Live-Unfreundlichkeiten zwischen Nehammer und Babler

Schlechte Stimmung im ORF-Studio © APA/GEORG HOCHMUTH

Die ORF-Konfrontationen zur Nationalratswahl haben am Donnerstagabend das erste Duell zweier Kanzler-Anwärter gebracht: ÖVP-Obmann Karl Nehammer traf auf SPÖ-Chef Andreas Babler. Viel gemeinsame Basis für eine zukünftige Regierungsarbeit ließ sich in einer ausnehmend unfreundlichen Debatte nicht erkennen. Wesentlich gefälliger gestaltete sich das zweite Duell zwischen Grünen-Bundessprecher Werner Kogler und NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger.

Auseinander gingen die Konzepte in der schwarz-roten Konfrontation vor allem in der Steuerfrage. Während Babler betonte, dass an Vermögenssteuern „kein Weg vorbei führt“, bewarb Nehammer Entlastungen. Die vom SP-Chef gewünschten Vermögens- und Erbschaftssteuern nannte er „sinnlos“. Überhaupt solle man nicht Unternehmer gegen Arbeitnehmer ausspielen: „Sie müssen endlich raus aus der Diktion und Dogmatik der 30er-Jahre.“ Er sei gerne in den 30er-Jahren, replizierte Babler, nur sei er in jenen des 21. Jahrhunderts und Nehammer in jenen vor 100 Jahren.

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Der SP-Chef, der der Koalition konsequent Versagen im Kampf gegen die Teuerung attestierte, hielt Nehammer vor: „Sie wollen weiter die Superreichen schützen.“ Auch Respektlosigkeit gegenüber finanziell schwächer Gestellten ortete Babler, weiters eine „unglaubliche Abgehobenheit“. Das wollte der Kanzler nicht auf sich sitzen lassen: „Ich bin ja ein Christlich-Sozialer.“ So sei der Zugang auch ein anderer als jener der SPÖ: „Wir setzen auf Eigentum, nicht auf Plattenbau.“ Der SP-Chef attestierte dem VP-Vorsitzenden wiederum: „Sie sind der Totengräber der politischen Mitte in dem Land.“

Trotz all der Unterschiede schlossen beide eine Koalition mit dem jeweils anderen nicht aus: „Man wird nachher sehen, wie Konstellationen aussehen können, um eine tragfähige Mehrheit zu haben“, so Nehammer. Eine Koalition mit FP-Chef Herbert Kickl werde es mit ihm nicht geben. Babler glaubte das nicht. Seine Partei werde hingegen sicher nicht mit den Freiheitlichen koalieren, egal wer deren Vorsitzender ist: „Da braucht es ein bisschen Haltung.“ Die FPÖ sei ein „aktiver Teil der extremen Rechten“, mit der kein demokratischer Staat zu machen sei.

Das Duell endete schließlich mit einem munteren Durcheinanderreden, bei dem die Zuseher wohl kaum mehr ein Wort verstanden hatten.

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Dafür bot die zweite Konfrontation Gelegenheit zur Entspannung. Kogler und Meinl-Reisinger waren in den meisten Fragen mehr oder weniger einig und auch persönlich harmonierte das Duell jener, die für ÖVP und SPÖ Mehrheitsbeschaffer sein könnten, durchaus gut. Meinl-Reisinger wirkte fast schon erleichtert, als sie für einmal Unterschiede erkannte: „Sie wollen mehr, wir weniger Steuern.“

Unzufrieden waren die NEOS mit den Grünen, was Postenbesetzungen angeht. Wenn eine Umfärbung grün sei, sei das auch nicht besser. Kogler replizierte, dass man viele kompetente Personen, die nicht aus dem Lager der Grünen gekommen seien, auf Spitzenpositionen gesetzt habe.

Die NEOS-Chefin zeigte sich bemüht, ihre Partei als Reformkraft darzustellen, die eine künftige Regierung brauche. „Mut und Energie muss da sein für eine echte Reformkoalition.“ Den Grünen gestand Meinl-Reisinger durchaus Erfolge zu, wie das Informationsfreiheitsgesetz oder das Klimaticket. Nur brauche es nun jemanden, der die strukturellen Reformen anpacke, zu denen bisher der Mut gefehlt habe. Die NEOS hätten jedenfalls in Wien alle ihre Koalitionsbedingungen bereits durchsetzen können.

Kogler wiederum konzentrierte sich darauf darzustellen, wie positiv sich die Grüne Regierungsbeteiligung auf das Land ausgewirkt habe, nicht nur dadurch, dass man Türkis-Blau verhindert habe. Ausdrücklich würdigte er die Zustimmung von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) in Sachen Renaturierung. Dass eben dieser Alleingang gegen die ÖVP die Chancen auf eine weitere Regierungsbeteiligung gekostet haben könnte, betrachtete Kogler gelassen: „Das werden wir alles mal sehen.“