Entschlagung im Rot-Blau-Ausschuss wegen Verfassungsbedenken

Kickls Ex-Generalsekretär Goldgruber beantwortete keine Fragen © APA/ROLAND SCHLAGER

Der von der ÖVP eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ hat am Mittwoch mit einem Novum begonnen. Der einstige Generalsekretär von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), Peter Goldgruber, entschlug sich generell, da er an der Rechtmäßigkeit des U-Ausschusses zweifelte. Gegen ihn wurden Anträge auf Beugestrafen angekündigt. Auf die meisten Fragen verzichteten die Abgeordneten schließlich wegen Aussichtslosigkeit.

Goldgruber gab gleich mehrere Gründe für seine generelle Entschlagung an. Einer davon ist die Frage, ob der Untersuchungsgegenstand des Ausschusses an sich der Verfassung entspricht. Diese hatten SPÖ und FPÖ eigentlich schon vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gebracht. Dieser sah sich aber nicht dazu befugt. Sollte gegen Goldgruber nun eine Beugestrafe beantragt werden, müsste der VfGH in letzter Instanz dann doch darüber entscheiden.

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Unter anderem berief sich Goldgruber auf die Menschenrechtskonvention, konkret das Recht auf ein faires Verfahren. Aber auch andere Gründe führte er an. So sei er Beamter im Ruhestand und müsse sich daher an die Geheimhaltung halten. Im Falle einer Verletzung würde er sich strafbar machen. Voraussetzungen für eine Entbindung seien bei ihm nicht gegeben. Aufregung verursachte die Taktik vor allem bei der ÖVP, die sich empört über den Umgang der FPÖ mit U-Ausschüssen zeigte.

Nach einer Besprechung kündigte Verfahrensrichterin Christa Edwards an, Goldgruber doch nicht aus seiner Pflicht zu entlassen. Es bestehe kein Recht, generell vor dem U-Ausschuss nicht auszusagen. Die Auskunftsperson könne bei jeder Frage erklären, warum er diese nicht beantworten wolle. Das tat Goldgruber dann auch und verweigerte weiterhin die Aussage. Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Gerstl (ÖVP) beantragte zwei Mal eine Beugestrafen.

Nachdem Goldgruber vorhatte, nach jeder einzelnen Frage sein rund 20-minütiges Statement zu wiederholen, nutzten die Abgeordneten ihre verbliebene Zeit, um ihre Fragen, die sie an die Auskunftsperson gestellt hätten, zusammenzufassen. Kickls ehemaliger Generalsekretär wurde dann auch vorzeitig nach Hause geschickt, da eine weitere Befragung aussichtslos erschien. Kritik am Vorgehen kam vor allem von ÖVP, Grünen und NEOS. SPÖ und FPÖ verwiesen auf die aufgeworfene rechtliche Fragestellung.

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Die Amtszeit von Herbert Kickl (FPÖ) als Innenminister der türkis-blauen Regierung war bereits zuvor Thema im Untersuchungsausschuss zum eigentlich „rot-blauen Machtmissbrauch“. Große Unterschiede zu dessen Vorgängern wurden dabei nicht offenbar, wie sowohl Kickls Nachfolger Wolfgang Peschorn, als auch der Leiter der Internen Revision berichteten. Thema waren auch Kickls abgedrehte Pläne für eine berittene Polizei und die Russland-Connections der FPÖ.

Seinen zwölften Auftritt in einem U-Ausschuss hatte der Leiter der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn. Er war kurz Innenminister der Übergangsregierung nach dem Ibiza-Skandal und hatte die Interne Revision mit einer Prüfung der Kabinette vor ihm beauftragt. Er habe schlicht eine Bilanz erstellen wollen, antwortete er auf Fragen, die eigentlich auf mögliche Auffälligkeiten unter Kickl abzielten. Laut Revisionsbericht war der Personalstand in Kickls Kabinett „außergewöhnlich hoch“.

Auf die Frage, warum er als Innenminister Ausgaben für Inserate gestoppt hatte, meinte Peschorn: „Ich habe nicht erkennen können, wofür wir diese Ausgaben machen.“ Per Weisung abgedreht hatte er Kickls Idee einer berittenen Polizei. Einer der Gründe neben den Kosten: Die Pferde seien schlicht zu groß für die in Ausbildung befindlichen Reiterinnen und Reiter gewesen. Auch hätte die Frage, wie mit den Ausscheidungen der Pferde umzugehen war, eine Rolle gespielt.

Gleich nach Peschorn wurde der Leiter der Internen Revision im Innenministerium zu seinem Bericht befragt. Anlass für den Auftrag dazu seien „divergierende“ Daten der Fachabteilungen gewesen, berichtete er. Im Bezug auf die Medienkooperationen gebe es auch Positives zu vermelden: Seit 2020 wickle man diese nicht mehr selbst ab, auch die Bedarfsbegründung laufe besser als früher. Die FPÖ verzichtete überhaupt auf die Befragung des Beamten.

Immer wieder interessierten sich Abgeordnete für die fehlende elektronische Zeiterfassung im Innenministerium, was mit Sicherheitsgründen erklärt worden war. Auch Grundsätzliches war im U-Ausschuss ausdiskutiert worden: Ob Beziehungen der FPÖ zu Russland Thema sein können, was einzeln geprüft werden soll. Die Grünen plädierten in der Befragungspause für einen eigenen Untersuchungsausschuss in der kommenden Legislaturperiode.

Neben Peschorn hatte die Öffentlichkeit zuerst noch ein weiterer alter Bekannter im U-Ausschuss erwartet – zumindest vor Sitzungsbeginn: Der Paravent, der die Abgeordneten optisch von der Presse abschirmen hätte sollen. Er wurde Mittwochfrüh dann doch abgebaut. Erneut abwesend war übrigens Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der eigentlich den Vorsitz in beiden U-Ausschüssen inne hat.

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