Kritik an ÖVP-Gesetzesentwurf zu Messenger-Überwachung

Datenschützer warnen erneut © APA/dpa/Zacharie Scheurer

Der vom Innenministerium ausgearbeitete Gesetzesentwurf für eine Überwachung von Messengerdiensten wie WhatsApp oder Telegram sorgt für Kritik. Die Neos sprachen am Freitag vom „nächsten untauglichen Vorschlag“ von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Die Datenschutzorganisation „epicenter.works“ warnte einmal mehr davor, dass das Wissen um Sicherheitslücken zum Hacken von Mobiltelefonen von Kriminellen ausgenutzt werden könnte. Ähnlich argumentieren die Grünen bisher auch.

Karner selbst verteidigte den Entwurf am Rande einer Pressekonferenz mit seinem dänischen Amtskollegen Kaare Dybvad Bek. „Wir brauchen und wollen keine Massenüberwachung. Aber ich habe immer klar gesagt, dass die Polizei moderne Methoden braucht, um Terror abzuwehren“, so Karner. Darüber gebe es seit langer Zeit intensive Gespräche – auch mit dem Koalitionspartner – und er habe mehrmals darauf hingewiesen, dass der Verfassungsschutz mehr Möglichkeiten benötige, um für Sicherheit zu sorgen und etwa Spionage zu verhindern.

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„Alle Expertinnen und Experten sind sich einig, dass es technisch nicht möglich ist, Messenger-Dienste zu überwachen, ohne auf das gesamte System zuzugreifen“, sagte NEOS-Datenschutzsprecher Niki Scherak in einer Aussendung und verwies auch auf die Verfassungsgerichtshof-Entscheidung gegen einen „Bundestrojaner“ aus dem Jahr 2019. „Entweder kennt der Innenminister weder die Rechtslage noch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof, oder es ist ihm beides einfach egal“, kritisierte Scherak. Überwachungsmaßnahmen müssten auf Grundlage eines spezifischen, begründeten und individuellen Verdachts erfolgen und dürften keinesfalls dazu eingesetzt werden, die gesamte individuelle Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger zu überwachen. Zudem dürfe es nie im Sinne eines Rechtsstaates sein, dass Sicherheitslücken bewusst offengelassen werden.

Kritik kam auch von epicenter.works-Geschäftsführer Thomas Lohninger. Er warnte im „Ö1“-Mittagsjournal davor, dass kritische Sicherheitslücken auf Betreiben von Staaten nicht geschlossen würden und diese dann von kriminellen oder auch staatlichen Akteuren ausgenutzt werden könnten, um sehr großen Schaden anzurichten. Dass Argument, dass in anderen Ländern die Überwachung von Messenger-Diensten möglich ist, ließ er nicht gelten und verwies auf zahlreiche Menschenrechtsverletzungen etwa in Polen. Auch in Bezug auf die im Gesetzesentwurf vorgesehene notwendige Anordnung durch das Bundesverwaltungsgericht und die Einbeziehung des Rechtsschutzbeauftragten sieht Lohninger skeptisch. Bei einer so hochtechnischen Maßnahmen wie dem Hacken von Smartphones gehe es um technische Kompetenz, die in einer unabhängigen Kontrollen gewahrt sein müsse.

Gemäß dem vom Innenministerium ausgearbeiteten Gesetzesentwurf sollen bei einer konkreten Verdachtslage in Richtung terroristischer Straftaten bzw. geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs bestehende Sicherheitslücken bei Handys zukünftig genutzt werden können, um mittels einer Software die Geräte von Verdächtigen auf Inhalte zu überprüfen, die über Dienste wie WhatsApp oder Signal ausgetauscht werden. Dabei geht es um keine Online-Durchsuchung der gesamten am Handy abgespeicherten Daten. Das Ausspähen soll sich auf die am Gerät installierten Messenger-Dienste beschränken.

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Das Grün geführte Justizministerium lehnte ein Aufspielen von Schadsoftware und das Offenlassen von Sicherheitslücken auf Geräten wegen verfassungsrechtlicher Bedenken bisher ab.

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