Spannende Jahre liegen hinter Ihnen. Was haben Sie in den vergangenen 5 Jahren der letzten Legislaturperiode gelernt?
Vor allem, dass sich Hartnäckigkeit bezahlt macht und dass man viel weiterbringen kann. Auch abseits des Regierungsprogramms, wenn man Allianzen bildet, Mehrheiten sichert und intensiv verhandelt. Ebenso viel über politische Verantwortung.
Trotzdem ein starker Kontrast zu dem, was Sie als „einfache“ Abgeordnete erlebt haben, oder?
Natürlich ist Regierungsverantwortung wieder ganz was anderes. Man steht deutlich mehr in der Öffentlichkeit, positiv wie negativ. Das sind das sozusagen die Nebenwirkungen, die da mitschwingen. Aber der größte Unterschied ist, dass man etwas weiterbringen kann. Da ist in den vergangenen Jahren extrem viel weitergegangen. Vor allem für junge Leute.
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Vom kostenlosen HPV-Schutz bis zum 30. Lebensjahr, bis zur Streichung der beiden Eintragungsgebühren beim Kauf der eigenen vier Wände. Oder die vielen Verbesserungen im Zivil- und Grundwehrdienst. Etwa mit der Anrechenbarkeit des Zivildienstes auf eine Pflegelehre. Auch im Bereich der psychischen Gesundheit haben wir Maßnahmen gesetzt. Ebenso beim Ehrenamt, wo wir Mitglieder und Funktionäre in ganz Österreich nun viel besser servicieren und unterstützen.
Sie nennen viele Beispiele für positive Regierungsarbeit. Das scheint bei den Bürgern aber nur bedingt anzukommen. Wird die Regierung schlechter geredet, als sie ist?
Ja, zum Teil schon. Auch weil in dieser Legislaturperiode völlig Unvorhersehbares über uns hereinkommen ist. Die Herausforderungen sind vor allem international komplett andere geworden. Das Regierungsprogramm wurde im Jänner 2020 fixiert, da war das Coronavirus gerade mal eine Nachricht aus Asien. Ich glaube, wir haben Österreich trotz allem gut und sehr solide durch diese Zeit geführt. Das muss alles bedenken.
Als Staatssekretärin haben Sie eine breite Aufgabenpalette. Von Jugend, über Zivildienst bis hin zum Ehrenamt. Mit der Digitalisierung kam kürzlich ein weiteres Gebiet dazu? Wie flexibel muss man da sein?
Der Vorteil ist, alle diese Bereiche haben vieles gemeinsam. Es sind alles Querschnittsmaterien – sowohl die Digitalisierung, als auch die Jugend, oder das Ehrenamt. Deswegen ist es mir auch relativ leicht gefallen, mich auf dieses neue Ressort einzustellen und einzuarbeiten.
Mir war auch wichtig, keine Zeit verstreichen zu lassen und nahtlos an das anzuknüpfen, was da schon alles auf Schiene war.
Etwa die digitale Kompetenzoffensive. Wenn man da international vergleicht, sind wir schon sehr gut unterwegs. 4.500 kostenlose Workshops finden in ganz Österreich statt. Dafür kommen wir in jede Gemeinde Österreichs, um Grundlagen zu vermitteln – vom digitalen Amt, den Gefahren im Internet, über Künstliche Intelligenz und dergleichen.
Wir wollen alle Menschen hier mitnehmen, damit am Ende des Tages sich jeder so gut auskennt, dass er sich auch im digitalen Alltag zurechtfindet.
Ist künstliche Intelligenz (KI) für Sie Fluch oder Segen?
Ich verstehe zum Teil die Verunsicherung, weil plötzlich etwas Unbekanntes da ist. Eine neue Technologie, wo viele nicht wissen, wohin sich das entwickelt. Wird meine Oma bald nur noch von einem Computer gepflegt? Löst uns diese KI auch in anderen Bereichen ab, weil sie so viel schlauer ist? Und so weiter…
Andererseits ist die Technologie eine riesengroße Chance. Eine Chance für jeden Einzelnen und für uns als Standort. Wir werden die nächsten Jahre und Jahrzehnte einen intensiven Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel haben und müssen in vielen Bereichen schauen, wie wir effizienter werden können.
