Für eine Bewertung noch zu früh

Bildungsdirektor Klampfer sieht das Regierungsprogramm positiv, aber will Maßnahmen abwarten

Am Freitag beginnen in Oberösterreich die Semesterferien, über 100.000 Schüler bekommen das Semesterzeugnis.

Laut dem oö. Bildungsdirektor Alfred Klampfer hat die Ziffernnotenpflicht für die Volksschule — sie muss diesmal erstmals angewendet werden — auch in Oberösterreich für Irritationen gesorgt. Ein Zeugnis für das neue Regierungsprogramm will er noch nicht ausstellen.

VOLKSBLATT: Wie wichtig ist das Semesterzeugnis?

KLAMPFER: Es ist ja eigentlich kein Zeugnis, sondern nur eine Schulnachricht. Eine Art Zwischenbilanz, damit die Schüler und die Eltern wissen, wo man steht. Natürlich gibt es aber Schulstufen, wo es einen besonderen Stellenwert hat – etwa vor einem Wechsel in der vierten Klasse Volksschule.

Gab es in OÖ auch Aufregungen wie in Vorarlberg wegen der Ziffernnotenpflicht?

Die Ziffernnotenpflicht führte auch in Oberösterreich zu Irritationen. Aber man hält sich überall an das Gesetz.

Wäre in diesem Bereich mehr Schulautonomie sinnvoll?

Schulautonomie ist grundsätzlich zu befürworten. Aber der Gesetzgeber hat es so beschlossen und daran muss man sich als Behörde halten.

Vor einem Monat wurde die Bundesregierung angelobt, was erwarten Sie im Bildungsbereich für Akzente?

Es sind viele angedachte Maßnahmen durchaus sinnvoll und viele Sachen hören sich auch gut an, etwa die Digitalisierungsoffensive oder das Mehr an Unterstützungspersonal. Nun muss man aber abwarten, wie das konkret ausschaut. Und manche Maßnahmen werden viel Geld kosten — man kann die Köpfe erst bewerten, wenn die Nägel eingeschlagen sind.

An 100 Schulen soll ein sogenannter Chancen- und Entwicklungsindex ausprobiert werden. Wie viele solcher „Brennpunktschulen“ gibt es in OÖ?

Brennpunktschule ist der falsche Ausdruck. Es gibt Schulen mit besonderen Herausforderungen und es ist gut, wenn man diese unterstützt. Aber auch hier gilt es abzuwarten, wie das genau gemeint ist, welche Kriterien angesetzt werden und wie die Unterstützung ausschaut.

Helfen die Deutschförderklassen? Oder braucht es eine Deutschpflicht?

Die Deutschförderklassen sind ja nur ein erster Schritt. Wichtig ist, dass die Deutschförderung nicht danach aufhört und auch im Alltag Deutsch gesprochen wird. Das ist auch wichtig für die Integration und die Schul- und Klassengemeinschaft. Ich bin mir aber nicht sicher, ob eine Zwangsverpflichtung samt Sanktionen dabei hilfreich ist.

Macht das Kopftuch oder das Kreuz mehr Probleme in den Schulen?

Beides macht im Schulalltag eigentlich gar keine Probleme. Wir hatten in den Volksschulen lediglich einen Verdachtsfall bezüglich des Kopftuchverbots, der sich aber als Missverständnis herausstellte. Wie sich eine etwaige Ausweitung auswirkt kann ich aber derzeit nicht abschätzen.

Was halten Sie von der geplanten „Bildungspflicht“ und der „Mittleren Reife“?

Das kann schon sinnvoll sein, aber auch hier fehlen mir noch die konkreten Schritte. Ist es eine schriftliche oder mündliche Prüfung? Was soll oder muss die Schule tun, wenn die Prüfung nicht bestanden wird? Gibt es dann extra Kurse und wer hat das zu organisieren?

Die Zahl der Lehramtsstudenten in Linz sinkt. Was kann und soll dagegen getan werden?

Es ist sicher gut, wenn man das Studieren in Linz erleichtert. Hier ist schon viel passiert und wir sind bemüht, es noch weiter zu verbessern. Stichwort: Pendeln. Und natürlich ist auch der Bund gefordert, ob etwa die Ausbildung nicht zu lange dauert.

Droht ein Lehrermangel?

Momentan ist es sicher ein bisschen schwierig, auch weil durch die Verlängerung der Ausbildung wir derzeit keine Studienabgänger haben. Vor allem in den Randgebieten und in manchen Fächern ist es derzeit nicht einfach, ausreichend Mitarbeiter zu finden.

Mit Bildungsdirektor ALFRED KLAMPFER sprach Herbert Schicho

Die mobile Version verlassen