Rotkreuz-Präsident Schöpfer warnt vor KI-Waffensystemen

Schöpfer: „Uns drohen Kriege, die alles bisher Gekannte in den Schatten stellen“

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Bereits zu Beginn des Jahres 2024 steht fest: internationale Krisen und bewaffnete Konflikte toben unvermindert weiter. Doch Kriegsführung droht schon sehr bald noch bedrohlicher zu werden: Durch autonome Waffen finden Auseinandersetzungen vermehrt automatisiert statt.

Dadurch entsteht ein neuer, beängstigender Aspekt der Kriegsführung. „Wir sehen in der Ukraine, wie sowohl ferngesteuerte als auch autonom operierende Kamikaze-Drohnen gegen militärische und zivile Einrichtungen eingesetzt werden und den Konflikt verschärfen. Gleichzeitig arbeiten viele Staaten an der Entwicklung von autonomen Waffen, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet werden und ohne menschliches Zutun oder Kontrolle entscheiden, wer lebt und wer stirbt“, erklärt Bernhard Schneider, Bereichsleiter für Recht und Migration beim Österreichischen Roten Kreuz.

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„Regulierungen für solche Waffensysteme gibt es nicht, weil kein Staat bei der Entwicklung von anderen Ländern überholt werden möchte.“

„In keinem Land verboten“

Dieses neue Wettrüsten könnte fatale Konsequenzen haben. Schneider: „Eine der entscheidenden Fragen dabei ist, ob es für Staaten künftig noch einfacher wird, bewaffnete Konflikte zu beginnen, wenn dabei vermeintlich keine oder viel weniger eigene Soldaten getötet oder verletzt werden.“

Eine nationale oder internationale Ächtung autonomer Waffen zeichnet sich nicht ab: „Seit zehn Jahren gibt es Bemühungen – doch kein einziges Land hat bisher ein Verbot beschlossen. Auch in Österreich wurde bis dato kein gesetzliches Verbot dazu umgesetzt, obwohl das Österreichisches Rote Kreuz gemeinsam mit anderen Zivilgesellschafts-Organisationen bereits vor längerem einen Entwurf für ein Verbotsgesetz erstellt hat.“

Schneider erinnert an die Vorreiterrolle, die Österreich oft eingenommen hat: „Etwa bei der Ächtung von Landminen, Anti-Personen-Minen, Streumunition und bei der Vorbereitung und Umsetzung der Nuklearwaffen-Verbotskonvention.“

Von Weltkrieg zu Terminator

Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer mahnt: „Der Ursprung des Roten Kreuzes geht auf eine fürchterliche Schlacht zurück. Das Leid der Soldaten in Solferino am 24. Juni 1859 motivierte Henry Dunant zur Gründung des ‚Internationalen Komitees der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege‘.

Wir begehen am 14. März das 144. Gründungsjubiläum des Österreichischen Roten Kreuzes — und wir warnen davor, dass nach den Erfahrungen von Solferino, zwei Weltkriegen und zahllosen weiteren Konflikten jetzt mit autonomen Waffen eine neue Dimension der Brutalität Wirklichkeit wird.“

Schöpfer drängt darauf, klare Regeln zu setzen. „Bisher kennen wir den ‚Terminator‘ nur aus dem Fernsehen. Viele Menschen glauben immer noch, dass er nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Leider stimmt das schon länger nicht mehr. Waffensysteme, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind, kommen bereits heute in der Ukraine und in anderen Kriegsgebieten zum Einsatz. Wie die künstliche Intelligenz entwickelt sich auch die damit ausgestattete Waffentechnologie exponentiell, also mit sehr hoher Geschwindigkeit. Wir müssen diese Entwicklungen stoppen, oder uns drohen Kriege, die in ihrer Brutalität und Menschenverachtung alles bisher Gekannte in den Schatten stellen.“

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