Sie kann uns helfen unsere eigene Kreativität anzustoßen und zu erwecken. Mir müssen uns diese Technologie eben zu Nutzen machen. Am besten schon in jungen Jahren. Es braucht daher bereits in der Schulzeit einen kritischen und vernünftigen Umgang mit dieser neuen Technologie. Das gehört zu einer gelebten digitalen Bildung ebenso wie das Vermitteln von Medienkompetenz.
Welche App benutzten Sie am meisten?
Vermutlich Instagram und Whatsapp.
Wie stehen Sie zum aktuellen Thema einer Überwachung von Messenger-Diensten?
Ich glaub man hat in den letzten Wochen gesehen, wie goldrichtig unsere Forderung ist, Messenger-Dienste in begründeten Fällen, die dann auch einen richterlichen Beschluss benötigen, überwachen zu können. Man mag sich gar nicht ausmalen, was bei dem Taylor Swift Konzerten alles passieren hätte können.
Die Polizei kann Anrufe und SMS von Verdächtigen beobachten. Aber sie können nicht auf Telegram, auf Whatsapp, oder anderen Messengern mitlesen. Es ist naiv zu glauben, dass sich Terroristen, oder Extremisten über SMS verständigen. Da hinken unsere Behörden hinterher und ich verstehe nicht, wie man nach so einem Ereignis in Österreich noch immer darüber diskutieren muss, dass man das umsetzt.
Wir sind auf die gute Kooperation mit internationalen Nachrichtendiensten angewiesen. Und Gott sei Dank hat unser Bundeskanzler Karl Nehammer, in seiner vorherigen Funktion als Innenminister den Staatsschutz mit der DSN neu aufgestellt, nachdem dieser von Herbert Kickl zerstört wurde. Man erinnere an die BVT-Affäre.
Für eine weitere Diskussion sorgt derzeit die realtiv hohe Jugendkriminalität. Auffällig sind hier vor allem immer jüngere Täter. Immer öfter gefordert wird daher eine Senkung der Strafmündigkeit? Wie sierht das die Jugendstaatssekretärin?
Ja, die Jugendkriminalität hat zugenommen und wir reden da immer öfter nicht mehr vom klassischen Ladendiebstahl, sondern von einer enormen Zunahme an Gewalttaten, Radikalisierungen bis hin zu Raub und Vergewaltigung.
Da können wir nicht einfach zuschauen, wie Jugendbanden ihre Unmündigen vorschicken, weil sie genau wissen, dass denen gesetzlich praktisch keine Konsequenzen drohen. Da können wir nicht einfach tatenlos zuschauen, sondern wir müssen auch mit unseren Gesetzen da eine klare Sprache sprechen. Bei Tätern, die so schwerwiegende Taten begehen, wird uns ein Sesselkreis in der Schule nicht weiterhelfen.
Aber wie weit will man mit der Strafmündigkeit runtergehen? Manche Täter sind gerade einmal zehn Jahre alt…
Unser Vorschlag, den die Verfassungsministerin und der Innenminister mit Experten ausgearbeitet haben, liegt bei 12 Jahren. So wird es zum Beispiel auch in anderen Ländern gehandhabt. Das finde ich einen sehr guten und vernünftigen Zugang.
Und dann muss man weiter schauen, denn Strafen alleine werden das Problem auch nicht lösen. Deswegen müssen wir uns gerade bei jungen Menschen überlegen, wie man präventiv wirken kann, wie man Eltern schon früher in die Pflicht und in die Verantwortung nehmen kann.
Von den Täter zu den Opfern. Mit dem Kinderschutzpaket haben Sie mit Familienministerin Susanne Raab ein großes Maßnahmenpaket geschnürt…
Es ist sicher ein riesiger Meilenstein. Wir haben intensiv verhandelt und haben viel Überzeugungsarbeit beim Koalitionspartner leisten müssen. Etwa beim Schließen der Gesetzeslücke bei Berufs- und Tätigkeitsverboten, für Täter, die sich an Kindern oder Jugendlichen vergangen haben.
