Nehammer bewirbt im Intensivwahlkampf „Stabilität“

Mit einer energischen Rede eröffnete Nehammer den Intensivwahlkampf. © APA/EVA MANHART

Mit einer energischen Rede hat ÖVP-Spitzenkandidat und Bundeskanzler Karl Nehammer am Samstag nun auch offiziell die Intensivphase des Nationalratswahlkampfes eröffnet. Schweißgebadet in der Wiener Eissporthalle Steffl Arena bewarb Nehammer „Stabilität statt Chaos“ und „die Mitte“. Klubchef August Wöginger hatte zuvor scharfe Kritik an FPÖ-Chef Herbert Kickl geübt – dieser sei „ein gefährlicher Mensch“.

Während es zunächst am Vorplatz mit Traktoren und Blasmusik auch durchaus zünftig zuging, setzte man in der Eishalle auf amerikanischen Wahlkampfstil, den einst der frühere Parteichef Sebastian Kurz importiert hatte. Nach einem Video, das Nehammer staatstragend als Kanzler inszenierte, zog der Hobby-Boxer zu den Klängen von „Eye of the tiger“, begleitet von Standing Ovations, in die türkis eingefärbte Halle mit laut Parteiangaben rund 3.500 Funktionären ein. Erschienen war erwartungsgemäß allerhand ÖVP-Prominenz aus dem Regierungsteam und den Landesparteien. Auch die früheren Parteichefs Michael Spindelegger, Josef Pröll und Josef Riegler gaben sich die Ehre, Sebastian Kurz schickte eine Video-Grußbotschaft.

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Nehammer konzentrierte sich in seiner Ansprache erwartungsgemäß auf die türkise Wahlkampferzählung der Mitte. „Wir leben nicht vom Problem, wir lösen Probleme“, gab Nehammer als Unterschied zu den anderen Parteien aus. Man habe noch drei Wochen Zeit, um die Wahlberechtigten „von der Stabilität und der Mitte“ zu überzeugen, betonte Nehammer – „nützen wir jeden Tag, jede Stunde, jede Minute!“

Wie stets beschwor Nehammer, dass sich Leistung lohnen solle. „Runter mit den Steuern auf Überstunden und weg mit der Überbürokratisierung“, forderte er etwa. Der Unterschied zwischen Einkommen und Sozialhilfe müsse deutlich wachsen, bewarb er eine Wartefrist für Sozialleistungen. Und in Richtung SPÖ hielt der ÖVP-Chef fest: „Es wird fix mit uns keine Vermögens- und Erbschaftssteuern geben.“

Einen Schwerpunkt legte Nehammer auch auf das Thema Familie. Er erinnerte an die Kindergartenausbau-Offensive der Regierung. Um die Eigentumsquote zu erhöhen, müsse etwa die Grunderwerbssteuer auf das erste Eigenheim fallen, schlug der ÖVP-Chef vor.

Beim Thema Sicherheit kritisierte Nehammer, dass die anderen Parteien mehr Überwachungsmöglichkeiten zur Terrorbekämpfung nicht zustimmen. Die FPÖ schütze damit „die Rechtsradikalen und die Identitären“, die Linken die Antifa, meinte Nehammer. Während die Innenminister der ÖVP für mehr Sicherheit gesorgt hätten, habe FPÖ-Chef Herbert Kickl als Innenminister „in Pferde und in Taferl-Abschrauben investiert, aber nicht in die Sicherheit“.

Den Einpeitscher hatte zuvor einmal mehr Klubchef Wöginger gegeben: Der Vergleich mit den anderen Parteien mache sicher – denn „jetzt tritt der Kommunist an auf der linken Seite“, verwies Wöginger auf SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Babler. „Der soll seine kommunistische Mottenkiste eingraben“, rief Wöginger den Funktionären zu. „Auf der anderen Seite, da ist ein gefährlicher Mensch“, legte Wöginger Richtung Kickl noch nach. Wenn man im Zusammenhang mit den Salzburger Festspielen von einer „Inzuchtpartie“ spreche, „wenn man sich nicht distanziert von den Identitären, von Hitlerbalkonen, dann ist das in einer Demokratie nicht tragbar“, unterstrich Wöginger. „Den kann man nicht wählen.“

„Wir werden diese Nationalratswahl für unsere Volkspartei entscheiden“, gab sich Wöginger zuversichtlich. Überhaupt herrscht in der ÖVP gerade gute Laune, obwohl die Umfragen seit Monaten die FPÖ auf Platz eins sehen. Interne Umfragen zeigten nämlich, dass der Abstand zu den Blauen so knapp sei, dass er durchaus noch überwunden werden könnte, heißt es. In der Partei geht man davon aus, dass auch das knappe Ergebnis zwischen FPÖ und ÖVP bei der EU-Wahl im Juni die Funktionäre motiviert hat, dass es sich sehr wohl auszahlt, im Nationalratswahlkampf zu laufen.

Für die SPÖ ist „der Versuch der ÖVP, sich als Partei der Mitte zu positionieren, völlig unglaubwürdig“. Vielmehr arbeite die Volkspartei im „Paarlauf mit der FPÖ“ an einer „Koalition für Superreiche zu Lasten der breiten Bevölkerung“, so Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim in einer Aussendung. Auch für die NEOS fehlt der ÖVP bei der „vermeintlichen Absage an die FPÖ jegliche Glaubwürdigkeit“. „Es ist klar, dass die ÖVP mit Kickl koalieren wird, wenn sie gemeinsam eine Mehrheit haben“, zeigte sich auch Generalsekretär Douglas Hoyos überzeugt. Die FPÖ wiederum bezeichnete den ÖVP-Wahlkampfauftakt als „dreist inszeniertes Bürgerverhöhnungstheater“. Wenn Nehammer davon spreche, dass er und seine Partei „Probleme lösen“ und sich dadurch von den anderen unterscheiden würden, so könne man das nur als „totale Realitätsverweigerung“ werten, meinte der blaue Generalsekretär Christian Hafenecker.