„Es braucht Bündel an Maßnahmen“

Frauenreferentin LH-Stv. Haberlander sieht in der Frauenpolitik noch viele Baustellen

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Zum bereits 112. Mal findet am Mittwoch der Internationale Frauentag statt. Die Gelegenheit, Frauenpolitik zum Thema zu machen, nutzt die zuständige Ministerin Susanne Raab (ÖVP) etwa bei der UNO-Frauenrechtskonferenz in New York.

Aber auch in Österreich nutzen Organisationen und Parteien den 8. März. Und auch für Frauenlandesrätin LH-Stv. Christine Haberlander ist der Frauentag notwendig.

VOLKSBLATT: Wie sehr und warum ist ein Frauentag heutzutage und bei uns noch zeitgemäß?

LH-STV. HABERLANDER: Ja, er ist zeitgemäß und ja, es braucht diesen Tag. Um — insbesondere auch den Jüngeren — bewusst zu machen, was alles bereits erreicht wurde. Aber auch um aufzuzeigen, welche Probleme, Ungerechtigkeiten da sind — was es noch zu tun gibt.

Ein trauriges Kapitel sind die vielen Gewalttaten gegen Frauen. Geschieht hier genug?

Eins ist ganz klar: Jede Art von Gewalt ist ein absolutes No-Go. Gewalt ist die hässliche Seite unserer Gesellschaft und da kämpfen wir aktiv dagegen an. Wir stellen uns offen gegen Gewalt im Netz. Wir haben Frauenhäuser und Beratungsstellen. Die Frauenhäuser bauen wir auch aus. Im Salzkammergut und im Mühlviertel bauen wir zusätzliche Häuser. Klar ist aber auch, dass jeder und jede Einzelne sich bewusst machen muss, dass Gewalt keine Lösung ist.

Wo sehen Sie die größten Baustellen in der Gleichstellung?

Eines der wichtigsten Themen in der Frauenpolitik ist sicherlich das Thema Frauen und Geld. Es gibt viele Frauen, die kein eigenes Konto haben. Beim Thema Geld wollen wir informieren, Wissen vermitteln, ermutigen. Die eigene Unabhängigkeit ist das Ziel. Der Einkommensunterschied bei vollzeitbeschäftigten Frauen und Männern beträgt derzeit ca. 18 Prozent und der Pensionsunterschied sogar 40 Prozent in Oberösterreich. Das ist nicht in Ordnung. Die Gründe sind vielschichtig. Es gibt nicht die eine Maßnahme, die alle Ungerechtigkeiten beseitigt. Es braucht ein Bündel an Maßnahmen. Von der passenden Ausbildung über Maßnahmen in den Unternehmen um Frauen zu fördern und gleich zu entlohnen.

Auch in der Arbeitswelt ist der Geschlechterunterschied vorhanden. Wo soll man ansetzen?

Vor fünf Jahren wurde in der Landesregierung einstimmig die Frauenstrategie „Frauen.Leben 2030“ mit ca. 100 ganz konkreten Maßnahmen beschlossen. Das Ziel dieser Strategie ist es, die Gleichstellung in allen Lebensbereichen in Oberösterreich weiter zu forcieren, so auch in der Arbeitswelt. Ein sehr wichtiger Punkt zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist natürlich der Ausbau der Kinderbetreuung für unter 3-Jährige. Die Anzahl der Einrichtungen für unter 3-Jährige hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren fast verdoppelt. Darüber können auch die Weiterentwicklung der Einkommenstransparenz in den Unternehmen, die Forcierung der Väterkarenz sowie die Erhöhung des Frauenanteils in technischen Schulen und technischen Studienrichtungen einen wichtigen Beitrag leisten. Wichtig ist auch, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen. Ich bin ein Fan von Teams mit Frauen und Männern: Die sind erfolgreicher — das zeigt die Praxis, aber auch wissenschaftliche Studien.

Besonders umstritten ist derzeit die Teilzeit, die einerseits als Falle gesehen wird, andererseits ist für viele Frauen auch der gewollte Einstieg nach der Babypause. Welche Änderungen braucht es hier?

Grundsätzlich ist Teilzeit eine gute Möglichkeit, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Mir ist aber wichtig, dass Mädchen und Frauen wissen, welche Folgen eine zu lange Teilzeitarbeit beispielsweise auf die Pension hat. Deshalb versuchen wir, aber mittlerweile auch schon viele Unternehmen, darüber zu informieren und das aufzuzeigen, Bewusstsein zu schaffen. Jede Frau soll ihr Leben gestalten, wie sie will — aber im vollen Bewusstsein, welche Konsequenzen Entscheidungen mit sich bringen. Das ist der große Vorteil dieser Zeit, dass man alle Möglichkeiten hat.

Woran hapert es zum Beispiel noch beim verpflichtenden Pensionssplitting?

An der Umsetzung der Bundesregierung. Das automatisierte Pensionssplitting ist im gemeinsamen Regierungsprogramm verankert. Deshalb fordere ich einmal mehr von der Bundespolitik, das automatisierte Pensionssplitting so rasch wie möglich umzusetzen.

Ein Problem ist auch, dass Frauen oft in der Care-Arbeit tätig sind und diese noch immer schlechter bezahlt wird. Reichen die Bemühungen für Änderungen bei den Rahmenbedingungen vom Kindergarten bis zum Altersheim, um diese Berufe attraktiv zu machen?

Finanziell hat sich in letzter Zeit einiges getan. So im Kindergarten: Wir wollen zum Kinderland Nummer 1 werden. Da haben wir auch eine starke Gehaltserhöhung für die Pädagoginnen beschlossen: 250 Euro mehr pro Monat. Das ist mit 1. März auch schon umgesetzt.

Zumindest bei den Gehaltsverhandlungen hat man das Gefühl, dass der Umgang rauer wird. Hat der Konflikt den Kompromiss als Ziel abgelöst?

Ja, wir haben momentan herausfordernde Zeiten und da wird emotionaler diskutiert. Um zu konstruktiven Lösungen zu kommen, sollte man sicher aber immer eine gute Gesprächsbasis erhalten. Mein Motto ist stets: Reden heißt lösen!

Wie kann man verhindern, dass Frauen – hier sind vor allem auch Alleinerzieherinnen betroffen – in die Armut rutschen?

Alleinerzieherinnen brauchen ein gutes Netz an Hilfseinrichtungen, der Staat muss hier die Rahmenbedingungen schaffen. Sei es durch entsprechenden Absetzbeträge und ein bedarfsgerecht ausgebautes Kinderbetreuungsnetz.

Auch in der Politik sind Frauen unterrepräsentiert. Wie kann Politik weiblicher werden?

Ich freue mich und bin stolz auf die vielen Frauen in der Politik. Im Gemeinderat, als Bürgermeisterinnen, im Landtag, Nationalrat oder Bundesrat. Diese tollen Frauen sind Vorbilder für andere Frauen, sich zu engagieren. Übrigens: nur die OÖVP stellt Frauen in der Landesregierung. Die anderen reden da immer; wir tun es. Das ist die moderne OÖVP, auf die bin ich stolz.

Die Fragen an Frauenlandesrätin CHRISTINE HABERLANDER stellte Herbert Schicho

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