Ein Kinderschänder darf nun nie mehr wieder mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten, selbst wenn er die Strafe abgesessen hat. Das hätte eigentlich schneller gehen müssen. Ich verstehe es bis heute nicht, warum wir ein Jahr mit den Grünen darüber reden mussten.
Auch im Bereich der Prävention ist uns sehr viel gelungen. Darunter Kinderschutzkonzepte – auch für unsere Vereine und Jugendorganisationen. Die stellen wir als Service zur Verfügung und sie werden extrem gut angenommen. Wir sind schon bei 10.000 Downloads mittlerweile.
Wohin richten sich die betroffenen Vereine?
Das Musterkinderschutzkonzept für Vereine und Organisationen kann auf den Seiten des Bundeskanzleramtes heruntergeladen werden. Kostenlos. Vereine und Jugendorganisationen sind oftmals auch der sichere Hafen für Betroffene. Gerade deshalb wollen wir ihnen das richtige Werkzeug für schwierige Situationen in die Hand geben.
Viel umgesetzt wurde auch im Zivildienst. Wo sehen Sie den Zivildienst in der Zukunft?
Ja, der Zivildienst ist nicht nur eine starke Stütze, sondern auch der Headhunter im Sozialbereich, wenn man so will. Es ist für viele der Einstieg in den Sozialbereich, in einen Pflegeberuf, in eine Blaulichtorganisation.
Deswegen ist es so unglaublich wichtig, dass man diesen Türöffner auch gut nutzt. Wir haben es geschafft eine Grundausbildung in der Pflege zu ermöglichen. Das sogenannte UBV-Modul ist die Basis für jede Pflegeausbildung. Wenn ich nach dem Zivildienst eine Pflegelehre starte, erspare ich mir ein halbes Jahr. Der Zivildienst ist also keine verstrichene Zeit.
Er ist auch unverzichtbar ist für das Ehrenamt. 70% der Zivildiener bleiben ehrenamtlich bei Rotem Kreuz, Samariterbund und Co.
Das Ehrenamt, ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit. Immerhin ist jeder Zweite in Österreich aktiv in einem Verein. Auch Sie sind selbst Mitglied in mehreren Organisationen. Wann hatten Sie das letzte Mal Zeit für Vereinsarbeit?
Ja, letzten Samstag. (lacht) Unser Landjugend-Ortsgruppe hat den Bundesentscheid im Pflügen veranstaltet. Da habe ich bei einer Schicht hinter der Bar ausgeholfen.
Es ist immer eine willkommene Abwechslung zum Alltag als Politikerin. Gleichzeitig bekommt man daheim auch die Sorgen der Menschen und des Umfelds mit. Da wird dann auch schon mal ein politisiert und diskutiert. Oft fruchtet das in neue Ideen, die ich dann nach Wien mitnehmen kann.
Die Sommerkampagne der JVP sollte als Aufwärmlauf für die bevorstehende Nationalratswahl am 29. September gelten. Sind Sie gut aufgewärmt?
Wir sind definitiv gut aufgewärmt. Spätestens seit der EU-Wahl hat das Aufholen der Stimmen begonnen. Wir kämpfen um jede Stimme in ganz Österreich.
Das Motto der Tour lautete „Mutiger in die neuen Zeiten“. Wo brauchen wir mehr Mut, wo braucht auch die ÖVP vielleicht mehr Mut?
Wir haben gesagt, wir brauchen einerseits mehr Mut bei den Themen, die gerade die nächste Generation intensiv beschäftigen. Also beim Schaffens von den eigenen vier Wänden, mehr Mut für leistbares Eigentum. Wir brauchen mehr Mut beim Thema Klima- und Umweltschutz. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir unsere Industrie und Wirtschaft, unseren Standard nicht zu sehr mit Vorschriften knebeln und ihnen gar nichts anderes überbleibt, als auf andere Kontinente abzusiedeln.
