Kritik an kurzer Begutachtung bei Handy-Sicherstellung

Handy-Sicherstellung wird erschwert © APA/THEMENBILD/BARBARA GINDL

Kritik an der Vorgehensweise der Regierungsparteien bei der Neuregelung der Handy-Sicherstellung haben am Freitag Richter, Staats- und Rechtsanwälte geübt. Insbesondere die kurze Begutachtungsfrist stößt ihnen sauer auf. „Es ist sehr befremdlich, dass man bei so einem wichtigen Gesetz keine ausreichende Frist zur Begutachtung einräumt“, so Richtervereinigung-Vorsitzender Gernot Kanduth zur APA. Die Bestimmungen sollen noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen werden.

Inhaltlich könne er zu den Materien wenig sagen, so Kanduth. Man sei nicht in die Gespräche eingebunden gewesen. Er befürchtet allerdings, dass die Justiz durch die Neuregelung mit Personalmangel zu kämpfen haben wird. Vorgesehen sind 14 zusätzliche Posten bei den Staatsanwaltschaften und sechs bei den Gerichten. „Zehn von den Straflandesgerichten werden nicht eine einzige Planstelle dazu bekommen“, sagte Kanduth im Ö1-Mittagsjournal.

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Ähnlich fiel auch die Kritik der Präsidentin der Vereinigung der österreichischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Elena Haslinger, aus. „Wir waren in die Konzeption des Entwurfes nicht eingebunden. Eine seriöse Beurteilung kann man erst in einer schriftlichen Stellungnahme machen, aus rechtsstaatlicher Sicht ist es aber sehr bedenklich, dass jetzt keine ausreichende Begutachtungsfrist mehr möglich ist“, sagte sie im Gespräch mit der APA. Auch stelle sich die Frage, wie weit die abgegebenen Stellungnahmen dann überhaupt noch eingearbeitet werden könnten.

Weiters befürchtete sie, dass die Verfahren nun länger dauern könnten. Etwa dass durch die Änderung nun alle Personen, von denen Nachrichten gespeichert wurden, im Nachhinein darüber informiert werden müssen, führe zu erheblichem Mehraufwand. „Bei Suchtgiftverfahren wären das etwa alle Abnehmer.“ Auch daran, dass nicht jede Staatsanwaltschaft eine weitere Stelle bekommt, stößt sie sich. Die zusätzlichen Stellen betreffen auch nur Staatsanwälte und keine Oberstaatsanwälte, demnach werde etwa die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht aufgestockt.

Zu einem Mehraufwand führen werde weiters die vorgesehene Änderung, dass Beschuldigte nach zwei Jahren einen Antrag auf Einstellung wegen zu langer Verfahrensdauer stellen können, bisher wurde ein Prüfverfahren nach drei Jahren automatisch eingeleitet. Außerdem ortet Haslinger ein Misstrauen gegenüber den Staatsanwaltschaften. „Sicherungskopien der Daten müssen dann bei der Kriminalpolizei verbleiben, und den Staatsanwaltschaften wird der Zugriff verweigert. Da werden Daten, die in einem Ermittlungsverfahren aufgrund einer Anordnung der Staatsanwaltschaft gesichert wurden, teilweise einfach bei der Polizei behalten, und uns der Zugriff verwehrt.“ Der Initiativantrag am Donnerstag kam für sie überraschend.

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Das sogenannte „Strafprozessrechtsänderungsgesetz“ enthält nicht nur die Neuregelung der Handy-Sicherstellung, sondern auch noch zahlreiche andere Änderungen vor allem der Strafprozessordnung. Darunter sind etwa Regelungen zur Einstellung von Strafverfahren, zur Akteneinsicht von Opfern und Beschuldigten oder zur Trennung von Verfahren.

„Grundsätzlich ist die Reform sehr zu begrüßen, nicht nur die Handy-Sicherstellung sondern auch die anderen Maßnahmen“, sagte der Präsident des österreichischen Rechtsanwaltskammertag Armenak Utudjian im Gespräch mit der APA. Im Detail könne man dazu aber noch nichts sagen, da man den Entwurf erst am Donnerstagabend erhalten habe, und das umfangreiche Gesetzesvorhaben nun erst prüfen muss. „Umso bedauerlicher ist es, dass sich so keine ordentliche Begutachtung ausgeht. Ich hoffe, dass wir zumindest zwei Wochen Zeit haben“, schloss er sich der Kritik von Kanduth und Haslinger an.

Bevor die Bestimmungen noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen werden soll, ist nur eine kurze Ausschussbegutachtung geplant, die höchstens zwei Wochen dauert. Die beiden letzten Plenums-Termine und damit der Beschluss des Gesetzes sind bereits am 3. und 4. Juli geplant. „Die Kritik verstehe ich, mir wäre auch lieber gewesen, wenn das Gesetz früher gekommen wäre“, sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gegenüber dem Ö1-Morgenjournal. Dass nun zu wenig Stellungnahmen eintrudeln, befürchtet die Ministerin nicht: „Das ganze Fachpublikum beschäftigt sich schon lange damit. Ich bin überzeugt, dass sich jetzt alle mit großem Interesse auf diesen Vorschlag werfen werden und ich bin überzeugt, dass die Stellungnahmen, die hier kommen, hoch qualifiziert sein werden und vom Justizministerium entsprechend eingearbeitet werden.“

Dass die geplante Gesetzesänderung die Ermittlungen erschweren könnte, befürchtet Edtstadler nicht. „Wenn der Grundrechtseingriff derartig schwer ist, muss im Vorhinein von der Staatsanwaltschaft festgelegt werden, was sie braucht, um hier effizient aufklären zu können.“ Geplanterweise müssen Staatsanwaltschaften bei ihrem Antrag ans Gericht festlegen, welche Daten man zu welchem Zweck aus welchem Zeitraum abfragen möchte. „Ich habe keinen Zweifel, dass die Richterinnen und Richter das auch genehmigen, wenn das im Vorhinein beantragt wird“, betonte Edtstadler.

Auch dass dadurch mehr Richter benötigt werden, glaubt Edtstadler – anders als Justizministerin Alma Zadić – nicht. Die grüne Ministerin ging Anfang des Jahres, kurz nach der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, wonach die bisherige Regelung der Verfassung widerspricht, von einem wesentlichen Mehrbedarf an Richterinnen und Richtern, insbesondere im Journaldienst, aus. „Man kann sich bei diesen Anträgen durchaus Zeit nehmen, und wenn die Gefahr besteht, dass eine Person Dinge löscht, gibt es eine Gefahr-im-Verzug-Regelung.“ Die Polizei kann ein Handy in diesem Fall direkt sicherstellen und danach den notwendigen Bewilligungsvorgang einleiten.

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