Sie ist Hausärztin mit Leib und Seele — und gerade deswegen in größter Sorge, was die Zukunft der allgemeinmedizinischen Versorgung betrifft.
Daher: „Es muss etwas geschehen“, sagt Angelika Reitböck, Allgemeinmedizinerin mit Praxis in Klaus-Steyrling (Bezirk Kirchdorf/Krems) und Präsidentin des Österreichischen Hausärzteverbandes.
Mehr Ausbildungsplätze
Sie sieht einerseits die Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag an der Grenze der Belastungsfähigkeit. Bei wachsender Bevölkerungszahl sei die Zahl der Kassenärzte in den letzten zehn Jahren zurückgegangen, das bedeute „für die praktizierenden Ärztinnen und Ärzte eine Leistungsverdichtung von elf Prozent“. Andererseits gebe es etwa in OÖ aktuell schon 31 unbesetzte Kassenstellen, dazu komme, dass mehr als die Hälfte der Kassenärzte in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Pension gehe.
Für Reitböck ist die Konsequenz klar: „In den Spitälern müssen mehr Allgemeinmediziner ausgebildet werden“, immerhin bräuchte man im Jahr rund 70 Ärzte, um die Abgänge wettzumachen. Allerdings seien in den letzten Jahren in den Krankenhäusern viele Ausbildungsstellen für Allgemeinmediziner in Facharztstellen umgewandelt worden.
Limits leistungsfeindlich
Gleichzeitig müsse es aber auch Maßnahmen zur Attraktivierung des Berufs geben, fordert die Ärztevertreterin. So sollen etwa seitens der Österreichischen Gesundheitskasse — wie auch bei den Leistungen für die Patienten — die Leistungen an die Ärzte harmonisiert werden, außerdem sollten die Honorare der Allgemeinmediziner an jene der Fachärzte angeglichen werden. Geht es nach Reitböck, müsste auch Schluss sein mit den „leistungsfeindlichen Honorarlimits. Damit würde es auch gelingen, viele Wahlärzte wieder in Kassensystem zurückzubringen“, ist sie überzeugt. Reduziert werden müsse überdies die „zunehmend überbordende Bürokratie“. Nüchternes Fazit über den beruflichen Ist-Zustand: „Der Hausarzt ist momentan nicht attraktiv“.
Mit dem Obmann der Sozialversicherung der Selbstständigen (SVS) und Vorsitzenden der Konferenz der Sozialversicherungsträger Peter Lehner weiß die engagierte Ärztevertreterin einen Mitstreiter an ihrer Seite. „Für das Gesundheitssystem sind die Hausärzte enorm wichtig“, sie sorgen für einen niederschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung. Wie in der SVS sollten auch in der ÖGK die Leistungshonorare harmonisiert werden, zudem setzt Lehner große Hoffnungen, mit der Digitalisierung — Stichwort E-Rezept — für Entbürokratisierung sorgen zu können. Klar ist für ihn eines: „Es geht immer nur gemeinsam, Gesundheit ist ein Mannschaftssport“. Und in Richtung Präsidentin Reitböck sagt Lehner: „Die Hausärzte brauchen eine starke Stimme“.
SchlagkräftigeVertretung
Um eine solche sein zu können, wünscht sich Reitböck eine „schlagkräftige, praxisorientierte Interessenvertretung“ — und deshalb sollte „der Hausärzteverband eine Stimme in der Ärztekammer haben“, denn: „Wir stehen an der Front“.
Von Markus Ebert