Warnungen und scharfe Kritik an FPÖ nach Attacken auf Journalisten bei Demo

Voglauer forderte die „konstruktiven Kräfte“ zum Widerstand auf © APA/GEORG HOCHMUTH

Nachdem es bei einer FPÖ-Kundgebung am Donnerstag in Wien-Favoriten zu gewalttätigen Handlungen gegenüber einem Team des TV-Senders Puls24 gekommen war, reagierten ÖVP, SPÖ, Grüne und Neos am Freitag alarmiert. Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer ortete in einer Pressekonferenz einen Angriff auf die Medienfreiheit und betonte: „Diese Gewalt trägt Herbert Kickls Handschrift.“ Sie rief „alle konstruktiven Kräfte“ im Lande dazu auf, dagegen aufzustehen.

Auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker übte massive Kritik an der seiner Meinung nach unter Kickl „immer radikaler“ werdenden FPÖ. Dass nun auch ein Kamerateam „physisch attackiert“ wurde, zeige, wo die Reise mit den Freiheitlichen hingeht: „In Richtung Putin und Russland, in Richtung eines autoritären Staates, da wollen wir nicht hin.“ Das sei mittlerweile das zweite Mal, dass ein Medienvertreter physisch angegriffen werde, so Stocker: „Wehret den Anfängen.“

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SPÖ-Chef Andreas Babler schloss sich in einer Pressekonferenz der Kritik an. Es gehe in eine Richtung, die ihn mit Sorge erfülle, wenn unabhängige Medien bei Ausübung ihrer Tätigkeit angegriffen würden. Der Spitzenkandidat für die EU-Wahl Andreas Schieder verwies darauf, dass jüngst in Brüssel aus der rechtsextremen Szene kommende Vertreter einen Presse-Termin massiv gestört hätten.

„Wir sind wirklich so weit, dass man in Österreich eine aufs Maul bekommt, wenn man von einer FPÖ-Veranstaltung berichtet“, zeigte sich Voglauer bestürzt: „Das ist der Weg den Herbert Kickl eingeschlagen hat.“ Die Gewalt in der Sprache Kickls und der FPÖ führe am Schluss zu Gewalt in Taten. Dies sei auch kein Einzelfall, „das hat System“. Voglauer erinnerte ebenfalls an den Vorfall im EU-Parlament, aber auch daran, dass etwa ORF-Satiriker Peter Klien bei einer FPÖ-Veranstaltung in den Schwitzkasten genommen wurde.

Freie Medien hätten eine Kontrollfunktion, seien die vierte Säule der Demokratie und schauten den Regierenden, aber auch anderen Politikern auf die Finger. „Mittlerweile wissen wir aber leider, dass wenn man der FPÖ auf die Finger schauen will, man vielleicht eine Faust ins Gesicht bekommt“, sagte Voglauer und bezeichnete die FPÖ als rechtsextreme Partei: „Wir werden diese Republik nicht den destruktiven Kräften eines Herbert Kickl überlassen.“

Laut Bericht von Puls24 wurde eines seiner Teams am Rande der Versammlung von mehreren Personen angegangen, darunter auch Mitglieder der FPÖ-Parteijugend und der rechtsextremen Identitären. Das von der FPÖ selbst eingeladene Puls24-Team sei nach dem Versuch, Demo-Teilnehmer zu interviewen, umstellt und mit Handys gefilmt, in seiner Arbeit behindert, beschimpft, geschubst und mit Wasser übergossen worden. FPÖ-Funktionäre, darunter der ehemalige Landtagsabgeordnete Leo Kohlbauer, hätten die Aufgebrachten schließlich beruhigt und darauf hingewiesen, dass Teilnehmer einer öffentlichen Veranstaltung sehr wohl gefilmt werden dürften.

Auf X (vormals Twitter) sorgte der Angriff für Empörung. „Bürger:innen haben das Recht zu erfahren, was auf Parteiveranstaltungen passiert“, betonte der Presseclub Concordia. Es sei gut, dass FPÖ-Funktionäre in diesem Fall dazwischen gegangen seien. Die Partei müssen nun aber auch dringend ihre Verbalattacken auf Journalistinnen und Journalisten einstellen, „die solche Angriffe mitprovozieren“.

Fritz Hausjell, Präsident der Österreichsektion von Reporter ohne Grenzen (RSF), forderte von Demoveranstaltern und Wiener Landespolizei Konsequenzen, der Vorfall sei „ein klarer Angriff auf die Pressefreiheit“. Das Innenministerium müsse nach Vorfällen der vergangenen Jahre bei Demos die Berichterstattung ausreichend sichern. Kritik kam auch von den NEOS. „Freunde Putins und freie Presse – das passt nicht zusammen“, kommentierte der EU-Spitzenkandidat der Pinken und Ex-„Kurier“-Chefredakteur Helmut Brandstätter.

Bei der FPÖ reagierte man mit Kritik am Vorgehen des Kameramanns von Puls24. Dieser habe sich bei der Kundgebung gegen „importierte Kriminalität“ aggressiv verhalten und sich Demoteilnehmern bis auf wenige Zentimeter genähert, meinte etwa Kohlbauer zur APA. Generalsekretär Christian Hafenecker sprach in einer Aussendung von „Täter-Opfer-Umkehr“, und auch Parteichef Herbert Kickl sprach – begleitet von einem Video von FPÖ-TV – von einer Provokation der Demoteilnehmer und verlangte eine Entschuldigung. Von Puls24 hieß es gegenüber dem Ö1-„Mittagsjournal“, dass es eine zeitliche Distanz zwischen den beiden Ereignissen gegeben habe und das Team jedenfalls an seiner Arbeit gehindert worden sei.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) meinte am Rande einer Pressekonferenz auf Nachfrage, dass es offensichtlich immer wieder gewaltbereite Personen gebe – egal, von welcher Seite Kundgebungen stattfinden. Er verwies einerseits auf das Recht auf Versammlungsfreiheit, andererseits müsse „mit der notwendigen Konsequenz“ eingeschritten werden, wenn Gewalt im Spiel ist. Egal, von welcher Seite eine Kundgebung oder Demonstration organisiert werde – ganz links oder ganz rechts – „die Polizei geht hier gegen jede Form der Gewalt konsequent und mit aller Vehemenz vor“. Die Wiener Polizei sei „höchst erfahren“ im Umgang mit Kundgebungen und Demos, betonte Karner.

Die Wiener Polizei postete auf X, dass man kurz nach der Auseinandersetzung hinzugekommen sei und man die Situation beruhigen habe können. Der Vorfall sei bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigt worden.

Der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl sprach in der ORF-Nachrichtensendung „Wien heute“ von einer „Schubserei“, die von der Polizei nicht wahrgenommen worden sei, weil sie hinter ihrem Rücken stattfand. „Dann können wir in dem Augenblick nichts tun, aber selbstverständlich forschen wir den Tätern nach und wir bringen derartige Dinge auch zur Anzeige.“ Er verwies zudem auf Medienkontaktbeamte für Journalistinnen und Journalisten. „Und ich glaube es herrscht eine sehr gute Kooperation mit den Medienvertretern vor Ort“, so Pürstl.

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