Mattle mahnt ÖVP zu Taten für „Leistungsbereite“

Mattle legt Nehammer dringend einen Fokus auf Leistung ans Herz © APA/EXPA/JOHANN GRODER/EXPA/JOHANN GRODER

Nach den starken Verlusten bei der EU-Wahl und rund drei Monate vor der Nationalratswahl mahnt Tirols ÖVP-Chef LH Anton Mattle die Bundes-ÖVP, das Thema „Leistung“ in den Mittelpunkt ihrer Politik zu stellen. Wenn die Partei in Zukunft wieder Erfolg haben wolle, dann dürfe sie „nicht nur vom Leistungsgedanken reden, sondern muss auch etwas für Leistungsbereite tun“, erklärte Mattle in einem Schreiben an die Mitglieder und Funktionäre seiner Landespartei, das der APA vorliegt.

„Beim Thema Leistung muss die Volkspartei die notwendige Konsequenz an den Tag legen“, schrieb der Landeshauptmann. Er pochte dabei auf Taten, „Kompromisslosigkeit“ und sah darin den Schlüssel für künftige Wahlerfolge auf Bundesebene. Dabei dürfe man sich auch nicht „vom jetzigen oder einem zukünftigen Koalitionspartner bremsen lassen“: „Nur wenn wir das Wohlstandsversprechen, das wir bei der Gründung unserer Partei den Menschen in Österreich gegeben haben, halten, gewinnt die Volkspartei ihre Glaubwürdigkeit zurück.“

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Die ÖVP habe „in den vielen Jahren in der Regierung aber zunehmend an Ecken und Kanten verloren.“ Dies bringe Regierungsverantwortung in Krisenzeiten mit sich. „Die Zeit der Ausreden muss jetzt aber endgültig vorbei sein. Ansonsten steigt die Steuerquote ungebremst weiter, während die Volkspartei ungebremst abstürzt“, wurde Mattle deutlich.

Er traue es Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer zu, „das Thema Leistung wieder in den Mittelpunkt der Gesellschaft und in den Mittelpunkt der Volkspartei zurückzubringen, um damit das Ruder herumzureißen.“ Der Mittelstand müsse bei der Verteilungspolitik entlastet und „von der Steuerpolitik geschont werden.“ Gleichzeitig setzte der Landeschef zu einem Seitenhieb auf die SPÖ an: Diskussionen über die Änderung der gesetzlichen Regelarbeitszeit, wie diese sie „unter Andreas Babler“ führe, „gehen am Ziel vorbei.“

Mattle wartete in seinen Ausführungen mit konkreten Forderungen auf. Es brauche „tatsächliche Anreize für Arbeit“: „Wer mehr leistet, muss mehr davon haben. Jeder der Vollzeit arbeiten kann, soll das auch tun und einen Vorteil daraus haben.“ Vollzeitarbeitende dürften nicht schlechter gestellt sein als Teilzeitbeschäftigte. „Daher fordere ich ab 2025 die Einführung eines steuerlichen Freibetrages in der Höhe von 3.000 Euro für Vollzeitbeschäftigte. Bei einem Gehalt von 2.500 Euro netto pro Monat wären das rund 1.000 Euro pro Jahr mehr auf dem Konto. Zudem braucht es eine komplette Steuerbefreiung von Überstunden.“

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Zudem müsse das Arbeiten über das Regelpensionsalter hinaus „explizit unterstützt werden.“ Der Landesparteiobmann verlangte eine komplette Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen, wenn Pensionisten freiwillig weiterarbeiten.

Er wolle jedenfalls „von Tirol aus eine ernsthafte Debatte darüber anstoßen, wie die Volkspartei wieder für Leistungsbereite wählbar ist“, ließ Mattle Mitglieder und Funktionäre wissen. Und kündigte „in den kommenden Tagen und Wochen“ Ideen und Vorschläge an, „wie Leistung sich lohnt, Altersvorsorge abgesichert werden kann und Eigentum wieder möglich wird.“

Für die Tiroler Grünen zeige die Forderung Mattles nach einem Steuerbonus für Vollzeitbeschäftigte, dass die ÖVP „Leistung und Arbeitskraft nach ihrem veralteten Denken“ definiere und „keine Ahnung von den Lebensrealitäten der Menschen – vor allem von Frauen*“ habe. „Keine einzige teilzeitarbeitende Mutter in diesem Land geht nach der Arbeit nach Hause und legt die Füße hoch“, sagte LAbg. Zeliha Arslan in einer Aussendung. „Im Gegenteil, denn dann beginnt die zweite, aber unbezahlte Schicht, nämlich die Care-Arbeit.“ Im Schnitt würden Frauen täglich vier Stunden und 15 Minuten Familien-, Haus- und Sorgearbeit leisten. Dies ermögliche es vor allem Männern, Vollzeit zu arbeiten. „Eigentlich wäre es ja gerecht, hier Steuererleichterungen für Teilzeitarbeitende zu verlangen“, meinte Arslan. Schließlich seien es Frauen, die „für diese Defizite doppelt bezahlen, jetzt mit einem niedrigen Lohn und später mit einer niedrigen Pension.“

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