Und wir brauchen mehr Mut, was einen schlankeren Staat betrifft. Ich nenne es gern „Update Österreich“. Wir müssen uns überlegen, welche Vorschriften überholt sind. Da sollte man eine Entschärfung vornehmen bzw. auch ein Ablaufdatum für Gesetze vorsehen. Gewisse Dinge sind in Eigenverantwortung besser aufgehoben. Man muss nicht alles in Paragraphen regeln.
Mit Ihnen, Wolfgang Hartmannsdorfer, August Wöginger und einigen anderen Kandidaten ist Oberösterreich auf der Bundesliste der ÖVP besonders stark vertreten. Offensichtlich gibt es besonders viel Vertrauen. Was macht die Oberösterreicher aus?
Oberösterreicher zeichnet ganz generell aus, dass wir Sachen in die Hand nehmen und anpacken. Und ich glaube, dass August Wöginger und ich, sowie das gesamte Team der oberösterreichischen Abgeordneten die letzten Jahre auch bewiesen haben, dass wir ordentliche Politik machen für die Leute, die in der Früh aufstehen, arbeiten gehen und Steuern zahlen. All jene, die das Land am Laufen halten, die sich ehrenamtlich in Vereinen engagieren, und sich um ihre Familie umschauen. Für diese Leute, haben wir und werden wir in Zukunft Politik machen.
Die Perspektive von Leuten, die am Land aufgewachsen sind, die braucht es da weiterhin, wenn nicht sogar noch stärker in der Bundeshauptstadt. Denn manche Dinge sind einfach umsetzbar, wenn ich in Wien daheim bin und eine U-Bahn Station vor der Haustür hab. Etwa der Umstieg auf Öffis. Am Land im Oberen Mühlviertel schaut die Sache ganz, ganz anders aus. Da gibt es nur eine Handvoll Busse. Diese Perspektive, diese Lebensrealität, die bringen wir Oberösterreicher einfach mit.
Was bedeutet es für Sie hinter dem amtierten Bundeskanzler auf Position zwei gereiht zu sein?
Es freut mich extrem, dass ich als JVP-Bundesobfrau und als Staatssekretärin direkt im Team unseres Bundeskanzlers Karl Nehammer in diesem Wahlkampf auch sein darf. Es ist nicht nur ein extremer Vertrauensvorschuss, sondern auch ein großer Auftrag, den der Bundeskanzler uns als JVP und mir als Kandidatin zuspricht. Wir werden selbstverständlich für unseren Bundeskanzler bis zum Wahltag laufen und auch darüber hinaus. Damit das Regierungsprogramm eine junge Handschrift trägt.
Mit 29 Jahren gelten Sie als Zukunftshoffnung in der Partei. Wie gehen Sie damit um?
Ich versuche meinen Job, nämlich ordentliche Politik, bestmöglich zu machen. Das ist mein Anspruch. Ich habe bei den letzten beiden Wahlen ein großes Vertrauen der Wählerinnen und Wähler durch Direktstimmen bekommen. Und das ist ein großer Support, den man im Kampf für seine Themen mitnimmt.
Darüber hinaus, glaube ich, bin ich in diesen Jahren so geblieben, wie ich vorher auch war. Ich bin, wie vermutlich viele andere Neunundzwanzigjährige. Die sich um Zukunftsfragen Sorgen machen, die sie in einer Freizeit in der eigenen Gemeinde einbringen.
Ich gehe davon aus, ein Ministeramt würde Sie reizen. Welches Ressort würde Sie interessieren?
Für mich gilt der volle Fokus jetzt einmal dafür, dass am 29. September die Volkspartei als erster durchs Ziel geht und dass unser Bundeskanzler Karl Nehammer für Stabilität und vernünftige Politik im Land sorgen kann. Das wird ein harter Kampf. Und ich möchte dann als JVP-Bundesobfrau eine junge Handschrift ins Regierungsprogramm einbringen
Ihr Ziel für den 29. September?
Das wir als Volkspartei als erster durchs Ziel gehen und auch weiterhin für Österreich arbeiten können.
Das Interview führte Dominik Hennerbichler