Müller putzt sich in COFAG-Ausschuss an Schmid ab

FMA-Chef Müller im U-Ausschuss befragt © APA/GEORG HOCHMUTH

Der ehemalige Sektionschef im Finanzministerium und nunmehrige FMA-Chef Eduard Müller ist am Donnerstag im COFAG-U-Ausschuss unter anderem zu Steuerverfahren der Signa-Gruppe und mutmaßliche Interventionen befragt worden. Müller dementierte, für René Benko interveniert zu haben, und betonte, sich im damaligen Generalsekretär Thomas Schmid getäuscht zu haben. Schmid habe im Hintergrund die Fäden gezogen.

„Ich weiß, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe, außer, dass ich einen Menschen, mit dem ich zusammengearbeitet habe, nicht durchschaut hab’“, so Müller über seinen damaligen Vorgesetzten Schmid in seinem Eingangsstatement, bei dem er diesen zunächst nicht namentlich nannte. Damals habe er nicht gesehen, „welche Urlaube, Skitouren oder Jobgespräche da im Hintergrund waren“, so Müller: „Hätte ich es gewusst, hätte ich anders gehandelt.“ Damals habe er aber keinen Grund gehabt, „ein unredliches Vorgehen“ bei seinem Vorgesetzten zu vermuten.

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Bei der Sitzverlegung der Signa von Wien nach Innsbruck und der damit verbundenen Reduktion der Steuerbemessungsgrundlage von 50 auf 36 Mio. habe er sich „in keiner Weise inhaltlich eingebracht“, so Müller: „Ich war dafür nicht zuständig.“ Er habe damals nur auf das drohende Verjährungsrisiko hingewiesen. Die Sitzverlegung erfolgte nämlich im Sommer 2018 und mit Ende des Jahres drohte die absolute Verjährung.

Gegenüber einem Beamten der Großbetriebsprüfung habe er, Müller, damals gemeint, dass Benko „für die einen ein Immobilienspekulant sein mag, für die anderen der Retter von Arbeitsplätzen, für die Finanzverwaltung ist er aber ein Steuerzahler wie jeder andere“. Müller, der in der „Expertenregierung“ unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein Finanzminister war, wies einmal mehr Interventionsversuche für Benko durch ihn zurück. Vor einigen Wochen hatte ein Finanzbeamter im Ausschuss ausgesagt, dass der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid und sein damaliger Vize Müller im BMF als „Zwillinge“ wie eine „Eingreiftruppe“ agiert hätten. Auch das stellte Müller am Donnerstag in Abrede.

Als dienstältester Sektionsleiter im Finanzministerium sei er Schmids Stellvertreter gewesen und habe hin und wieder in dessen Abwesenheit Sitzungen zu Ende geführt. Das Verhältnis sei aber ein rein berufliches gewesen: „Ich habe mich nicht als Zwilling gesehen.“ Dem Finanzbeamten, der Schmid und und Müller vor einigen Wochen im Ausschuss als „Zwillinge“ bezeichnet hatte, unterstellte er, dies als „Mediensager“ vorbereitet zu haben.

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Für ihn habe Benko nicht die Bedeutung gehabt, „wie für sie“, meinte Müller in Richtung der Abgeordneten. Auch sei ihm niemals von dem Investor etwas angeboten worden. Damals habe es eine Beschwerde der steuerlichen Vertretung Benkos wegen der langen Verfahrensdauer gegeben. Tätig geworden sei man, weil man fürchtete, dass der Fall in den Medien oder bei der Volksanwaltschaft landet. „Sie hatten also damals Angst, dass René Benko mit seinem Anliegen zur Volksanwaltschaft geht“, zeigte sich NEOS-Fraktionsführer Yannick Shetty verwundert. Dass Schmid für ihn Termine ausgemacht habe, darunter eben mit Benko, sei „nichts Ungewöhnliches“ gewesen. Wie oft das der Fall war, konnte er nicht sagen, so Müller. „Anlassbezogen, wenn es eine Beschwerde gab.“

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer machte einmal mehr eine „Abschleicherliste“ und die Selbstanzeige von KTM-Chef Stefan Pierer aus dem Jahr 2017 zum Thema. Auch kritisierte er, dass Schmid Informationen, die er von Müller erhalten hatte, an die ÖVP weitergegeben habe. Für den FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker zeichnete sich nach der ersten Befragungsrunde gar das Bild einer „Pleiten-, Pech-, und Pannen-Finanzverwaltung“.

