„Diakonenweihe von Frauen liegt schon sehr nahe“

Der Linzer Altbischof Maximilian Aichern feiert am 26. Dezember (Stefanitag) seinen 90. Geburtstag

Ein wacher Blick, ein herzliches Lächeln, ein phänomenales (Namens-)Gedächtnis und eine kräftige Stimme, mit der er sich bis heute einbringt: Dass Altbischof em. Maximilian Aichern OSB am 26. Dezember seinen 90. Geburtstag feiert, merkt man ihm kaum an.
Ein wacher Blick, ein herzliches Lächeln, ein phänomenales (Namens-)Gedächtnis und eine kräftige Stimme, mit der er sich bis heute einbringt: Dass Altbischof em. Maximilian Aichern OSB am 26. Dezember seinen 90. Geburtstag feiert, merkt man ihm kaum an. © Diözese/Wakolbinger

Der Linzer Altbischof Maximilian Aichern feiert am Stefanitag seinen 90. Geburtstag. Mit seiner eher liberalen Amtsführung begründete er den „Linzer Weg“. Er ist ein Befürworter der Diakonenweihe für Frauen, auch der Priesterweihe von Frauen steht er aufgeschlossen gegenüber. Aichern, dessen Rücktrittsgesuch im Mai 2005 vom frisch gebackenen Papst Benedikt XVI. angenommen wurde, zog sich im Alter von 73 Jahren aus dem Amt zurück. In den Ruhestand ist er aber nie getreten.

Er unterstützte seine Nachfolger Ludwig Schwarz und Manfred Scheuer bei liturgischen oder repräsentativen Aufgaben und übernahm Vertretungen in Pfarren und Klöstern. Auch wenn seine Beine heute nicht mehr verlässlich mitmachen, fährt er immer noch zu Gottesdiensten oder Begräbnissen. Zwar müsse er im Sitzen predigen, aber „der Papst muss das ja auch machen, das fällt dann auch nicht ungut auf“.

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Viele Initiativen gesetzt

Bischof des Volkes, Bischof mit den Menschen, Sozialbischof Österreichs, Ermutiger, Brückenbauer, sozialer Mahner, Ermöglicher neuer Wege – dies sind nur einige der Attribute, die Aichern zugeschrieben werden. Er war Gründungsbischof der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung, Initiator des Sozialhirtenbriefs, des Ökumenischen Sozialwortes der christlichen Kirchen und der Allianz für den freien Sonntag. Der von ihm vor über 25 Jahren gegründete Osthilfefonds unterstützt bis heute Partnerdiözesen in Mittel- und Osteuropa. Sein biblischer Wahlspruch als Bischof lautet: „In caritate servire – in Liebe dienen.“ Aichern lebt in Linz und bringt sich nach wie vor in das kirchliche und gesellschaftliche Leben ein. Anlässlich seines Geburtstages haben im Auftrag der Diözese Barbara Eckerstorfer (Kommunikationsbüro) und Heinz Niederleitner (KirchenZeitung) ein Gespräch geführt, denn Einzelinterviews zu führen, ist Altbischof Aichern nur schwer möglich.

Welche Haltungen und Werte haben Ihnen Ihre Eltern mit auf den Lebensweg gegeben?

AICHERN: Im Fleischhauerei-Betrieb der Eltern in Wien waren immer fünf, sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Da haben wir Kinder schon von klein auf die Bedeutung der Arbeit kennengelernt, aber auch die Bedeutung der Solidarität, des Zusammenhaltens im Betrieb und in der Familie und die Bedeutung von gegenseitiger Rücksichtnahme und Zusammenarbeit. Das war damals alles notwendig – besonders nach den Bombenangriffen, bei denen unser Geschäft und die Wohnung, die Kirchen und andere Häuser in der Gegend zerstört wurden. Die Leute haben zusammengeholfen beim Wiederaufbau.

Sie sind 1982 fremd nach Oberösterreich gekommen und haben lang mit der Entscheidung gerungen, Bischof von Linz zu werden. Wenn Sie heute auf OÖ schauen: Was macht für Sie die Diözese, das Bundesland aus?

Einige Personen habe ich vor meiner Übersiedlung schon gekannt: Prälat Josef Wiener zum Beispiel, der manchmal bei Pastoraltagungen in der Steiermark war. Oder Prälat Josef Mayr, späterer Caritas-Direktor. Den Finanzkammerdirektor habe ich gekannt von den Sitzungen in Wien, wo ich die Orden vertreten habe. Und natürlich die Äbte – die Benediktineräbte von Kremsmünster, Lambach und die anderen. Ich kannte nur wenige Persönlichkeiten, aber das hat sich sehr rasch geändert. Ich habe mich immer gefreut über die Offenheit, mit der man mit Leuten reden konnte – ob man sie näher gekannt hat oder nicht –, über die gerade Art und die Dialogbereitschaft und die Freundlichkeit von vielen Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern. Und in der Diözese Linz habe ich im Wesentlichen immer wieder einen aufgeschlossenen Glauben und einen großen sozialen und kirchlichen Einsatz erlebt.

