
Gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird wegen Amtsmissbrauchs ermittelt. Anlass ist eine Postenbesetzung aus dem Jahr 2017. Andrea Jelinek soll damals von der ÖVP als Wiener Vizelandespolizeidirektorin verhindert worden sein, weil sie als SPÖ-Nahe gesehen worden sei. Ein öffentlich bereits bekannter Chatverlauf, der am Handy von Ex-Kabinettschef Michael Kloibmüller gefunden wurde, hat die Ermittlungen ausgelöst, wie mehrere Zeitungen am Mittwoch berichteten.
Aus den Chats geht hervor, dass sich die ÖVP um eine Gegenkandidatin oder einen Gegenkandidaten gekümmert haben soll und auch der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka damit befasst war. Was Kloibmüller von der Idee halte, Jelinek gewähren zu lassen und sich dafür vom damaligen Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) einen Wunsch erfüllen zu lassen? Kloibmüller dachte selbst eine Zeit lang über einen Deal nach, hielt den dann offensichtlich aber nicht für notwendig: „Aber wie ich gesehen habe, dass wir unseren Mann durchbringen, dachte ich, den Sozen zu zeigen, wo der Hammer hängt.“ Den Job bekam der ÖVP-nahe Franz Eigner.
Jelinek selbst bestreitet, irgendeiner Partei nahezustehen. Sie habe sich auf normalem Wege beworben und „nie ein Parteibuch (gehabt), von keiner Partei“. Sie betont allerdings, dass sie dem ÖVP-Umfeld nie zurechenbar gewesen sei. Von einer Partei sei sie nie besonders gefördert worden.
Sobotka selbst vermutet in der aktuellen Aktion politische Motive. „Es ist leider ein Zeichen unserer Zeit, dass der politische Diskurs zunehmend mit juristischen Mitteln geführt wird.“ Man wolle ihn einmal mehr als Vorsitzenden des ÖVP-Korruptionsausschusses diskreditieren. Er fordert nun rasche Aufklärung durch die Behörden. „Ich stehe jederzeit für eine Einvernahme zur Verfügung, um das so schnell wie möglich aufzuklären. Als Innenminister habe ich mich stets auf die Expertise der Bestellungskommission verlassen, das wird sicher auch ganz klar aus diesem Bestellungsakt hervorgehen“, wird Sobotka in der „Krone“ zitiert.
Der damalige Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl soll am 6. April 2017 an den damaligen Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) in einem Mail geschrieben haben, dass die Begutachtungskommission Eigner als einzigen Bewerber als „in höchstem Ausmaß geeignet“ angesehen habe, berichteten mehrere Zeitungen am Mittwoch.
Sobotka hat heute nach nur wenigen Minuten der Vorsitz im ÖVP-U-Ausschuss abgegeben. Die Opposition forderte, dass er dies dauerhaft tut. Ein ÖVP-Politiker, gegen den wegen Korruption ermittelt wird, könne nicht Vorsitzender in einem Korruptions-U-Ausschuss sein, schlussfolgerte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer. Auch für den Freiheitlichen Christian Hafenecker und Stephanie Krisper von den NEOS ist es an der Zeit, dass Sobotka den Vorsitz übergibt.
Die FPÖ versuchte dann auch gleich, die Vorwürfe in der Befragung von WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda im U-Ausschuss zu thematisieren. Verfahrensrichterin Christa Edwards äußerte aber Bedenken, denn Vrabl-Sanda sei nur zum dritten Beweisthema („Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit“) geladen, bei Sobotka gehe es aber um Thema vier („Begünstigung bei der Personalauswahl“). Auch eine „Stehung“ der Fraktionen ergab dieses Ergebnis.
FPÖ-Mandatarin bohrte dennoch nach. Vrabl-Sanda verneinte aber einen Zusammenhang der Vorwürfe gegen den Nationalratspräsidenten zu ihrem Beweisthema, „weil es geht ja um Einflussnahme auf unsere Ermittlungsverfahren, und den sehe ich hier nicht“.