Auf die Frage, warum die FMA bei Signa so spät tätig geworden sei, entgegnete Müller, dass es bei der Signa oder irgendwelchen Tochterunternehmen keine Zuständigkeit der Finanzmarktaufsicht gegeben habe. Sie sei kein an der Börse gelistetes Unternehmen. Seit 2020 habe die Bankenaufsichtsbehörden bis hinauf zur Europäischen Zentralbank (EZB) den Signa-Konzern jedoch als mögliches Risiko untersucht. Ab 2022 sei auch in Aufsichtsgesprächen mit allen Banken das Risiko diskutiert worden.

Als zweite Auskunftsperson war am Nachmittag eine mittlerweile pensionierte, ehemalige Fachvorständin der Großbetriebsprüfung geladen. „Wissen Sie etwas über die Organisation der ehemaligen Großbetriebsprüfung?“ richtete sie in ihrem Eingangsstatement gleich eine Frage an die Abgeordneten, und holte dann zu einer kurzen Erklärung aus. Als Fachvorständin sei sie nur ganz selten in Prüfungsfälle involviert gewesen, nämlich nur dann wenn sie von Teamleiter oder vom Vorstand gefragt wurde. Anders als der Vorstand konnte der Fachbereich sich nicht selber mit einem Prüffall betrauen. Deshalb könne sie „zu den meisten Prüffällen aus persönlicher Wahrnehmung eigentlich gar nichts sagen“.

Die Verfahrensrichterin stellte ihr dann eine Frage, „die mir seit zwei Jahren auf der Zunge brennt“. Nämlich weshalb die Beamtin in der Steuersache Siegfried Wolf, wo sie für eine Bemessungsgrundlage von 10,6 Millionen plädierte, er letztlich aber nur sieben Millionen zahlte, nicht an der Schlussbesprechung teilnahm. Zwei Tage vor der Besprechung habe dessen Sekretärin angerufen und gefragt, ob man die Besprechung verschieben könne, „da bin ich explodiert und habe gesagt, die Besprechung findet auch ohne Herrn Wolf statt.“ Daraufhin habe sie einen Anruf „aus dem Ministerium“ bekommen, ob man nicht verschieben könne. Letztlich wurde der Termin verschoben, ihr Vorgesetzter habe sie gefragt „ob ich mir nicht doch einen Gleittag nehmen möchte“. Das habe sie getan, „wohlwissend, dass ich mich bei der Besprechung wohl nicht adäquat verhalten hätte.“

Im Nachhinein sei sie überrascht gewesen, dass letztlich ein Steuernachlass gewährt wurde. Sie habe aber kein Recht mehr gehabt, in die Akten hineinzuschauen, sagte die pensionierte Beamtin: „Ich war in die weiteren Vorgänge nicht mehr involviert.“ Das Schlussbesprechungsprotokoll habe sie dann erst bei ihrer Zeugeneinvernahme bei der WKStA „überflogen“. „Ich will mich eigentlich mit dieser ganzen Sache nicht mehr beschäftigen, weil es mich einfach nur noch ärgert“, betonte sie launig.

Persönlich sei bei ihr nie interveniert worden, auch nicht von Generalsekretär Schmid. Sie habe aber gewusst, „dass ich nicht beliebt war, wegen Sigi Wolf.“ Müller habe sie dann schließlich im Sommer 2017 zu sich gerufen und ihr ein Angebot gemacht, den Job zu wechseln, weil sie den Posten gerne neu besetzen wollten. Weil das Angebot gut war, habe sie zugegriffen.

Angesprochen darauf, dass die Chefin des für Wolf zuständigen Finanzamts mit ihm per Du gewesen sei und mit ihm Golf spielen gegangen sei, sagte die Beamtin in Ruhestand, das sei ihr „brühwarm“ erzählt worden. Gestern sagte ein hochrangiger Beamter des Finanzamts Innsbruck aus, er sei „mit fast allen per Du“ gewesen. Sie hätte in so einem Fall nicht geprüft, „das ist Befangenheit – und damit retour“. Nach knapp drei Stunden hatten die Abgeordneten keine Fragen mehr an die Beamtin und schickten sie nach Hause.

Eigentlich geladen gewesen war für heute Vormittag Investor René Benko. Dieser sagte jedoch gestern Abend ab. Ein SPÖ-Antrag auf Verhängung einer Beugestrafe wurde in der Geschäftsordnungssitzung nach den Befragungen am Donnerstag einstimmig angenommen. Zudem soll Benko neuerlich geladen werden.

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