Sie sind Benediktiner. Was ist das Besondere an der benediktinischen Spiritualität?

Ich bin überzeugt, dass die Geistigkeit, die aus der Ordensregel des hl. Benedikt spricht, gerade heute große Aktualität hat angesichts unserer Friedlosigkeit, unserer Rastlosigkeit, unserer Maßlosigkeit und Übersättigung, unserer inneren Heimatlosigkeit. Denn die Geistigkeit des hl. Benedikt verbindet aus dem Geist des Evangeliums heraus die diesseitige und die jenseitige Welt, Gott und die Menschen, Aktion und Kontemplation, Weltliches und Geistliches, Alltägliches und Besonderes.

Sie haben im Orden schon jung Leitungspositionen übernommen und als Bischof 23 Jahre lang die Diözese geleitet. Welchen Führungsstil haben Sie gepflegt?

Die Benediktinerregel bietet gute Hinweise für die Zusammenarbeit. Da heißt es zum Beispiel: „Der Abt soll wissen, dass er mehr zum Helfen da ist als zum Befehlen.“ Oder: „Der Abt zeige mehr durch sein Beispiel als durch Worte, was gut und heilig ist.“ Ich denke, es gehört zu den Führungsaufgaben, dass man die Würde und Persönlichkeit des einzelnen Menschen beachtet. Ich halte es für die Aufgabe von uns Christinnen und Christen und besonders von Vorgesetzten wie zum Beispiel den Bischöfen, sich für die Menschen und ihre Anliegen auch tatsächlich einzusetzen. Dazu gehört eine menschenwürdige Arbeitszeit.

Wie verbringen Sie Ihren Tag? Wie geht es Ihnen jetzt?

Naja, mir geht es an und für sich gut. Ich bin wirklich eingebunden in das Leben und Wirken der Diözese, auch als Altbischof, aber auch eingebunden in das Leben meines Heimatklosters – ich habe nach wie vor enge Kontakte zum Stift St. Lambrecht / Mariazell. Und ich habe nach wie vor viele Kontakte nach auswärts. Immer wieder werde ich zu diözesanen und pfarrlichen, aber auch zu gesellschaftlichen Veranstaltungen eingeladen. Meinem Alter und der Gesundheit entsprechend kann ich noch manches im kirchlichen und gesellschaftlichen Bereich tun.

Der synodale Weg in Deutschland macht mutige Vorschläge zur Kirchenreform. Sie haben sich einst für die Diakonenweihe der Frau eingesetzt. Wie stehen die Chancen?

Ich glaube, dass die Diakonenweihe der Frauen nicht aufzuhalten ist, weil sie denn doch schon einmal da waren. Und das Gleiche, so denke ich, gilt auch für die Priesterweihe von verheirateten Männern. Ich würde natürlich doch auch dazusagen: vielleicht sogar von Frauen. Aber da ist auch vom jetzigen Papst schon einmal eine abschlägige Antwort gekommen. Ich meine, die Diakonenweihe von Frauen liegt schon sehr nahe, und ich bin überzeugt, die Zugangsbedingungen zum Priesteramt, einmal auch für verheiratete Männer, dürften auch kommen.

Hatten bzw. haben Sie Zeit für Hobbys? Bei welchen Tätigkeiten können Sie entspannen?

Wenn man wehe Beine hat, kann man wenig herumwandern, hat aber mehr Zeit zum Lesen, zum Durchsehen alter Unterlagen. Jeden Tag schaue ich einen Stoß an. Und man hat mehr Zeit zum Lesen, auch zur Vorbereitung des einen oder anderen Gottesdienstes, und auch für Gespräche. Und wenn Gott es so will, muss man die Fußwunden ertragen und auch die Behandlung dazu.

Haben Sie zu Ihrem 90. Geburtstag einen Wunsch für sich, für die Kirche, für die Menschen in Oberösterreich und darüber hinaus?

An und für sich habe ich für mich persönlich keine besonderen Wünsche, wohl aber für unsere Zeit und für die Menschen. Ein Wunsch wäre, dass die russische Kriegsführung in der Ukraine endlich einmal aufhört. Ein Wunsch wäre, dass die Klimakrise und so manch andere Krise wieder zu einem Ende kommen und dass es in der Welt mehr gegenseitiges Verstehen und solidarisches Handeln gibt.

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