorismusstrafsachen gebündelt werden. Ein erstes Gesetzespaket soll Anfang Dezember in Begutachtung gehen.
Ein weiterer Punkt der Reform ist – nach den bekannt gewordenen Ermittlungs- und Kommunikationspannen – der Umbau des Verfassungsschutzes. Vizekanzler Werner Kogler versprach „eine Reform des BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Anm.) an Haupt und Gliedern“. Davor komme die umfassende Fehleranalyse, die Untersuchungskommission dafür soll morgen, Donnerstag, vorgestellt werden.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), dessen Familie wegen islamistischer Drohungen unter Polizeischutz gestellt werden musste, versprach die Trennung des nachrichtendienstlichen vom staatspolizeilichen Teil des BVT. „Der Kampf gegen Terrorismus kennt keine Farbe“, bekräftigte er wohl in Richtung der Grünen. Für diese meinte Kogler, dass sich das Paket gegen alle Arten von Terror und damit auch gegen Neonazis richte.
Die Opposition reagierte auf die Ankündigungen skeptisch. Die bestehende Rechtslage hätte gereicht, um den Anschlag von Wien zu verhindern, meinte etwa SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in einer Pressekonferenz. Er will sich die Vorschläge der Regierung nun ansehen und dann darüber diskutieren. Für die FPÖ forderte Klubchef Herbert Kickl ein „Verbotsgesetz gegen den politischen Islam“, bezeichnete einige Punkte des Pakets aber als durchaus diskussionswürdig. Die NEOS orteten eine „Überschriften-Politik“ und pochten auf die Aufklärung des Attentats, bevor man Verschärfungen beschließt.